07.12.2002

CHEESE!

Bildquelle: ORF.at

Japan im mobilen Foto-Fieber

Mayumi Kato nutzt ihres, um Fotos von sich an ihren Freund zu schicken - mehrmals pro Tag. Masato Kozu hat seines immer bei sich, um schnell reagieren zu können, falls er irgendwelchen Prominenten begegnet. Und Tierliebhaberin Itari Obata knipst einfach gerne Fotos von Katzen auf der Straße.

Handys mit integrierter Digicam sind derzeit das liebste Spielzeug der Japaner.

Experten rechnen damit, dass die Kamera-Handys auch in Europa und den USA, wo die ersten Modelle erst seit kurzem erhältlich sind, die Herzen der Mobiltelefon-Nutzer im Sturm erobern werden.

"Es ist eindeutig nicht nur eine kurzfristige Modeerscheinung, es ist ein Trend, der sich dauerhaft durchsetzen wird," bestätigt Masahiko Ishino, Analyst bei Mitsubishi Securities.

Trendsportart: Fotos schiessen

Auch die Suche nach neuen Anwendungsmöglichkeiten hat sich zu einem wahren Sport entwickelt.

Auf dem berühmten Tsukiji Fischmarkt in Tokyo sieht man Geschäftsleute, wie sie Bilder von Tonnen an gefrorenem Thunfisch an ihre Sushi-Köche schicken, bevor sie bei einer Auktion mitbieten.

Die Polizei in Oska bekommt inzwischen monatlich dutzende Fotos von besorgten Bürgern, die glauben ein Verbrechen beobachtet [und fotografiert] oder ein gestohlenes Auto oder einen gesuchten Kriminellen wiedererkannt zu haben.

Eine Video-Mikroskop Firma bietet ihren Kunden sogar an gratis Aufnahmen von ihrer Kopfhaut zu machen, um sie dann per Handy an Schönheitsinstitute zur Analyse zu versenden.

Fotos als digitale Alibis

Unvermeidbar hat die Technologie auch in Herzensangelegenheiten bereits Einzug gehalten.

Die Bilder werden dabei oft als digitale Alibis verkauft. Man fotografiert sich selbst einfach nachmittags in der Arbeit und schickt dieses Bild später dann zur Beruhigung an den wartenden Ehepartner zu Hause, während man selbst seine "Überstunden" mit einer heimlichen Affäre verbringt.

"Man muss nur aufpassen, dass man dasselbe an hat wie am Foto, wenn man nach Hause kommt, " gibt Systemadministrator Atsushi Baba Tipps.

Auch Partnerbörsen erleben durch die Schnappschüsse mit dem Handy einen Aufschwung.

Handy piepst beim Knipsen

Doch auch Voyeure freuen sich über die neue Technologie.

Hunderte von Webseiten mit Namen wie "Sneaky Shot Mania" und "Erotic Kingdom" schießen aus dem Boden und zeigen heimliche Aufnahmen von knutschenden Liebespärchen und erlauben Blicke unter die knappen Röcke von Frauen und besonders Schulmädchen.

Um dem heimlichen Missbrauch vorzubeugen haben die Hersteller alle Modelle mit einem lauten Signalton [und keiner Möglichkeit dies abzuschalten] ausgestattet, der ertönt sobald ein Foto geschossen wird.

Perfektes Styling für Thumbnail-Foto

Beobachter wollen herausgefunden haben, dass Männer und Frauen die Kamera-Handys in verschiedener Art und Weise nutze. Während Männer am liebsten ihr Auto oder ihre Freundin fotografieren, knipsen sich Frauen am liebsten selbst, um zu sehen wie ihnen die neue Frisur oder die neuen Klamotten stehen.

Japanische Magazine geben inzwischen Tipps, wie man am besten in Thumbnail-Größe zur Geltung kommt.

"Wenn ich alleine bin, fotografiere ich mich selbst, um herauszufinden in welcher Position ich am besten auf den Mobiltelefon-Schnappschüssen aussehe," gesteht Eriko Mukai. "Aber natürlich bekommt diese Testbilder niemals jemand zu sehen."

Ein Handy mit integrierter Digicam kostet in Japan zwischen 50 und 250 Euro, der Versand eines Bildes schlägt mit sechs bis 16 Cent zu Buche.