BenQ Mobile in Deutschland am Ende
Die Deutschland-Tochter des taiwanesischen Konzerns BenQ kündigt einen Insolvenzantrag an. 3.000 Arbeitsplätze stehen auf dem Spiel. Mitarbeiter kritisieren den früheren Eigentümer Siemens. Der Standort Leoben des österreichischen Zulieferers AT&S ist nicht gefährdet.
Ein Jahr nach der Übernahme der Siemens-Mobilfunkgeräte stehen die Handyaktivitäten des Konzerns in Deutschland vor dem Aus.
Die BenQ Mobile GmbH werde voraussichtlich in den nächsten Tagen Insolvenzantrag stellen, sagte ein Sprecher am Donnerstag in München.
Der taiwanesische Mutterkonzern habe bekannt gegeben, das er keine weiteren Zahlungen leisten werde, so der Sprecher.
3.000 Mitarbeiter betroffen
Betroffen sind davon die Zentrale in München sowie die Produktionsstandorte in Bocholt und Kamp-Lintfort mit 3.000 Mitarbeitern. Wie es mit ihnen weitergeht, ist ungewiss.
Eine Standortgarantie für Kamp-Lintfort und Bocholt läuft Ende des Jahres aus. Für die 1.400 Mitarbeiter in Entwicklung, Marketing und Verwaltung am Standort München gibt es hingegen keinen besonderen Schutz vor Kündigungen.
BenQ will das Geschäft mit Handys der Marke BenQ-Siemens aus Asien heraus fortführen und nur noch die dortigen Werke nutzen.
Flucht aus Deutschland
"Seit Oktober 2005 haben wir eine übermäßige Menge an Kapital und Ressourcen in unsere deutsche Mobiltelefontochter gesteckt", sagte Konzernchef K. Y. Lee in Taipeh.
"Trotz der Fortschritte bei Kostensenkungen und Ausgabenkürzungen haben steigende Verluste diese schmerzliche Entscheidung unvermeidlich werden lassen."
Aus der BenQ-Konzernzentrale hieß es, dass auch die Mobilfunk-Standorte in Brasilien "und woanders" ihre "finanzielle Lage überprüfen" würden.
50 Mitarbeiter in Wien beschäftigt
BenQ ist auch in Österreich tätig. Der Standort Wien wurde kürzlich aufgewertet, bekam zur bisherigen Geschäftsverantwortung für Südosteuropa auch die Kompetenz für den Nahen Osten und Afrika dazu und zeichnet damit für ein Drittel des Konzernumsatzes verantwortlich.
In Wien sind 50 Mitarbeiter im Vertriebsbereich beschäftigt. "Wir wissen noch nicht, welche Auswirkungen die Insolvenz auf den Standort Wien hat", sagte eine Sprecherin des Unternehmens gegenüber ORF.at.
AT&S: Werk Leoben nicht gefährdet
Beim steirischen Leiterplattenhersteller AT&S, der als Zulieferer für BenQ Mobile tätig ist, gab man sich zuversichtlich.
Der Standort Leoben sei nicht gefährdet, hieß es aus dem Unternehmen. Neben Leoben, wo 1.500 Mitarbeiter beschäftigt sind, stellt AT&S auch in Schanghai handyrelevante Bauteile her. "Wir beliefern aus Leoben Asien und aus Asien Leoben", sagte ein AT&S-Sprecher.
"Nur drei Prozent unserer Umsätze machen wir mit BenQ, die Hälfte davon mit Deutschland", erklärte der Konzernsprecher. Das Volumen mit der deutschen BenQ liege heuer "deutlich unter zehn Millionen Euro". Von den BenQ-Umsätzen werde zudem nichts wegfallen, "sondern sie verlagern sich nur".
Kritik an Siemens
Siemens hatte sich nach hohen Verlusten ím vergangenen Jahr von seiner Handysparte getrennt. BenQ zahlte nur einen symbolischen Kaufpreis und bekam noch eine Mitgift in dreistelliger Millionenhöhe
dazu.
"Moralisch ist der frühere Besitzer Siemens für das Desaster verantwortlich", sagte Siemens-Aufsichtsrat Wolfgang Müller von der IG Metall: "Die BenQ-Beschäftigten bezahlen nun für die Fehlleistungen des Siemens-Managements."
Siemens "überrascht"
"Wir haben bei der Veräußerung unserer Handy-Sparte an BenQ 2005 ein Weltgeschäft abgegeben", erklärte ein Siemens-Sprecher. Nun wolle BenQ das Geschäft in Deutschland offensichtlich in die Insolvenz steuern. "Wir verstehen weder die Intention noch die Hintergründe", hieß es aus dem Unternehmen.
Marktanteil gefallen
Benq Mobile hatte ehrgeizige Pläne. Im vergangenen Jahr strebte das Unternehmen an, die Nummer sechs unter den internationalen Handyherstellern zu werden. Seit der Übernahme der Siemens-Handyfertigung ist der Marktanteil aber weiter gefallen. Zuletzt spielte Siemens-BenQ mit drei Prozent auf dem Weltmarkt nur noch eine Nebenrolle.
BenQ Mobile hat nach eigenen Angaben weltweit rund 8.000 Beschäftigte. Die Handysparte ist eines von drei Standbeinen des BenQ-Konzerns, der auch Flachbildschirme und Laptops herstellt.
(futurezone | APA)