Ein Internet-Masterplan für Österreich
Breitband-Internet für alle mit bis zu 20 MBit: Bei einer Podiumsdiskussion beim Internet Summit in Wien sprachen sich ÖVP, SPÖ, BZÖ und die Grünen durchwegs für eine Stärkung des Internet- und Kommunikationssektors in Österreich aus. Uneinigkeit besteht allerdings über den Weg dorthin.
Am Mittwoch diskutierten Roman Stiftner [ÖVP], Christoph Matznetter [SPÖ], Gabriela Moser [Grüne], Markus Fauland [BZÖ, in Vertretung des eigentlich angekündigten Peter Westenthaler] und Kurt Einzinger [ISPA] im Rahmen des Internet-Gipfels in Wien über das Internet, flächendeckende Breitbandversorgung und ihre Strategien dazu.
Staatssekretär für IKT fix?
Ein eigener Staatssekretär für IT & Medien scheint, zumindest nach den Aussagen der Parteienvertreter, nach der Nationalratswahl am 1. Oktober fix zu sein. Das SPÖ-Programm sieht sogar einen eigenen Technologieminister vor, doch Matznetter selbst war sich in der Diskussion nicht mehr sicher, ob das die beste Lösung wäre.
"Ein Staatssekretär ist eine rasche Lösung eine Ansprechperson zu schaffen", die - ohne zuviel Beamtenschaft - den Kanzler und seine Minister in Sachen Internet und Kommunikationstechnologien [IKT] beraten könnte, so Stiftner.
"Politik aus dem IKT-Dornröschenschlaf holen"
Auch Fauland sieht die derzeitige Situation, in der die einzelnen IKT-Themengebiete auf unterschiedliche Ministerien aufgeteilt sind, als nicht optimal an. Moser kann sich sogar eine eigene Stabsstelle für IKT direkt im Kanzleramt vorstellen: "Wir müssen die Politik aus dem IKT-Dornröschenschlaf holen."
Von Links nach rechts: Kurt Einzinger [ISPA], Christoph Matznetter [SPÖ], Roman Stiftner [ÖVP], Moderator Helmut Brandstätter, Markus Fauland [BZÖ] und Gabriele Moser [Grüne],
ÖVP: 500 Mio. Euro für Breitband
Das Aufgabengebiet einer solch zentralen Ansprechperson wäre wohl die logistische Aufteilung der laut Stiftner bereits budgetär gedeckten 500 Millionen Euro, die Kanzler Wolfgang Schüssel [ÖVP] in seinem IKT-Strategiepapier für den Fall seiner Wiederwahl versprochen hat. Diese sollen in den Infrastrukturausbau, aber auch Content [etwa aus Bibliotheken] und eine Infokampagne fließen.
Woher diese Summe kommen soll, konnte Stiftner allerdings nicht beantworten.
20 MBit in 300 Städten
In dem Papier ebenfalls fix vorgesehen ist bis 2008 die Aufstockung der Internet-Geschwindigkeit in rund 300 Städten auf 20 MBit, in ländlichen Regionen auf zumindest zwei MBit. Den Ausbau will die ÖVP rein von privater Hand organisiert sehen, lenken will man nur durch Investitionsanreize.
SPÖ: "Menschenrecht" Internet-Zugang
Dem widerspricht die SPÖ: Auf rein privater Ebene sei eine flächendeckende Versorgung nicht möglich, so Matznetter. Das Grundrecht auf vorhandene Infrastruktur sei zu verteidigen, der "Zugang aller zu allen Diensten, die elektronisch verfügbar sind" ein Menschenrecht.
Lenkung wie beim Straßenbau
Der vor allem in ländlichen Gebieten teure Ausbau müsse, wie der Straßenbau, von staatlicher Hand gelenkt werden, um neue Monopole zu vermeiden und eine faire Preisgestaltung zu ermöglichen, so Matznetter weiter.
Für Monopole sei bereits der Regulator zuständig, entgegnete der ÖVP-Vertreter, der sich für "Wettbewerb bis zum letzten Access-Point" aussprach. Den will am Ende des Tages zwar auch die SPÖ, aber eben mit mehr staatlicher Lenkung.
Matznetter nannte das Beispiel der Deutschen Telekom, die ihr geplantes VDSL-Netz nicht für Mitbewerber öffnen will und dafür auch Unterstützung vom Staat erhält. Diesem Beispiel will sich die SPÖ nach seinen Worten nicht anschließen - es sei ein Problem, wenn neue Technologien zur Schaffung von neuen Monopolen eingesetzt würden, so Matznetter. Dieser Meinung schlossen sich auch die restlichen Vertreter an.
Grüne: Schlüsselqualifikationen sichern
Die Grünen orten in Österreich trotz Regulator zu wenig Wettbewerb - hier soll laut Moser mehr Regulierung Abhilfe schaffen.
Um die Breitbandkluft zu beseitigen, soll zudem der Umgang mit dem Internet und die dazu notwendigen Schlüsselqualifikationen bereits in der Volksschule gelehrt werden.
Eine Milliarde Euro für Bildung
Zusätzlich zum IKT-Masterplan wollen die Grünen noch eine Milliarde Euro in Wissenschaft, Forschung und Bildung investieren, um eine bessere Förderung an den Schulen und bessere Nutzung an den Universitäten zu erreichen.
Das Internet sei ein gutes Werkzeug, die Politik müsse nun dafür Rahmenbedingungen schaffen, so Moser.
BZÖ: Imagekampagne für Breitband
Fauland glaubt allerdings nicht, dass lesen und schreiben als Schlüsselqualifikation vor der Nutzung des Internets notwendig ist - schon seine vierjährige Tochter surfe bereits im Netz.
Viel mehr würden die Leute noch nicht wissen, was das Internet und die neuen Möglichkeiten dadurch bedeute - hier müsse man ansetzen, um die Nutzung von Internet bzw. Breitband-Internet voranzutreiben.
"Für mich bietet das Internet sehr viele Visionen - nun liegt es an der Wirtschaft, diese Vision zu den Menschen zu bringen", so Fauland. Es müsse weiter an der Preisschraube gedreht werden, um Breitband für alle erschwinglich zu machen.
ISPA wartet auf Schritte nach Wahl
Einzinger, Generalsekretär der ISPA [Internet Service Provider Austria], freute sich laut eigenen Aussagen über die überparteiliche Zustimmung und Übereinstimmung zu vielen ISPA-Forderungen. "Ich hoffe, dass nach dem 1. Oktober auch Schritte gesetzt werden."
Er bezweifelte allerdings die "Sinnhaftigkeit" von den in Aussicht gestellten 500 Mio. Euro, vor allem bei der richtigen Verteilung - trotzdem hoffe er, dass das nicht nur ein Wahlversprechen sei.
Keine neuen Monopole
In Bezug auf die unterschiedlichen Herangehensweisen an die Erreichung des gemeinsamen Ziels stellte er sich auf die Seite der SPÖ: "Wenn die öffentliche Hand was tut passiert wenigstens was."
Kommunen könnten leichter durchgreifen, etwa beim Wegerecht und seien auch gewohnt, auf längere Investitionsperioden abzuschreiben. Es sei nur wichtig, dass kein Monopol entstehe.
(futurezone | Nadja Igler | Nayla Haddad)