Google will kein Medienkonzern sein
Suchmaschinen-Anbieter Google bleibt bei seinem Kerngeschäft. Ein Sprecher des Unternehmens bekräftigt, dass Google nicht plane, in die Produktion von Inhalten einzusteigen. Konflikte mit traditionellen Medien sind dennoch vorprogrammiert.
"Wir führen nicht wirklich viele ernste Gespräche darüber, selbst Inhalte zu generieren", sagte Googles Vize-Präsident für Werbungsverkäufe, Tim Armstrong, am Dienstag der Agentur Reuters. Stattdessen wolle sich Google weiter auf die Navigation im Internet konzentrieren, um "die Nutzer nach dort zu bringen, wo sie hin wollen".
Partnerschaft mit Rechteinhabern
Auch Google-Experte John Battelle zitiert in seinem Weblog einen nicht näher genannten Sprecher des Suchmaschinenanbieters damit, dass Google seine Aufgabe vor allem darin sehe, bereits existierende Inhalte zu organisieren, nicht selbst welche zu generieren. Man werde weiterhin die Copyright-Inhaber entscheiden lassen, ob sie ihre Inhalte im Google-Index sehen wollen oder nicht. Ausserdem sei man stets bestrebt, die Anbieter in Partnerschaften einzubinden, die beiden Seiten nützen.
Während Google damit beschäftigt ist, sich von der Suchmaschine zum großen Organisator der Weltinformationsbestände zu entwickeln, gerät das Unternehmen regelmäßig in Konflikte mit den traditionellen Anbietern des Gewerbes, vor allem Zeitungs- und Buchverlagen. Gerade Zeitungsverleger sehen Google News als Konkurrenten, wie kürzlich die erfolgreiche Klage des belgischen Konzerns Copiepresse gegen Google zeigte.
Verleger wider Willen
Auch Googles Initiativen zur Digitalisierung ganzer Bibliotheken stoßen nicht nur auf Begeisterung. Der Konzern treibt sie aber weiter voran. Am Montag gab Google bekannt, mit der Universidad Complutense Madrid, der zweitgrößten Bibliothek Spaniens, im Rahmen des Google Library Project zu kooperieren. Google liest dabei nur Bücher in sein System ein, deren Copyright bereits abgelaufen ist.
Selbst wenn Google seine Aktivitäten als reine Dienstleistung am Internet-Nutzer versteht, berührt der Konzern damit ebenso verlegerische Tätigkeiten wie mit seinen Produkten Google Maps und Google Earth.
Wem gehören meine Mails?
Google nimmt sich aber auch der privaten und halböffentlichen Kommunikation an. Hier regt sich schon seit längerem Widerstand. Als das Unternehmen Anfang 2001 den Newsgroup-Anbieter Deja übernahm, stellten sich zahlreiche Newsgroup-Nutzer die Frage, wem denn nun eigentlich die über 500 Millionen Postings wirklich gehören, die da mit den Datenbanken den Besitzer wechseln. Heute sind die Deja-Daten in Google Groups integriert, die Proteste längst vergessen.
Auch um die von Stichwörtern getriggerte AdWord-Werbung bei Gmail flammten Konflikte auf. Darf eine Maschine meine private Post mitlesen? Auch hier scheint sich Googles Auffassung durchgesetzt zu haben, wohl nicht zuletzt deshalb, weil heute wohl nur noch sehr wenige Zeitgenossen einen Mailaccount ohne vorgeschalteten Spamfilter betreiben möchten.
Yahoo setzt auf Inhalte
Googles alter Gegner Yahoo hatte zuletzt mehr Interesse daran gezeigt, eigene Inhalte wie Nachrichten oder Kolumnen herstellen zu lassen. Erst am 20. September kündigte Yahoo eine Kooperation mit dem Kabelsender "Current TV" des ehemaligen US-Präsidentschaftskandidaten Al Gore an. Yahoo streamt vier Kanäle aus Gores Angebot, die User über den Video-Bereich des Portals abrufen können.
Das Yahoo-Management unterstrich dabei, das Medium Fernsehen nicht einfach ins Internet übertragen zu wollen. Stattdessen denke man eher an eine Unterhaltungsplattform, die vor allem auf die Interaktivität des World Wide Web setzt.
Google als Meta-Medienkonzern
Wenn Yahoo ein Medienkonzern ist, so handelt es sich bei Google um einen Meta-Medienkonzern, also um eine Struktur, welche die traditionellen Medien integriert und ohne die sie nicht sein kann. Der Meta-Medienkonzern Google ist gerade dabei, sich seinen Platz in der fragilen Ökologie der Infosphäre freizuboxen.
Google möchte neutraler Makler bleiben, doch schon der von den Anwendungen des Konzerns gebotene Blickwinkel auf Informationen verändert diese natürlich, von den Problemen ganz zu schweigen, die die Quasi-Monopolstellung des Unternehmens mit sich bringt.
Dass Google sein Gewicht nun mit einer eigenen Lobbyisten-Plattform in Washington in die Waagschale werfen wird, passt in dieses Bild. Die technischen Probleme bewältigt Google bravourös. Doch die politischen Schwierigkeiten haben für das Unternehmen erst begonnen.
(APA | Reuters | futurezone | Günter Hack)