Bwin-Vorstände aus Haft entlassen
Die am Freitag in Frankreich festgenommenen Vorstände des Internet-Wettanbieters bwin, Manfred Bodner und Norbert Teufelberger, wurden am Montagabend gegen eine Kaution von 300.000 Euro entlassen. Die Aktie ist am Dienstag nach Wiederaufnahme des Handels an der Wiener Börse weiter abgestürzt.
Verfahren in Frankreich eingeleitet
Wie bwin mitteilt, habe der mit dem Fall befasste französische Untersuchungsrichter ein Verfahren wegen eines möglichen Verstoßes gegen glücksspielrechtliche Vorschriften eingeleitet.
Bwin gehe nun davon aus, dass die Aktie am Dienstag wieder zum Handel an der Wiener Börse freigegeben werde, hieß es.
"Business in Frankreich geht weiter"
Wie Konrad Sveceny, der für Investor Relations bei bwin zuständig ist, telefonisch mitteilte, habe man entsprechend dem "europäischen Rechtsrahmen nichts falsch gemacht". Vor allem die Verhältnismäßigkeit der angewendeten Mittel - Stichwort: Verhaftung - sei überhaupt nicht gegeben gewesen.
"Bei uns herrscht Business as usual", sagte Sveceny am späten Montagnachmittag zu ORF.at. "Das gilt auch für unsere französischen Kunden." Wettrückgänge habe es nämlich nicht gegeben, weder in Frankreich noch hier zu Lande.
Die Rechtslage in Österreich
Wenn Manfred Bodner und Norbert Teufelberger nach Österreich zurückkehren, haben sie von der Justiz nichts zu befürchten.
Wett- und andere Glücksspielangebote via TV und Netz verstoßen zwar gegen das österreichische Strafgesetzbuch, werden aber wegen des niedrigen Strafrahmens nicht international verfolgt, sagt die Staatsanwaltschaft Wien.
Der in Österreich gegründete Wettanbieter betreibt sein operatives Geschäft via Gibraltar mit einer dort ausgestellten Lizenz.
"Laufend Anzeigen"
"Bei uns gehen laufend Anzeigen gegen Glücksspielanbieter ein", sagt Gerhard Jarosch von der Staatsanwaltschaft Wien zu ORF.at. Gerichtet seien diese meist von Privatpersonen erstatteten Anzeigen nicht nur gegen bwin, sondern auch gegen andere Anbieter von Glücksspielen wie Poker über in Österreich empfangbare TV-Kanäle.
In Paragraf 168 Strafgesetzbuch sei das staatliche Glücksspielmonopol zwar eindeutig festgeschrieben, Verstöße dagegen würden allerdings nur mit einer Höchststrafe von sechs Monaten oder 360 Tagessätzen geahndet, so Jarosch weiter.
"Nicht zuständig"
In den Paragrafen 62 bis 65 des Strafgesetzbuches wiederum sei die Frage der Zuständigkeit österreichischer Gerichte genau geregelt, denn darum gehe es in all diesen Fällen.
Werde dieser Satz Paragrafen angewendet, komme nicht nur im Fall von bwin am Ende "nicht zuständig" heraus, da hierbei auch der Strafrahmen des Delikts in Betracht gezogen werden müsse. Mit maximal sechs Monaten sei der nun einmal recht gering, sagt Jarosch, und bwin sitze eben in Gibraltar.
Lizenz aus Gibraltar
Wenn eine Firma wie bwin mit einer Lizenz aus Gibraltar diese benutze, um via Internet aller Welt ihre Glücksspiele anzubieten, und auch in Österreich dafür werbe, sei das aber auch in Österreich verfolgbar, sagt Jarosch abschließend.
Am Freitag waren die beiden Vorstände des Unternehmens auf Anordnung eines französischen Richters, der wegen Verstößen gegen das französische Glücksspielrecht ermittelt, ausgerechnet nahe der Spielerhochburg Monte Carlo verhaftet worden.
Die französische Spezialtruppe
Nach Angaben der Pariser Tageszeitung "Le Monde" wurde die Verhaftung vom Polizeigeheimdienst Renseignements Generaux in Folge eines Rechtshilfeersuchens eines Untersuchungsrichters vom Landesgericht von Nanterre bei Paris durchgeführt.
