Musikindustrie will "große Fische" fangen
Die Musikbranche will die Online-Piraterie und das massenhafte Raubkopieren von CDs weiter unnachgiebig mit allen Mitteln bekämpfen.
"Der Kampf gegen die Musikpiraterie ist in diesem Jahr das alles beherrschende Thema", sagte der Vorsitzende der "International Federation of the Phonographic Industry" [IFPI], Jay Berman, auf der Midem.
Dabei habe die Musikindustrie keineswegs den Jugendlichen im Visier, der sich seine Lieblingssongs aus dem Internet herunterlädt und auf CD brennt.
"Der Pirat, den wir bekämpfen, ist ein sehr gewiefter Krimineller, der eine Menge Geld in Techniken und Vertriebswege investiert, um noch mehr Geld herauszuholen." Es gehe nicht um Garagengeschäfte, sondern um organisierte Kriminalität.
Die internationale Musikmesse Midem findet von 19. bis 23. Jänner in Cannes statt. Mehr als 9.000 Experten aus fast 100 Ländern beraten auf der Musikmesse über Wege aus der Krise.
Im Zeichen des Kopierschutzes2002: 34 Mio. Raubkopien sichergestellt
Ein Team von 250 Experten der Branche arbeite eng mit den Polizeibehörden weltweit zusammen, um den Großhandel mit Raubkopien zu bekämpfen.
"Im vergangenen Jahr wurden 34 Millionen Raubkopien von Musik-CDs sichergestellt. [...] Mich schaudert, wenn ich daran denke, wie viele Millionen nicht gefunden wurden", so Berman.
Allein bei Razzien in Spanien, Italien und Luxemburg, welche die Musikverbände in Zusammenarbeit mit der europäischen Polizeibehörde Europol und den nationalen Polizeibehörden vorbereitet hätten, seien rund drei Millionen illegale CDs sichergestellt worden.
Neun Jahre Haft und elf Mio. USD Strafe
Ende November 2002 wurde in den USA die bisher härteste Strafe
gegen einen Ersttäter wegen Softwarepiraterie verhängt. Eine Frau,
die als Drahtzieherin eines weltweiten Piraterierings gilt, wurde zu
neun Jahren Haft und einer Rückerstattung in Höhe von elf Millionen
USD an Microsoft und Symantec verurteilt.
600.000 Arbeitsplätze bedroht
Wenn CDs millionenfach in Asien kopiert und dann nach Südamerika verschifft würden, um dort den Markt zu überschwemmen, dann sei das "kein Kavaliersdelikt, sondern hoch kriminell", sagte Berman, dessen Verband rund 1.500 Plattenfirmen aus der ganzen Welt repräsentiert.
Der Verkauf dieser CDs hätte Millionenverluste für die Branche bedeutet, die im vergangenen Jahr weltweit einen Umsatzverlust von geschätzten zehn Prozent hinnehmen musste.
Diese Piraterie bedrohe auch Arbeitsplätze wie die der etwa 600.000 Menschen, die in Europa für die Musikindustrie arbeiteten.
Provider sollen für Copyright-Verletzungen zahlen
Weiters könnte sich die Musikindustrie vorstellen, künftig
verstärkt Internet-Provider und Telekom-Unternehmen für
Piraterieschäden zur Verantwortung zu ziehen. Laut RIAA-Präsidentin
Hilary Rosen "muss man der Tatsache ins Gesicht sehen, dass es den
enormen Bedarf für Breitbanddienste allein deshalb gibt, weil
File-Sharing-Tools existieren".
"Brauchen Möglichkeiten, uns zu wehren"
Berman zeigte sich zuversichtlich, im Kampf gegen die Piraterie zu bestehen.
"Wir müssen und können das Problem nicht komplett lösen, wir haben immer schon mit einem gewissen Anteil von Raubkopien gelebt, aber wir müssen Möglichkeiten haben, uns zu wehren."
Dazu gehöre auch ein modernes Urheberrecht, das den Rechteinhabern von Musik auch auf dem digitalen Markt Lizenzen zuspricht und Verstöße gegen das Copyright unter Strafe stellt.
Ein solches Gesetz analog zum "Digital Millennium Copyright Act" in den USA hat die Europäische Union bereits beschlossen, doch bisher haben es nur zwei Mitgliedsstaaten [Dänemark und Griechenland] in nationales Recht umgesetzt.
Neuwahlen in AT Ursache für Verzögerung
Hier zu Lande war nicht wie in Deutschland oder Großbritannien
die kontroverse Dsikussion über digitale Urheberrechte Ursache für
das Versäumen der Frist, sondern die Auflösung des Nationalrates und
die folgenden Neuwahlen. Bereits im November hieß es aus dem
Justizministerium, dass es "noch Monate dauern" dürfte, bis das
Gesetz im Nationalrat behandelt wird.