AllofMP3 geht in die Offensive
Der umstrittene russische Online-Musikanbieter AllofMP3 kündigt ein werbefinanziertes Gratisangebot an. Als Hindernis für den russischen Beitritt zur Welthandelsorganisation [WTO] sieht sich der Online-Musikshop nicht.
Am Dienstag lud das Unternehmen Mediaservices Inc., das mit dem Online-Musikshop AllofMP3 Musik über das Internet zu Diskontpreisen per Megabyte verkauft, zu einer Online-Pressekonferenz und nutzte die Gelegenheit, um neuerlich gegen die Musikindustrie zu sticheln.
Gratisangebot
Zuvor kündigte Mediaservices-Generaldirektor Wadim Mamotin gegenüber der "International Herald Tribune" das werbefinanzierte Gratisangebot "Music for the Masses" an, das künftig in das AllofMP3-Angebot integriert werden soll.
Dabei sollen Nutzer der Site kostenlos Zugriff auf das rund 850.000 Titel umfassende AllofMP3-Repertoire bekommen. Die Songs können jedoch nur auf einem Computer gehört werden. Wer sie auch auf portable Musik-Player transferieren will, muss dafür bezahlen.
Keine "Piraten-Website"
"AllofMP3 wird fälschlicherweise als Piraten-Website bezeichnet", sagte Mamotin. Nichts sei von der Wahrheit weiter entfernt, gab sich der Geschäftsmann entrüstet.
Hindernis für russischen WTO-Beitritt
AllofMP3 reagierte mit der Medienoffensive auf Aussagen der US-Handelsbeauftragten Susan Schwab, die AllofMP3 Anfang Oktober als Hindernis für den angestrebten Beitritt Russlands zur WTO bezeichnet hatte.
"Vorwand der US-Regierung"
Die US-Regierung benutze AllofMP3 nur als Vorwand, um neue Zugeständnisse von Moskau bei den Verhandlungen über einen russischen Beitritt zur WTO zu erlangen, kritisierte Mamotin.
Tantiemen
Nach Angaben Mamotins befindet sich das Geschäftsmodell von AllofMP3 im Einklang mit dem russischen Recht. Das Unternehmen zahle 15 Prozent der Erlöse aus dem Verkauf von Musik an die russiche Verwertungsgesellschaft ROMS.
Die internationalen Musiklabels hätten sich allerdings geweigert, das Geld von dieser Gesellschaft anzunehmen.
Mit der IFPI auf Kriegsfuß
Der Internationale Verband der Phonographischen Industrie [IFPI] steht mit AllofMP3, das rund 850.000 Musiktitel zum Preis von durchschnittlich rund 0,20 Cent anbietet, seit längerem auf Kriegsfuß. Laut IFPI wurden dem Online-Musikshop keine Lizenzen zum Verkauf ihrer Musik erteilt.
"Ohne Erlaubnis"
IFPI-Sprecher Adrian Strain sprach der ROMS auch das Recht ab, Tantiemen zu kassieren und zu verteilen. AllofMP3 respektiere die Rechte der Musiker nicht und beute deren Werke aus, ohne um Erlaubnis zu fragen, sagte Strain.
Klagen
In Großbritannien wurde bereits Klage gegen den Anbieter eingereicht. Der deutsche Bundesverband Phono mahnte 2005 etliche Website-Betreiber im deutschen Internet ab, die einen Link auf Allofmp3.com setzten.
Erfolgreich auch im Westen
AllofMP3 ist den Musikkonzernen nicht zuletzt auch deshalb ein Dorn im Auge, weil das russische Angebot auch im Westen Erfolge feiert. In Großbritannien ist AllofMP3 nach Berichten von Marktforschern hinter dem Apple iTunes Music Store bereits die Nummer zwei am Online-Musikmarkt.
Visa kündigt Verträge
Das Kreditkartenunterenhmen Visa hat unterdessen am Dienstag seine Verträge mit AllofMP3 gekündigt. Als Grund dafür wurden Bedenken wegen der Urheberrechtspolitik des Anbieters genannt.
"Wir werden überleben"
Mamotin glaubt nicht, dass AllofMP3 auf Druck der internationalen Musikkonzerne schon bald geschlossen werden könnte: "Wir werden überleben. Die Musikindustrie ist dabei, sich zu verändern, und wir ändern uns mit ihr", sagte er.
Verträge mit Musikern
Die Bedeutung der Musikkonzerne sei am Schwinden, ätzte Mamotin. Diese seien nur daran interessiert, für sich Geld zu verdienen. Für die Künstler bliebe dabei wenig übrig.
AllofMP3 überlege sich daher, künftig mit den Musikern selbst Verträge abzuschließen, sagte Mamotin.
Einsatz von DRM nicht ausgeschlossen
Den Einsatz von Digital Rights Management [DRM]-Systemen beim Verkauf von Musik wollte der russische Manager für die Zukunft nicht ausschließen, berichtet P2P Blog. Vorerst wolle man jedoch am MP3-Format festhalten, sagte Mamotin.
Kein Video-Download-Angebot
Matomin hatte für die Unterhaltungsindustrie jedoch auch eine gute Nachricht. Am Verkauf von Video-Downloads habe man kein Interesse. Hollywood kann sich also vorerst beruhigt zurücklehen.
(futurezone | P2P Blog | AFP | International Herald Tribune)