Der Gerichtssprengel Nanterre ist für den Fall zuständig, weil sich dort der Firmensitz der französischen Monopolisten für Glücksspiele, Francaise des Jeux, und für Pferderennenwetten, Pari mutuel urbain, befindet.
Vorstände waren angeblich gewarnt
Die bwin-Vorstände waren nach Südfrankreich gekommen, um ihre Partnerschaft mit dem französischen Erstligisten AS Monaco im Zuge einer Pressekonferenz der Öffentlichkeit vorzustellen.
Die Sportmarketinggesellschaft Sportfive, die das Event organisiert hatte, hatte Bodner und Teufelberger vor der Pressekonferenz davor gewarnt, sich auf französisches Staatsgebiet zu begeben, wie die Tageszeitung "Le Monde" in ihrer Ausgabe von heute berichtete.
Diese hätten allerdings darauf bestanden, die Vorstellung im Trainingszentrum der Mannschaft im französischen La Turbie zu organisieren anstatt im monegassischen Stadion Louis II., zu dem die französischen Polizisten keinen Zugang gehabt hätten.
Karin Klein, Sprecherin von bwin, dementierte den "Le Monde"-Bericht aber im Verlauf des Montagnachmittags gegenüber der APA. Der Präsident von Sportfive France, Alain Krzentowski, sei von der Festnahme überrascht gewesen und habe nie damit gerechnet, sagte Klein.
Start der Verhaftungswelle
Das konzertierte Vorgehen gegen Internet-Glücksspielanbieter - in den USA wurden nacheinander die Chefs der aus Großbritannien stammenden Offshore-Wettanbieter BetOnSports.com und Sportingbet.com verhaftet - startete am letzten Tag des G-8-Gipfels in St. Petersburg.
Schon bei einem Vorbereitungstreffen hatten die G-8-Finanzminister erklärt, dass international gegen Geldwäsche und andere "kriminelle und ungesetzliche" Geldtransfers vorgegangen werde.
Die G-8-Innenminister wiederum hatten gleich nach dem Punkt "Terrorismus" das Thema "Cybercrime" auf der Diskussionsordnung. Am letzten Tag dieses G-8-Treffens begann die Verhaftungswelle in den USA, in Deutschland wurden die Lizenzen von bwin und anderen parallel dazu in immer mehr Bundesländern für ungültig erklärt.
Glücksspiel via TV
Die französische Gesetzgebung ist in puncto Glücksspiel eine der härtesten Europas. Wie in den USA wird illegales Glücksspiel als schweres Delikt eingestuft. Und das findet in zunehmendem Maße nicht allein im Internet, sondern kombiniert mit TV-Programmen statt.
Zahlreiche Wettanbieter vor allem britischer Herkunft arbeiten mit TV-Sendern wie Eurosport zusammen.
Der nach eigenen Angaben größte Wirtschaftskanal CNBC Europe verwandelt sich überhaupt ab 1.00 Uhr in eine Spielhölle. Gleich nach dem letzten Börsenüberblick zeigt der britische Anbieter Pokerheaven.com Online-Poker mit virtuellen Teilnehmern, die um echtes Geld spielen. Ironie am Rande ist, dass die Wiener Filiale von bwin in der Börsegasse sitzt.
Aktien wieder im Handel
Noch am Freitag wurde die Aktie des Unternehmens vom Handel ausgesetzt und auch am Montag blieb das so. Seit Dienstag, 9.15 Uhr, werden die Aktien wieder an der Wiener Börse gehandelt.
Nach der Wiederaufnahme des Handels ist das Papier mit massiven Verlusten von über 25 Prozent gestartet. Der erste Kurs nach der Handelsaussetzung lag an der Wiener Börse bei 19,00 Euro und damit um 25,9 Prozent unter dem letzten Kurs von Freitag.
Im Späthandel hat sich die Aktie nach ihrem Kursrutsch vorerst stabilisiert. Sie schloss bei 21,28 Euro und damit 17,04 Prozent unter dem letzten Kurs von Freitag.
Aktienhändlern zufolge dürfte das aktuelle Kursniveau nun vorerst verteidigt werden. "Auf diesem Niveau ist wieder deutlich Kaufinteresse da", so ein Händler.
(futurezone | APA)