Passagierdaten als US-Obsession
Nachdem letzte Woche die geplante Weitergabe von europäischen Flugpassagierdaten an die USA für Aufregung sorgte, wirft ein Auftrag an den Rüstungskonzern Lockheed-Martin ein Licht darauf, was auch mit den europäischen Daten geschehen dürfte, falls es wirklich zu einer Freigabe kommt:
Lockheed-Martin bekam von der US-Transportbehörde "Transportation Security Administration" den Auftrag das System "Computer Assisted Passenger Pre-Screening" [CAPPS] weiter zu entwickeln.
CAPPS, das nach dem 11. September ins Leben gerufen wurde, sucht in den Daten von US-Flugpassagieren nach "verdächtigen" Mustern, um so Terroristen zu entlarven. Dabei kann ein Passagier als unverdächtig, dubios [stärkere Kontrollen] oder eben Terror-verdächtig eingestuft werden - im letzten Fall wird ein Flug schlicht verweigert.
CAPPS wurde in den USA bereits als "abstoßendstes Projekt" mit dem Datenschutzpreis "Big Brother Award" gewürdigt.
US-Einreise nur gegen Datenpreisgabe"Dauerhafte schwarze Listen"
Lockheed-Martin erhielt für die Weiterentwicklung des Systems einen Fünfjahresvertrag, der in der ersten Phase 12,8 Mio. USD wert sein soll.
Erste Tests sollen bereits im März in Kooperation mit Delta Air an drei nicht genannten Flughäfen erfolgen. CAPPS-Neu soll dann schon Ende des Jahres einsatzbereit sein.
Die Bürgerrechtler der American Civil Liberties Union [ACLU] sind von diesen Plänen im höchsten Maße alarmiert: "Es hat das Potential eine Klasse von Amerikanern zu schaffen, die durch schwarze Listen dauerhaft am Fliegen gehindert werden."
Die Transportation Security Administration verweist unterdessen darauf, dass angeblich keine Daten dauerhaft gespeichert würden und ethnische oder religiöse Daten gar nicht erst verwendet würden - dafür werden die individuellen "Kredit-Geschichten" ausführlich und offiziell berücksichtigt.
Transportation Security AdministrationSchöne Aussichten auch für EU-Bürger
Die US-Entwicklung ist besonders brisant, da derzeit ein Abkommen zwischen der EU und den USA über den Vollzugriff des US-Zollbehörden auf die Reservierungssysteme aller europäischen Airlines, die auch US-Flughäfen anfliegen, ausgehandelt werden soll.
Die US-Zollbehörden verlangen dabei keine Passagierlisten, sondern direkten Vollzugang zu allen Buchungs- und Reservierungsdatenbanken der Airlines.
Das geschehe, um den Fluglinien "teure technische Umbauten" zu ersparen, die mit einer Übermittlung von Passagierlisten verbunden seien, heißt es in dem Arbeitspapier. Im Übrigen würden die Zollbehörden ohnehin nur solche personenbezogenen Datensätze abrufen, die Flüge in die und aus den USA betreffen.
Dass jetzt ausgerechnet ein Rüstungskonzern mit der Entwicklung von CAPPS II beauftragt wurde, ist vor diesem Hintergrund auch für EU-Passagiere jedenfalls nicht besonders Vertrauens-erweckend.
Dass die EU-Kommissarin vor Problemen im Weigerungsfall gewarnt hatte, bedeutet in diesem Zusammenhang, dass Fluglinien, die ihre Computersysteme nicht vollständig für die US-Nachrichtendienste öffnen, die Landerechte für US-Flughäfen entzogen werden.
Auslieferung der EU-Flugdatenbanken