Hilferuf für europäisches Digitalkino

25.10.2006

26 Filmförderungsanstalten fordern in einem gemeinsamen Papier die EU-Kommission dazu auf, das europäische Kino vor der Übermacht digitaler Hollywood-Produktionen zu schützen.

Die Unterzeichner der am Dienstag veröffentlichten Erklärung, darunter das Österreichische Filminstitut, das französische Centre National de la Cinématographie und das British Film Institute, bezeichneten die Digitalisierung der Film-Wertschöpfungskette als "große Herausforderung an die gesamteuropäische Filmindustrie".

Einen besonders großen europäischen Rückstand orten die Filmförderer bei Film-Download-Angeboten und digitalen Projektionsmöglichkeiten in den Kinos.

Die US-Studios, so die Erklärung weiter, würden sehr schnell in diese beiden Märkte drängen, weshalb es dringend notwendig sei, klassische und aktuelle europäische Filme für hochauflösende digitale Projektionssysteme aufzubereiten.

Dem Direktor des Österreichischen Filminstituts Roland Teichmann zufolge wird es zum Themenkomplex Digitalkino einen eigenen Abschnitt im nächsten Filmwirtschaftsbericht geben, der Mitte 2007 erscheinen soll. "Europa muss bei der Digitalisierung vorne mit dabei sein, um nicht weiter unter die Räder des ohnehin US-dominierten Filmmarktes zu geraten. Auch die Förderer müssen reagieren und die Digitalisierung von nationalen - auch historischen - Inhalten aktiv unterstützen", sagt Teichmann.

Vorsprung der USA

In der Tat meldete die britische Marktforschungsfirma Dodona Research in einer kürzlich publizierten Studie, dass die USA den europäischen und asiatischen Kino-Industrien in Sachen Digitalisierung weit voraus sind.

Die Autoren der Studie rechnen damit, dass im Jahr 2011 bereits 50 Prozent der US-Kinos mit digitalen Projektionssystemen ausgestattet sein werden. In Europa werden dann nur 20 Prozent, in Asien gar nur 10 Prozent der Kinos digital projizieren können - mit der großen Ausnahme von Hochtechnologiezentren wie Singapur oder Südkorea, die dann auch schon die Hälfte ihrer Kinos auf Digitalprojektion umgestellt haben werden.

Wer standardisiert, gewinnt

Der wichtigste Technologietreiber in den USA ist die Digital Cinema Initiatives LLC. [DCI], ein Joint Venture aller wichtigen Hollywood-Studios. DCI veröffentlichte bereits im Juli 2005 die Version 1.0 der Digital Cinema System Specification, in der die Richtlinien für digitales Kino nach den Vorstellungen der US-Unterhaltungskonzerne festgelegt sind.

Die Filmförderer wollen mit ihrer Erklärung Einfluss auf die Gestaltung des Programms MEDIA 2007 der Europäischen Union nehmen. Bei MEDIA 2007 geht es um einen Topf von knapp über einer Milliarde Euro, der an Initiativen zur Förderung der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen audiovisuellen Industrie verteilt werden soll. Das Programm soll vom 1. Januar 2007 bis zum 31. Dezember 2013 laufen.