Kazaa klagt Musik- und Filmindustrie
Sharman Networks, Besitzer der Tauschbörsen-Software Kazaa, hat in Los Angeles eine Gegenklage gegen Musik- und Filmindustrieverbände eingebracht.
Sharman behauptet, die beiden Industrien seien nur daran interessiert, mögliche Konkurrenten aus dem Online-Vertrieb zu verdrängen.
Demnach haben sich Sharman und sein Geschäftspartner Altnet mehrmals mit Vertretern der Musikindustrie getroffen. Ziel sei ein Lizenzvertrag für urheberrechtlich geschützten Content für den Online-Vertrieb gewesen.
Ein Gericht in Los Angeles hat erst vor zwei Wochen entschieden, dass eine Klage der Entertainment-Industrie gegen die Betreiber der Tauschbörse Kazaa in den USA zulässig ist. Und letzte Woche hat ein Bezirksgericht in Washington D.C. entschieden, dass der Provider Verizon die Identität eines Kazaa-Nutzers und mutmaßlichen Tauschbörsen-Piraten preisgeben muss.
Kazaa darf in den USA geklagt werdenKonkurrenten niederklagen
Sharman behauptet in der Gegenklage, dass einige Vertreter der Industrie durchaus Interesse an einem Lizenzvertrag gezeigt hätten. Sie seien aber von der RIAA [Recording Industry Association of America] zurückgepfiffen worden.
Die RIAA und andere Handelsgruppen hätten ihre Verhandlungspartner "wiederholt instruiert", die Kontakte mit Sharman und Altnet nicht fortzusetzen. Daraus schließt das australische Unternehmen, dass es der Industrie nicht um eine legale Abwicklung des Online-Tauschservice gehe. Die Industrie wolle nur potenzielle Konkurrenten vermeiden.
Die RIAA sieht in Kazaa ihren Erzfeind, nachdem Napster und Aimster erfolgreich geklagt und geschlossen wurden. Bereits im Napster-Verfahren wurde die Musikindustrie beschuldigt, das Urheberrecht zu missbrauchen, um konkurrierende Angebote im Online-Handel mit Musik im Keim zu ersticken.
Die Industrie hat zwei eigene Musikportale, MusicNet und Pressplay, gestartet. Inzwischen haben aber auch unabhängige Handelsgruppen Lizenzverträge mit den Labels abgeschlossen. Ein Lizenzvertrag mit Kazaa würde angesichts der Verbreitung und Popularität der Tauschbörse deren Geschäft deutlich erschweren.
Kräftiges Wachstum für P2P-SzeneSchweden, Australien und Vanuatu
Bisher konnte sich die derzeit populärste Online-Tauschbörse Kazaa auch juristisch dem Zugriff der Musik- und Filmindustrie weitestgehend entziehen. Dabei war auch das - offensichtlich absichtlich - extrem unübersichtliche Firmengeflecht hinter der Technologie sehr hilfreich.
Zentrale Figur im Kazaa-Netzwerk ist der Entwickler der Software, Niklas Zennström. Dieser sieht die Tauschbörse allerdings offiziell nur als "Test" für sehr viel weiter gehende Pläne, für die der Schwede eigentlich auch mit seinen aktuellen Gegnern aus der Musikindustrie zusammenarbeiten will.
Nur hat sich Zennström anders als Napster-Gründer Shawn Fanning schon im Laufe des ersten Prozesses, der in den Niederlanden gegen sein erstes Unternehmen [das auch "Kazaa" hieß] geführt wurde, von den Vermarktungsrechten für seine Technologie getrennt.
Die Rechte gingen an die dubiose australische Firma Sharman Networks, die wiederum im Pazifikstaat Vanuatu ihren offiziellen Hauptsitz hat, aber von der "Zweigstelle" in Australien aus verwaltet wird.
Zennström, der mittlerweile wieder in Schweden lebt, macht sich so durch einen regelrechten Schwarm an Firmen [ConsumerEmpowerment, Kazaa, Fasttrack, Blastoise und Joltid], die jeweils nicht ganz klare Rollen im Kazaa-Imperium spielen, juristisch genauso schwer angreifbar wie seine Technologie im Netz.
US-Justiz jagt ein Tauschbörsenphantom