Schweizer Lauschangriff auf VoIP

08.10.2006

Die Schweizer Behörden testen laut einem Zeitungsbericht Trojaner für die Überwachung von Internet-Telefonie. Telekoms und Internet-Anbieter sollen diese unbemerkt auf die PCs übermitteln, um den Behörden direkten Zugriff zu ermöglichen.

Schweizer Strafermittler und das Departement für Umwelt, Verkehr und Kommunikation [UVEK] prüfen laut Schweizer "Sonntagszeitung" derzeit den Einsatz von Spionagesoftware für ihre Zwecke.

Da Internet-Telefonate meist nicht über das übliche Telefonnetz geleitet bzw. zudem verschlüsselt werden, suchen die Behörden laut Bericht derzeit eine Möglichkeit, um auch diesen Kommunikationsweg belauschen zu können.

Unbemerkt von Firewalls

Das speziell für diese Zwecke von ERA IT Solutions entwickelte Programm soll sich sowohl an Anti-Viren-Software als auch an Firewalls vorbeischummeln können.

Die Überwachung soll zwar nur mit richterlicher Genehmigung gestattet sein, die Übertragung und Nutzung der Software soll aber vom Überwachten unbemerkt durch seinen Internet-Anbieter auf dessen PC übertragen und von den Behörden genutzt werden können.

Das Programm sei ausschließlich für die Verwendung durch Behörden vorgesehen und werde auch nur an diese verkauft, so der Geschäftsführer von ERA IT Solutions zur Zeitung.

Fernsteuerung für Mikrofone

Neben Mitschnitten soll die Software auch für Raumüberwachungen genutzt werden können. So sollen etwa in Notebooks eingebaute Mikrofone aus der Ferne aktiviert werden können.

Webcams sollen dagegen nicht genutzt werden, da viele Kameras mit einem Licht ihren Betrieb anzeigen und so der Überwachte davon etwas mitbekommen könnte.

Nach erfolgter Observation soll die Software entweder von den Behörden oder durch Zeitschalter deinstalliert werden.

Vor kurzem wurde die erste kommerzielle und von Kryptographie-Pionier Phil Zimmermann entwickelte sichere Verschlüsselung für Internet-Telefonate vorgestellt.

Ohne echte Rechtsgrundlage

Das Projekt werde geheim betrieben, um die öffentliche Diskussion dazu zu vermeiden, so die Zeitung weiter, da gerade Trojaner einen eher schlechten Ruf haben.

Laut Charles Gudet, dem Leiter des Dienstes für Besondere Aufgaben [DBA] im UVEK, fehlt dem Bund eine klare Rechtsgrundlage für den Einsatz von Trojanern.

Im aktuellen Bundesgesetz sei die Überwachung von Internet-Telefonie nicht berücksichtigt, dafür würden allerdings kantonale und eidgenössische Strafprozessordnungen den Einsatz von Software-Wanzen erlauben, so Gudet zur Zeitung.

Während beim Festnetz der DBA die Überwachung koordiniert, sei bei Internet-Telefonie die Zuständigkeit auf Grund der fehlenden Rechtsgrundlage bisher noch nicht geregelt, so der Bericht. Laut dem Berner Staatsanwalt muss das DBA "nicht zwingend notwendig" eingeschalten werden.