"Es gibt keine UMTS-Killerapplikation"
UMTS ist europaweit für manche Mobilfunkbetreiber zu einem Debakel ausgeartet: Milliardenschwere Gebühren, oft verschobener Technologiestart und ein Mangel an Endgeräten haben den Glanz von 3G verblassen lassen. Mittlerweile wird das Thema nüchterner gesehen.
"Mobile Technologien kommen immer etwas verspätet", macht sich etwa Jorgen Bang-Jensen, Chef des Mobilfunkers One, keine Sorgen. Er rechnet für 2003 mit einem "vorsichtigen Roll-out" von UMTS.
Mit Überraschungen rechnet er nicht - im nächsten Jahr werden alle vier Betreiber nahezu gleichzeitig in den UMTS-Markt einsteigen, Ende 2003 sollen bereits zehn bis 15 Endgeräte verfügbar sein.
Evolutionäre Entwicklung
Überhaupt sieht er UMTS im Interview mit der fuZo ziemlich
nüchtern. "Es gibt keine UMTS-Killerapplikation", nimmt er vom
früheren Schwärmen der Betreiber Abstand. UMTS soll sich seiner
Ansicht nach evolutionär entwickeln und langsam an der Seite von GSM
wachsen.
Von Multimedia über MMS zu UMTS
Anstatt auf Early Adopters zu setzen, erwartet Bang-Jensen, dass Kunden "durch Probieren" zu UMTS stoßen. Das setzt freilich voraus, dass genügend Endgeräte auf dem Markt sind. Im Jahr 2005 werden alle neuen Handys sowohl GSM- als auch UMTS-fähig sein und somit die Entscheidung zwischen GSM und GSM/UMTS-Handy obsolet machen.
Vielmehr werde versucht werden, den Kunden zu Multimedia-Anwendungen zu locken. Was jetzt mit MMS und GPRS geschieht, wird sich nach Ansicht Bang-Jensens ganz natürlich auf UMTS weiterentwickeln.
GSM wird dennoch lange auf dem Markt bleiben. Es wird in absehbarer Zeit keine reinen UMTS-Handys, sondern nur GSM/UMTS-Hybride geben. GSM wird demnach weiterhin wichtig für Roaming und Datenanbindung im Ausland [via GPRS] bleiben, da diverse 3G-Standards nicht miteinander kompatibel sind [WCDMA und CDMA2000].
China setzt 3G-Standard
Welcher Standard sich letztlich weltweit durchsetzen wird, hängt
von einem einzigen Land ab: China. Das Land mit der größten
Wachstumsrate und künftig mit den meisten Mobilfunkteilnehmern
befindet sich gerade im Entscheidungsprozess, welcher 3G-Standard
eingesetzt werden soll. Seit Monaten betreiben Interessengruppen aus
Europa, den USA und Asien heftigstes Lobbying in Peking, um das
entsprechende Ministerium zu überzeugen.
100.000 One-Kunden mit GPRS-Handy
In Österreich ist der Markt noch bescheiden: Bis Ende 2003 will One die geforderten 25 Prozent Netzabdeckung erreichen; 20.000 Leute sollen dann bundesweit ein UMTS-Handy besitzen. Gebührenmäßig wird sich UMTS nach derzeitigen GPRS-Entgelten richten. Die schnellere Verbindung allein rechtfertige hier keinen Aufpreis, so Bang-Jensen.
Derzeit besitzen 100.000 One-Kunden ein GPRS-fähiges Handy, tatsächlich nutzen es aber freilich weit weniger. Die Zielgruppe sowohl für GPRS als auch UMTS ist zwischen 19 und 39 Jahre alt und verfügt über ein vergleichsweise hohes Einkommen.
Eine Idee für eine Killerapp hat Bang-Jensen am Ende des fuZo-Gesprächs dann doch parat: Musikhits, auf 30 Sekunden verkürzt. "Vor fünf Jahren hat schließlich auch niemand geglaubt, dass downloadbare Klingeltöne ein Erfolg werden." Ob Britney Spears in 30 Sekunden Erfolg haben wird oder nicht: Der Markt wird es weisen.