Videoüberwachung für Londons Verkehr
Die Londoner Stadtregierung führt ab 17. Februar eines der größten Überwachungssysteme für innerstädtischen Verkehr ein.
Doch nicht Angst vor Terrorismus ist der Grund für die Überwachungsmaßnahme, sondern der immer stärker werdende Autoverkehr und die damit verbundenen Stauzeiten in der Metropole.
Alle Autos, die werktags zwischen sieben und 18:30 Uhr die Grenzen der Überwachung passieren, werden automatisch von den Videokameras erfasst.
Im Kontrollzentrum werden die Aufnahmen ausgewertet und überprüft ob eine Einfahrtsgebühr bezahlt wurde. Das System soll eine Genauigkeit von 90 Prozent aufweisen.
Big Brother?
Erfasst werden Kennzeichen, Autofarbe, Automarke, Zeit und Ort.
Die Daten werden mit der Datenbank der bezahlten Gebühren verglichen
und bei Übereinstimmung gestrichen. Nur unter bestimmten Umständen,
im Falle eines Antiterroreinsatzes, soll die Polizei Zugriff auf die
gesammelten Daten haben.
800 schwenkbare Kameras an 400 verschiedenen Punkten überwachen 21 Quadratkilometer der Londoner Innenstadt. Die Zone geht vom Hyde Park im Westen bis zur Tower Bridge im Osten sowie von St. Pancras im Norden bis Vauxhall im Süden.
Informationsseite der BBCAutofahrer wenig begeistert
Jeden Tag passieren rund 250.000 Autofahrer die Grenzen des neuen Überwachungssystem.
Sie werden ab Mitte Februar dafür rund acht Euro pro Tag zahlen müssen, bei Zuwiderhandeln droht eine Strafe zwischen 60 und 180 Euro. Anrainer bekommen ermäßigte Tarife.
Die Autofahrer sind mit der Gebühr erwartungsgemäß nicht einverstanden. Sie verweisen auf die teilweise unzureichende Nahverkehrsversorgung und die steigende Kriminalität auf Londons Straßen nach Einbruch der Dunkelheit.
Kleinere Firmen haben sich bereits über die zusätzlichen Kosten beschwert. Die Londoner Wirtschaftskammer steht dem Projekt neutral gegenüber und würde eine Reduktion der Staus begrüßen. Doch noch ist nicht sicher, ob die Maßnahme auch im erwarteten Ausmaß greifen wird.
Mehr Einnahmen, weniger Ausgaben
Die Stadtverwaltung erwartet eine Reduktion der Autos von zehn
bis fünfzehn Prozent sowie eine Verringerung der Staus um bis zu 30
Prozent. Außerdem erhofft sie sich zusätzliche Einnahmen von 275
Millionen Euro sowie Einsparungen für die Wirtschaft von rund sechs
Millionen Euro pro Woche durch weniger Staus.
Protestseiten: Hass auf Radfahrer steigt
Begrüßt wird die Gebühr vor allem von der ständig wachsenden Zahl von Radfahrern, die sich damit den Zorn der Autofahrer auf sich gezogen haben.
In mehreren Klagen wurde bereits versucht die Einführung zu verhindern und auch im Netz gibt es eine erkleckliche Anzahl von Protestseiten, die verschiedene Boykottierungsmethoden aufführen. Die Palette reicht dabei von wiederholten Vor- und Zurückfahren bei den Checkpoints bis zu Demolierung der Kameras.
In den Foren gibt es auch konkrete Diskussionen über Anschläge auf Radfahrern, denen die Initiative für die Einführung des Systems angelastet wird.