EU-Flugdaten für die NSA
Die Erklärung der EU-Verkehrskommissarin Loyola de Palacio vom vergangen Mittwoch, dass alle EU-Fluglinien schon bald Passagierlisten für alle Flüge in die USA im Voraus liefern müssten, war nur die halbe Wahrheit.
Was die Vertreter der EU-Kommission mit den US-Zollbehörden am 17. und 18. Februar in Brüssel ausgehandelt haben, geht weit über das Liefern von Passagierlisten [Passenger Name Records, PNR] hinaus.
Im Annex-Papier zu einer gemeinsamen Grundsatzerklärung des Generaldirektors für externe Beziehungen, Guy Legras, und US Customs Deputy Commissioner Douglas Browning ist das Prozedere festgeschrieben.
Vollzugang, direkt
Die US-Zollbehörden verlangen keine Passagierlisten, sondern
direkten Vollzugang zu allen Buchungs- und Reservierungsdatenbanken
aller Airlines, die auch die USA anfliegen. Das geschehe, um den
Fluglinien "teure technische Umbauten" zu ersparen, die mit einer
Übermittlung von Passagierlisten verbunden seien, heißt es in dem
Papier. Im Übrigen würden die Zollbehörden ohnehin nur solche
personenbezogenen Datensätze abrufen, die Flüge in die und aus den
USA betreffen.
"Third Agency Rule"
Dass die EU-Kommissarin vor Problemen im Weigerungsfall gewarnt hatte, bedeutet in diesem Zusammenhang, dass Fluglinien, die ihre Computersysteme nicht vollständig für die US-Nachrichtendienste öffnen, die Landerechte für US-Flughäfen entzogen werden.
Das Papier lässt nämlich keine Zweifel darüber offen, dass diese personenbezogenen Datensätze aus der EU über die US-Zollbehörden bei den Nachrichtendiensten landen. Neben US-Strafverfolgern könnten auch andere "Einheiten" ["entities"] diese Daten anfordern und im Rahmen der "Third Agency Rule" weitergeben, wenn die Zollbehörden dem zustimmen, heißt es im Anhang.
Ein Einblick in die Vorgänge ist nach dem "Freedom of Information Act" [FOIA] zwar für direkt Betroffene grundsätzlich möglich, zwei Paragrafen voll mit Ausnahmeregeln heben das aber praktisch wieder auf.
Weitere Gespräche in dieser Woche
Ermöglicht wurde diese Vorgangsweise durch die am 30. Mai 2002 im
EU-Parlament verabschiedeten "Zusätze" zur EU-Datenschutzdirektive.
Artikel 25, Absatz sechs der solchermaßen "erneuerten" Direktive
wird als Basis für einen zu erwartenden Kommissionsbeschluss über
die Weitergabe von Flugdaten herhalten. Der nächste Gesprächstermin
auf dem Wege zur Unterzeichnung soll "noch vor Ende Februar", also
in dieser Woche sein.