Hohe Datenraten als "Netz-Gefährdung"
Die Telekom Austria hat am Montag in einer Aussendung [OTS] den Mitbewerbern "missbräuchliche Verwendung von gemieteten Übertragungswegen" vorgeworfen, was eine "Gefährdung des öffentlichen Telekommunkationsnetzes" bewirken würde.
Sollten die Mitbewerber die Nutzdatenrate der gemieteten "S0"-Leitungen nicht auf 144 kBit/s beschränken, würden diese zu Endkunden führenden Leitungen gesperrt werden, droht die TA, die vergangene Woche neue ADSL-Angebote für Endkunden mit 1- und 2-MBit Bandbreite auf den Markt gebracht hat.
Die S0-Leitungen ermöglichen im ETSI-Standard-konformen Betrieb Datenraten von bis zu 1,5 MBit.
Technisches
Laut den Technikern einiger alternativer Provider, mit denen die
futureZone am Montagabend gesprochen hat, sind die Behauptungen der
TA unwahr. Sie würden seit fünf Jahren mit derselben Frequenz [100
kHz] betrieben. Die "Leistungsbeschreibung" der TA aus dem Jahr 1997
spricht auf Seite drei zwar von einer Nutzbitrate von 144 kBit/s,
beschreibt damit aber wohl nur das zum damaligen Zeitpunkt technisch
Mögliche. Ausdrücklich eingeschränkt wird die Frequenz: "Erlaubt
sind Endgeräte, die den Standard TS 102 080 erfüllen [max.
Sendefrequenz der Endgeräte 100 kHz]."
Fortschritt ermöglicht schnellere Übertragung
Die S0-Leitungen führen direkt von Endkunden [in der Regel Geschäftskunden] über mehrere Kilometer zu Einrichtungen der ISPs [Internet Service Provider] und benötigen im Gegensatz zu ADSL keine zwischengeschalteten Router oder Switches.
Die TA setzt auf diesen Leitungen Filter ein, die alle Frequenzen oberhalb von 100 kHz eliminieren. Durch die dauernde Verbesserung der Bandbreitencodecs, so der Tenor der Techniker, könnten heute mit denselben 100 kHz ein bis 1,5 MBit störungsfrei übertragen werden.
Die TA wolle aus rein wirtschaftlichen Überlegungen die ISPs zum Umstieg auf instabilere und bis zu fünffach teurere Leitungen [ATM] erzwingen, heißt es in der Branche.
Inode: "Schuss der TA ins eigene Knie"
Für den Provider Inode ist das Vorgehen der TA ein "Schuss ins
eigene Knie". Man werde etwa 800 Leitungen kündigen und entbündeln.
Danach könne man auf denselben Leitungen hochbitratige Übertragungen
anbieten ¿ zu deutlich geringeren Kosten.
Nachteile für User außerhalb der Ballungszentren
Von den nun zur Kündigung anstehenden Leitungen ist nur ein Teil S0, der größere Teil sind teurere ATM-Leitungen. "Aber wenn wir einmal entbündeln, nehmen wir die gleich mit", heißt es bei Inode. Alleine dieser ISP wird sich dadurch etwa 200.000 Euro an Leitungsmieten monatlich ersparen.
Dafür müsse man nun in kurzer Zeit hohen Arbeitsaufwand investieren, den man sich bisher habe ersparen wollen. "Aber langfristig zahlt sich das sicher aus, zumindest in Ballungsräumen."
Lediglich außerhalb der Ballungszentren werde die TA mit der versuchten Erzwingung des Umstieges auf teurere Leitungen Erfolg haben, was für die Endkunden Preissteigerungen von 20 bis 25 Prozent zur Folge haben dürfte.
Die Provider Inode und Silverserver sehen darin einen Wettbewerbsnachteil für den Wirtschaftsstandort Österreich, Breitband würde noch teurer werden. "Ausweichmöglichkeiten gibt es nur ins Ausland."
Silverserver: "Beschimpfung als Illegale ist
rufschädigend"
Auch Silverserver will 1.200 Leitungen kündigen und startet nun
eine Umstiegsoffensive, sowohl von den S0- als auch den teureren
ATM-Leitungen hin zu Entbündelungen. Ähnliches würden wohl die
meisten Provider tun, und "wer nicht selbst entbündelt, wird sich
bei der UTA einmieten", so Oskar Obereder vom Silverserver. Für die
Aussendung der TA fand er deutliche Worte. Damit sei ein
"Imageschaden" beabsichtigt, die alternativen ISPs würden "als
Illegale beschimpft", was "rufschädigend" sei. Wie auch Inode will
Silverserver rechtliche Schritte prüfen.
Niemand wird "abgedreht"
Beide Unternehmen wollen ihre Kunden beruhigen. Die ohne vorhergehende Kontaktaufnahme mit den Providern erfolgte Aussendung sei dazu gedacht gewesen, Endkunden zu verunsichern.
Doch niemand müsse nun fürchten, plötzlich ohne Anbindung dazustehen.