Keine Einigung bei Flugpassagierdaten

01.10.2006

Die EU und die USA haben sich nicht auf ein neues Abkommen über die Weitergabe von Flugpassagierdaten einigen können. Beide Seiten interpretierten die erzielten Ergebnisse unterschiedlich, bemühen sich allerdings gemeinsam um Optimismus.

Ein Sprecher der EU-Kommission sagte in der Nacht auf Sonntag in Brüssel, es gebe seit Mitternacht zwar "ein juristisches Vakuum" bei der umstrittenen Übermittlung von Fluggastdaten.

"Dies bedeutet jedoch nicht, dass nun Chaos ausbricht." Die Gespräche mit den USA sollten "so rasch wie möglich" fortgesetzt werden. Die Innen- und Justizminister der EU wollen sich am Donnerstag in Luxemburg erneut mit dem Thema befassen.

"Keine Störungen" im Flugverkehr

Bis zu einem endgültigen Abkommen geht auch US-Heimatschutzminister Michael Chertoff davon aus, dass der Flugverkehr zwischen den USA und der Europäischen Union störungsfrei ablaufen wird.

Während der Sprecher der EU-Kommission Differenzen bei der Weitergabe persönlicher Daten von USA-Reisenden aus der EU an die amerikanischen Behörden geltend machte, sprach Chertoff von einer Einigung auf einen Entwurf.

Die bisherige Regelung zwischen EU und USA lief am Samstag aus. Sie sah vor, dass Fluggesellschaften bis 15 Minuten vor Abflug insgesamt 34 Datensätze über alle in die USA reisenden Passagiere übermitteln müssen - darunter Namen, Adressen, Telefon- und Kreditkartennummern sowie besondere Essenswünsche.

"Datenaustausch" geht vorerst weiter

Er habe einen entsprechenden Entwurf bereits unterzeichnet. Laut einem Sprecher des US-Ministeriums ist das der EU zugesandte Dokument kein "endgültiges Abkommen". Jedoch vertrete Chertoff den Standpunkt, dass es nur noch "geringfügige Änderungen" geben werde.

Chertoff sagte weiters, er habe den EU-Unterhändlern einen Entwurf zukommen lassen, der nach seiner Auffassung den europäischen Bedenken bezüglich Datenschutz Rechnung trägt. "Wenn sie das akzeptieren und unterschreiben, großartig. Wenn wir weiter verhandeln müssen, schön."

Die Fluggesellschaften hätten die weitere Übermittlung der Passagierdaten zugesagt, so Chertoff weiter. Nach seiner Auffassung gibt es auch kein rechtliches Vakuum, da das US-Gesetz eindeutig die Informationen über Einreisende vorschreibe.

"90 Prozent des Weges hinter uns"

Der Kommissionssprecher machte keine Angaben über die noch vorhandenen Streitpunkte bei den Gespräche zwischen EU und USA über eine Neuregelung. "Wir sind aber einer Einigung sehr nahe. Wir haben 90 Prozent des Weges hinter uns."

Ein Berater der EU-Delegation bezeichnete die Gespräche als positiv und konstruktiv. "Die Gespräche sind nicht gescheitert", betonte er. "Sie stecken zeitweilig fest, aber sie gehen weiter."

Chertoff dankte den Verhandlungspartnern der EU für die Zusammenarbeit. Er hoffe, dass es bald zu einer abschließenden Einigung mit den europäischen Verbündeten kommen könne.

Während der Verhandlungen wurden neue Wünsche aus dem US-Heimatschutzministerium laut, wonach die Passagierdaten bereits vor dem Start und nicht, wie bisher üblich, danach übermittelt werden sollen.

Abkommen auf falscher Grundlage

Der Europäische Gerichtshof [EuGH] hatte im Mai den 30. September als Termin für eine Einigungsfrist gesetzt. Zugleich lief die Datenübermittlung an die US-Behörden weiter.

Der EuGH hatte nach einer Klage des EU-Parlaments entschieden, die bisherige Vereinbarung über die Weitergabe von bis zu 34 Daten pro Passagier beruhe auf einer falschen Rechtsgrundlage.

Mit den Neuverhandlungen wollte die EU-Kommission nur die rechtliche Grundlage, nicht aber den eigentlichen Inhalt des Vertrags ändern.

Geldstrafen und Landeverbot

Statt wie bisher die Bestimmungen des Binnenmarktes ist laut EuGH vielmehr ein Artikel des EU-Vertrages über öffentliche Sicherheit und Strafverfolgung maßgeblich.

Die USA haben den Fluggesellschaften bereits Geldstrafen angedroht, falls sie die geforderten Daten ihrer Passagiere nicht übermitteln. Möglich wäre auch ein Landeverbot für aus der EU in den USA landende Flugzeuge.

Ohne ein Abkommen mit der EU über die Datenweitergabe müssten die einzelnen EU-Regierungen individuelle Vereinbarungen mit Washington treffen.

(APA | Reuters | AP | dpa)