HP-Chef Hurd wusste von Bespitzelung

23.09.2006

Nach dem Bekanntwerden der Bespitzelungsversuche von ranghohen Mitarbeitern und Journalisten tritt die HP-Aufsichtsratsvorsitzende Patricia Dunn nun doch mit sofortiger Wirkung zurück. HP-Chef Mark Hurd übernimmt ihren Posten zusätzlich. Er hat nun zugegegeben, von den Vorgängen gewusst zu haben.

Patricia Dunn, die Verwaltungsratsvorsitzende des PC-Herstellers Hewlett-Packard [HP], ist am Freitag mit sofortiger Wirkung zurückgetreten. Der Grund: Der jüngst öffentlich gewordene Bespitzelungsskandal, der immer weitere Kreise zieht.

Die Leitung des Aufsichtsratsgremiums übernimmt mit sofortiger Wirkung HP-Chef Mark Hurd. Ursprünglich sollte Dunn den Posten erst im Januar 2007 aufgeben, aber Mitglied des HP-Verwaltungsrates bleiben.

Hurd gibt Beteiligung zu

Auch Hurd hat nun erstmals seine Beteiligung zugegeben. Er habe von dem umstrittenen Vorgehen gewusst, sagte er am Freitag auf einer Pressekonferenz. Allerdings sei es notwendig gewesen, die undichte Stelle zu finden.

Hurd gab nun zu, den Versand von E-Mails durch eine erfundene Person genehmigt zu haben, um das Leck zu finden. Dunn nahm er ausdrücklich in Schutz: Seiner Meinung nach habe sie im besten Interesse der Firma gehandelt.

Privatdetektive engagiert

Dunn ist in das Visier der Justiz- und Aufsichtsbehörden geraten, weil sie im vergangenen Jahr Privatdetektive beauftragt hatte herauszufinden, wie interne Überlegungen des Verwaltungsrats an die Presse kommen konnten.

HP räumte vor einigen Wochen ein, dass die Detektive bei ihren Ermittlungen eine falsche Identität vorgespiegelt hatten, um an Telefondaten von Mitarbeitern und Journalisten zu kommen. Als Informant der Medien wurde Direktor George Keyworth enttarnt. Er ist mittlerweile zurückgetreten.

Es sei klar, dass "unangemessene Schritte" bei der Durchführung dieser Arbeit vorgenommen worden seien, betonte der HP-Chef. "Ich möchte mich persönlich und im Namen von HP bei jedem der Betroffenen entschuldigen", erklärte er.

"Isolierte Zwischenfälle"

Diese "nicht akzeptablen Maßnahmen seien isolierte Zwischenfälle gewesen". Sie reflektierten nicht das Benehmen und die Werte von HP, seiner Mitarbeiter und des Verwaltungsrates. Sie dürften sich nicht mehr ereignen. Die heutigen Aktionen sollten sicherstellen, dass sie nie mehr vorkämen.

HP hat Bart M. Schwartz, einen früheren US-Ankläger und Rechtsanwalt, beauftragt, eine unabhängige Überprüfung der Untersuchungsmethoden und geschäftlichen Verhaltungsregeln der Gesellschaft durchzuführen.

Einem Bericht der "New York Times" zufolge hat HP sogar das Einschleusen von Spitzeln in Redaktionen geprüft, um die Informanten an der eigenen Spitze zu enttarnen.

Hurd stellt sich dem Kongress

Hurd und ein Anwalt gaben am Freitag Stellungnahmen zu dem Skandal ab, doch beantwortete der HP-Konzernchef keine Fragen. HP begründete das damit, dass Hurd an einer Anhörung eines Ausschusses des US- Repräsentantenhauses teilnehmen wird.

Die Anhörung zu dem HP-Skandal ist für kommenden Donnerstag angesetzt. Bisher galt es als unklar, ob Hurd auch in die Bespitzelung verwickelt war.

Ermittlungen von allen Seiten

Es laufen auch Untersuchungen des Generalstaatsanwalts von Kalifornien, der Justizbehörden sowie der amerikanischen Wertpapier- und Börsenbehörde SEC, die ebenfalls Unterlagen von Hewlett-Packard angefordert hat.

(Reuters)