USA entwickeln Strategie für Cyberkrieg
US-Präsident George Bush hat eine geheime Direktive unterzeichnet, die die Entwicklung einer Strategie für die Cyber-Kriegsführung vorsieht.
Ähnlich wie bei der Erstellung einer Strategie für den Einsatz von Atomwaffen in den 50er-Jahren sollen Experten der Regierung und des Verteidigungsministeriums das Vorgehen beim Einsatz von Cyberwaffen ausarbeiten.
Dabei soll genau festgelegt werden, wer Attacken der USA gegen feindliche Computernetzwerke autorisiert und wann so ein Angriff auf welche Ziele als legitim angesehen wird.
"National Security Presidential Directive 16"
Wie wegen strenger Geheimhaltung erst jetzt bekannt wurde, wurde
die entsprechende Direktive, "National Security Presidential
Directive 16", bereits im Juli von Bush unterzeichnet.
Cyberwaffen bereits entwickelt
Bisher hätten die USA laut Experten zwar noch keine Cyber-Attacken in großem Umfang durchgeführt, "Cyberwaffen" hingegen seien sehr wohl entwickelt worden.
Mit diesen wollen die Militärexperten in Zukunft den Krieg vor den Bildschirm verlagern. So will man in fremde Netzwerk eindringen, um zum Beispiel Radar-Systeme funktionsuntüchtig zu machen, mit E-Bomben die Energieversorgung unterbrechen und jegliche Telekommunikation via Telefon unmöglich machen.
"Wir haben die nötigen Fähigkeiten und Organisationen. Was fehlt ist eine ausgearbeitete Strategie mit vorgegebenen Handlungsweisen," erklärte der ehemalige IT-Sicherheitsberater des US-Präsidenten, Richard A. Clarke.
US-Militär setzt auf "Network Centric Warfare"
Der Krieg als Videospiel wird dieser Tage immer realer:
Ferngesteuerte Drohnen können mit Luft-Boden-Raketen Ziele in
Echtzeit bekämpfen, während die Soldaten, die letztlich den Abzug
betätigen, am anderen Ende der Welt sitzen. Die Militärs bezeichnen
diese Art, Krieg zu führen, als "Network Centric Warfare" [NCW],
wobei der "klassische" Bereich des C4 [Command, Control,
Communication and Computer System] in den Mittelpunkt rückt.
Potenzielle Kollateralschäden
Doch obwohl das Pentagon bereits Monate über Vorschläge zur Cyber-Kriegsführung mit dem CIA, FBI und der NSA diskutiert, sind viele Dinge noch ungeklärt.
Bei einer Sitzung der Arbeitsgruppe am Massachusetts Institute of Technology [MIT] äußerten viele der 50 Teilnehmer aus Wirtschaft, Wissenschaft und Regierung Bedenken hinsichtlich des eifrigen US-Engagements bei Cyber-Attacken.
Besonders die Angst vor Vergeltungsschlägen macht den beratschlagenden Experten dabei zu schaffen. Gerade die zunehmende Vernetzung mache das Land besonders verletzlich bei Vergeltungsschlägen.
Weiters wird befürchtet, dass umfassende Cyberangriffe nicht nur militärische sondern auch zivile Ziele treffen könnten. Legt man zum Beispiel ein Stromnetz lahm, um eine militärische Einrichtung abzuschalten, könnte auch ein Krankenhaus davon betroffen sein, das am selben Stromnetz hängt.
"Diese Gefahr von potenziellen Kollateralschäden wirft wie bei Atomwaffen die Fragen auf: Wollen wir das überhaupt jemals einsetzen? Wollen wir derartige Waffensysteme legitimieren?", überlegt Clarke.