IT-Industrie profitiert von Zensur in China
Amnesty International [ai] hat gestern in einem eindringlichen Bericht auf die Lage von Internet-Nutzern in China hingewiesen, denen allein durch den Aufruf verbotener Inhalte empfindliche Haftstrafen drohen.
Jetzt hat die Organisation in diesem Zusammenhang auch die IT-Industrie in die Pflicht genommen, die der chinesischen Regierung die Zensur und die Ausforschung einzelner Surfer ermöglicht.
Amnesty nannte unter anderem Sun Microsystems, Cisco Systems, Microsoft, Nortel Networks und den Filterhersteller Websense als Unternehmen, die mit der Zensur und der Verfolgung in China Geschäfte machen.
Die Organisation hat die betreffenden Unternehmen jetzt aufgefordert, ihre Technologie an Länder wie China nicht mehr zu liefern, wenn damit fundametale Menschrechte verletzt werden.
Der Aufruf gilt damit auch für Länder wie Viernam, welche die Netznutzung ähnlich hart kontrollieren und im Zweifelsfall sanktionieren wie China.
Vietnam: Sieben Jahre Haft für Online-KritikerMS: Technologie ist neutral
Microsoft antwortete inzwischen in einem Statement auf die Vorwürfe mit dem Hinweis, dass sich der Konzern "darauf konzentriert, die bestmögliche Technologie zur Verfügung zu stellen". Die Verwendung könne man allerdings im Einzelfall nicht kontrollieren.
Websense wies die Vorwürfe zurück und versicherte, bisher "keinerlei Geschäfte mit der chinesischen Regierung" getätigt zu haben.
Die anderen genannten IT-Unternehmen äußerten sich bisher nicht zu den Vorwürfen.
Amnesty InternationalTechnologischer Sprung in die Zensur
Die Vorwürfe sind vor dem Hintergrund zu sehen, dass China zuletzt seine Filter- und Tracking-Technologien deutlich verbessert hat:
Nachdem China Anfang September zuerst Google und dann Altavista blockiert hatte, mehrten sich einige Wochen später die Anzeichen dafür, dass die Maßnahmen nur Teil einer neuen, groß angelegten Blockade unliebsamer Inhalte im Netz waren.
Beobachter sprechen dabei von der "Great Fire Wall", da China offensichtlich auf wesentlich ausgefeiltere Technologien zurückgreift, als das bei bisherigen Blockaden der Fall war.
Demnach werden für chinesische Surfer weniger ganze Sites gesperrt als gezielt missliebige Inhalte. So könnnen zwar die Startseiten westlicher Medien aufgerufen werden, nicht aber ausgewählte Artikel über China oder die dortige Parteiführung.
China baut die "Great Fire Wall"Gefährliches Surfen
Amnesty International hat am Dienstag auf das Schicksal von mindestens 30 in chinesischer Haft befindlichen Menschen aufmerksam gemacht, die für die Äußerung von freier Meinung oder die Weitergabe von Informationen im Internet eingesperrt sind.
"Jeder, der für die ausschließlich friedliche Publikation seiner Meinung oder anderer Informationen im Internet oder für den Zugriff auf bestimmte Websites eingesperrt wird, ist ein Gewissensgefangener", sagte die Organisation in einer Mitteilung.
Laut ai sind in den letzten drei Jahren mindesten 33 Menschen in China für ihre freie Internet-Nutzung eingesperrt worden, drei von ihnen sind bereits in Haft gestorben.
Erst im August wurde eines der härteren Urteile über einen vormaligen Polizisten verhängt. Lil Dawei wurde zu elf Jahren Haft verurteilt, weil er "konterrevolutionäres Material" heruntergeladen haben soll.
Amnesty für Freilassung von E-Dissidenten