Werbung statt Telefonrechnung

04.11.2006

Das finnische Unternehmen Blyk, das vom ehemaligen Nokia-Chef Pekka Ala-Pietilä geleitet wird, will mit einem werbefinanzierten Handyservice den europäischen Mobilfunkmarkt aufmischen.

Im Sommer 2007 soll Blyk, das vor allem Jugendliche zwischen 16 und 24 Jahren ansprechen will, zunächst in Großbritannien an den Start gehen.

Weitere europäische Länder sollen folgen, teilte das Unternehmen am Donnerstag in einer Aussendung mit.

Persönliches Profil

Nutzer des Service müssen mittels Online-Fragebogen ein persönliches Profil erstellen. Damit soll sichergestellt werden, dass sie nur Werbung aufs Handy bekommen, die ihre Interessen abdeckt.

Danach bekommen sie eine SIM-Karte zugeschickt, die eine vorerst nicht bekannte Anzahl von Freiminuten und Gratis-SMS abdeckt. Dafür werden mittels SMS Werbebotschaften aufs Handy gesendet.

Der Erfolg von Blyk werde davon abhängen, ob die Werbung so gestaltet wird, dass sie von den Nutzern auch angenommen werde, sagte Antti Ohrling, der das Unternehmen gemeinsam mit Ala-Pietilä im Jänner 2006 gegründet hatte, gegenüber der "International Herald Tribune" [IHT].

"Im Idealfall werden unsere Kunden gar nicht darüber nachdenken, dass sie Freiminuten gegen Werbung tauschen", gibt sich Ala-Pietilä optimistisch.

Daten werden nicht weitergegeben

Bedenken von Datenschützern wischt er zur Seite. Blyk werde keine persönlichen Nutzerdaten an seine Werbekunden weitergeben, versicherte er der Zeitung.

Verhandlungen mit Werbetreibenden

Blyk führt nach eigenen Angaben derzeit mit mehr als 20 Unternehmen Gespräche über Werbe- und Marketingpartnerschaften. Verträge wurden noch keine abgeschlossen.

Die Idee, so Ala-Pietilä, sei einfach und gut. Er wundere sich, dass das Geschäftsmodell nicht schon zuvor ausprobiert worden sei.

Variationen

Damit liegt der frühere Nokia-Vorstandsvorsitzende nicht ganz richtig. Variationen werbefinanzierter Telefonie gibt es bereits seit längerem. Bereits vor Jahren scheiterte ein Voice-over-IP-Anbieter [VoIP] kläglich mit einem werbeunterstützen Telefondienst.

Werbevideos gegen Freiminuten

In den USA versucht Virgin Mobile seit Juni dieses Jahres, die Aufmerksamkeit seiner Kunden in Freiminuten umzumünzen.

Nutzer des Dienstes "Sugar Mama" erhalten nach Ansicht eines 30 Sekunden langen Werbevideos Freiminuten. Allerdings erst, nachdem sie per SMS Fragen zu den Inhalten der Clips beantwortet haben.

Marktchancen intakt

Marktbeobachter beurteilen die Chancen des jungen Unternehmens durchaus positiv.

Das Blyk-Geschäftsmodell sei sowohl für User, die Freiminuten bekommen, als auch für Werbetreibende, die ihre Zielgruppe direkt erreichen, attraktiv, sagte ein britischer Analyst gegenüber der "IHT".

Vom Erfolg des Geschäftsmodells ist auch Gründer Ala-Pietilä überzeugt. Er sieht darin lediglich die Erweiterung werbefinanzierter Online-Dienste wie etwa kostenloser Webmail-Accounts auf Mobilfunknetze.

Werbefinanzierte Gratis-Musik

Auch auf dem Online-Musikmarkt wollen Anbieter mit werbefinanzierten Gratis-Downloads punkten. So will etwa das US-Unternehmen SpiralFrog im Dezmeber dieses Jahres mit einem entsprechenden Service an den Start gehen.

Werbeausgaben in Mobilnetzen steigen

Auch die von Marktforschungsunternehmen prognostizierten Zahlen sollten den finnischen Unternehmer hoffnungsfroh stimmen. Das britische Institut Informa sieht die Werbeausgaben in mobilen Netzen von heute 870 Millionen Dollar pro Jahr auf rund 11,3 Milliarden Dollar im Jahr 2011 explodieren.

(futurezone | IHT)