Terrorbekämpfung mit Lkw-Mautdaten

schwerverkehr
03.11.2006

Die deutschen Bundesländer und Innenminister Wolfgang Schäuble [CDU] wollen die Datenschutzbestimmungen im Autobahnmaut-Gesetz lockern. Auch bei der Anti-Terror-Datei lassen die Politiker alle Datenschutzbedenken fallen.

Die Bundesländer wollen die bei der Lkw-Maut erhobenen Daten auch für die Bekämpfung des Terrorismus und der schweren Alltagskriminalität nutzen.

Bei der ersten Beratung des von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzesentwurfs für die Errichtung einer Anti-Terror-Datei forderte der Bundesrat am Freitag in Berlin, die enge Zweckbindung des Autobahnmaut-Gesetzes zu lockern. Auch Schäuble hat sich mehrfach für diese Nutzung der Mautdaten ausgesprochen.

Aufhebung der Verfallsklausel

Die im Regierungsentwurf vorgesehene Befristung der Anti-Terror-Datei wollen die Länder streichen. Gegen eine automatische Verfallsklausel sprächen die nicht unerheblichen Investitionen der Sicherheitsbehörden.

"Zum anderen setzt eine Befristung die falschen Signale im Hinblick auf die dauerhafte Herausforderung durch den internationalen Terrorismus", heißt es in der Stellungnahme des Bundesrates. Keine Mehrheit im Plenum fand der Vorschlag des Innen- und Rechtsausschusses des Bundesrates, den Kreis der zugriffsberechtigten Behörden noch auszuweiten.

"Gewaltgeneigte Extremisten"

Die Anti-Terror-Datei soll die bei Polizei und Geheimdiensten vorhandenen Informationen vernetzen. Das betrifft drei Dutzend Sicherheitsdienste des Bundes und der Länder. Die Datei soll beim Bundeskriminalamt [BKA] eingerichtet und bereits im kommenden Jahr genutzt werden. Erfasst werden Mitglieder oder Unterstützer terroristischer Vereinigungen sowie gewaltbereite oder gewaltgeneigte Extremisten.

Berechtigte und unberechtigte Anfragen

Die Datei ist zweistufig aufgebaut. Grunddaten wie Name, Anschrift, Staatsangehörigkeit, Geburtsdatum und -ort werden offen angezeigt, weitere Daten nur nach einer berechtigten Anfrage. Dazu gehören Verbindungen zu terroristischen Vereinigungen, Bankkonten, Religionszugehörigkeit, Auslandsreisen, Waffenbesitz, Fahr- und Flugerlaubnisse.

In der Debatte des Bundesrates stimmten alle Redner der jahrelang umstrittenen Datei zu. Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Peter Altmaier [CDU], sagte, die Datei sei ein außerordentlich wichtiger qualitativer Sprung bei der Bekämpfung des internationalen Terrorismus und seit langem überfällig.

Sicherheit geht vor Datenschutz

Schleswig-Holsteins Innenminister Ralf Stegner [SPD] wies Befürchtungen der Datenschützer vor einem Überwachungsstaat zurück. Die Datei hebe das Trennungsgebot zwischen den Aufgaben der Polizei und der Geheimdienste nicht auf.

"Sicherheit ist etwas, auf das die Bevölkerung Anspruch hat." Auch Deutschland werde vom internationalen Terrorismus bedroht. Ein schneller Informationsaustausch zwischen den Sicherheitsdiensten sei unabdingbar.

Baden-Württembergs Bundesratsminister Wolfgang Reinhart [CDU] sagte, die am 31. Juli versuchten Terroranschläge auf Nahverkehrszüge hätten die Dringlichkeit einer Anti-Terror-Datei vor Augen geführt. Die mangelnde Vernetzung der bei unterschiedlichen Sicherheitsbehörden vorhandenen Erkenntnisse sei eine der Hauptursachen gewesen, weshalb die Anschläge des 11. September 2001 die USA weitgehend unvorbereitet getroffen hätten. "Dem Netzwerk des Terrorismus müssen wir ein Netzwerk der Sicherheit gegenüberstellen."

Der Innenausschuss des Bundestags beschäftigt sich am Montag in einer Expertenanhörung mit der Anti-Terror-Datei. Geladen sind Verfassungsschutzpräsidenten aus Bund und Ländern , BKA-Präsident Jörg Ziercke, der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar sowie Verfassungs- und Strafrechtler.

(dpa)