Leise Hoffnung für BenQ Mobile

30.09.2006

Der Insolvenzverwalter der ehemaligen Siemens-Handysparte, Martin Prager, zeigt sich zuversichtlich: "Wir haben noch drei Monate Insolvenzgeld." Dann allerdings muss die Sparte profitabel sein. Der Chef von BenQ Mobile, Clemens Joos, wirbt unterdessen bei Kunden, Telekoms und Politik für die "wettbewerbsfähigen Geräte made in Germany".

Die Produktion von BenQ Mobile soll nach den Worten des vorläufigen Insolvenzverwalters Martin Prager zunächst bis Ende des Jahres fortgesetzt werden. Er sei ziemlich sicher, dass dies gelingen werde, so Prager am Samstag in München.

Deadline Jahresende

Was danach komme, bleibe abzuwarten. "Ab 1. Januar muss das Unternehmen profitabel sein, sonst kann es der Insolvenzverwalter nicht fortführen." Hauptgläubiger seien Mitarbeiter und Lieferanten. "Wir haben relativ wenig Bankverbindlichkeiten."

Der taiwanesische Mutterkonzern BenQ hatte der deutschen Tochter am Donnerstag den Geldhahn zugedreht und somit in der Zentrale von BenQ Mobile in München eine akute Liquiditätskrise ausgelöst.

Werbung bei Telekoms und Kunden

Sein erster Eindruck sei positiv, sagte Prager zuvor in der ARD. Die Mitarbeiter seien bereit zu kämpfen. Ihm selbst sei in erster Linie an einer Gesamtlösung gelegen.

Der Chef von BenQ Mobile, Clemens Joos, appellierte unterdessen an die Endverbraucher und die großen Telekommunikationsunternehmen, ihren Beitrag zur Rettung zu leisten und die Geräte nun nicht zu boykottieren, sondern verstärkt zu kaufen.

Prager wurde vom Amtsgericht München als Insolvenzverwalter bestellt, nachdem BenQ Mobile seine Zahlungsunfähigkeit offiziell angezeigt hat.

"Wettbewerbsfähige Geräte"

Alle Erlöse kämen der insolventen Firma zugute. "Es sind wettbewerbsfähige Geräte made in Germany auf dem Markt", warb Joos. "Kein Cent der Erlöse wird den Weg zu Siemens oder der BenQ Corp. in Taiwan finden", ergänzte ein Sprecher.

Joos forderte zudem die Regierungen in Berlin und München auf, das direkte Gespräch mit ihm und dem Insolvenzverwalter zu suchen.

Deutsche Politik im Einsatz

Der deutsche Wirtschaftsminister Michael Glos [CSU] schloss sich in der "Bild am Sonntag" der Kritik an Siemens an. Was Nokia geschafft habe, hätte auch Siemens schaffen müssen. "Ich bin von den unternehmerischen Leistungen dort enttäuscht."

Der SPD-Vorsitzende Kurt Beck hat sich mit dem Vorstandschef des früheren Eigentümers Siemens, Klaus Kleinfeld, in Verbindung gesetzt und von ihm auch Zusagen erhalten, so Beck am Samstag auf einer SPD-Konferenz.

Kleinfeld habe ihm unter einem Rechtsvorbehalt zugesagt, dass Siemens den von Entlassung bedrohten BenQ-Mitarbeitern auch finanziell helfen wolle. Geprüft werden solle auch, ob sie in Siemens-Firmen übernommen werden könnten.

Erste Interessenten

Erste Interessenten für BenQ Mobile haben sich bereits bei Prager gemeldet. Joos erklärte, das angeschlagene Unternehmen habe durchaus Chancen: "Ich würde sagen, wir sind zu 70 Prozent mit der Restrukturierung durch."

Der zweitgrößte Handyhersteller der Welt, der US-Konzern Motorola, hat allerdings bereits abgewunken. "Wir haben keinerlei Interesse an den Produktionsstätten von BenQ", sagte Motorola-Deutschland-Chef Norber Quinkert dem Magazin "Focus".

In Folge der Pleite gerieten BenQ und die einstige Mutter Siemens, die ihre Handysparte vor rund einem Jahr an die Asiaten abgegeben hatte, massiv in die Kritik von Gewerkschaften und Politik.

Verworrene Patentsituation

Inwieweit BenQ Mobile allerdings längerfristig überhaupt in der Lage ist, Mobiltelefone zu produzieren, bleibt auf Grund der Patentsituation offen.

Ein Teil der früheren Siemens-Patente sei direkt nach Taiwan gewandert, ein Teil sei sowohl auf Mutter- wie Tochtergesellschaft angemeldet und ein dritter Teil der Schutzrechte sei ausschließlich im Besitz der deutschen Sparte, erklärte Prager. "Die Patentsituation ist verworren."

Aufsichtsratschef verteidigt Verkauf

Rechtliche Schritte gegen den früheren Eigentümer Siemens schloss er aus. Auch Joos nahm Siemens in Schutz: "Ich kann wahrhaftig keine Böswilligkeit unterstellen."

Der langjährige Siemens-Vorstandschef und heutige Aufsichtsratsvorsitzende Heinrich von Pierer verteidigte gegenüber der "Süddeutschen Zeitung" [Wochenend-Ausgabe] den Verkauf der ehemaligen Siemens-Handysparte an BenQ.

"Entscheidung nicht leicht gemacht"

"Das Management hat sich die Entscheidung damals nicht leicht gemacht. Ich habe im Aufsichtsrat verfolgt, dass es Gespräche mit mehreren Interessenten gab. Den Ausschlag für BenQ gab dann die Zusicherung, die Produktion in Deutschland zu übernehmen", so von Pierer. Klar sei, dass das Vorgehen nicht der Vereinbarung zwischen Siemens und BenQ folge.

Unterdessen wies Siemens den Vorwurf von BenQ zurück, der Münchener Konzern habe seine ehemalige Sparte im Stich gelassen. Ein Siemens-Sprecher sagte, mit BenQ sei in den vergangenen Monaten lediglich über kleine Aspekte verhandelt worden, wie es bei großen Kaufs- oder Verkaufstransaktionen im Nachhinein üblich sei.

"Sämtliche Forderungen beglichen"

"Wir haben sämtliche fälligen Forderungen gegenüber BenQ stets fristgerecht und in vollem Umfang beglichen", so der Sprecher. Es habe auch bei den letzten Gesprächen einen Verhandlungsvorschlag von Siemens gegeben, der von BenQ nicht aufgegriffen worden sei.

BenQ-Strategiechef Rick Lei hatte gesagt, noch bei Verhandlungen in der letzten Woche habe Siemens finanzielle Hilfe für die Sparte abgelehnt. Als Konsequenz habe BenQ die Notbremse ziehen müssen.

(Reuters | dpa)