Googles Lust auf Druckerschwärze
Im Netz ist Google bereits größter Werbevermarkter, nun streckt der Internet-Dienstleister seine Fühler immer weiter in den Print-Bereich aus. In den USA will Google nun Zeitungsannoncen verkaufen - für Agenturen und Zeitungen ein heikles Spiel. Auch in Österreich.
"Es kommt auf den Preis an", meint Karina Pelzl von der Mediaagentur Mediacom. Wenn Google die Annoncen zu einem günstigen Preis anbiete, sei das sowohl für den Kunden als auch Mediaagenturen eine Chance, an bessere Konditionen zu gelangen.
Einheimische Akteure warten ab
Der Preis ist auch für Christian Wiegele, Anzeigenverkaufsleiter des "Standard", der Knackpunkt: "Wenn es nur über den Preis geht, dann wird der Standard sicher nicht in der ersten, nicht in der zweiten, nicht in der dritten und auch nicht der vierten Reihe stehen.".
Ansonsten müsste man sich das genaue Geschäftsmodell ansehen - und vor allem, ob es auch in Österreich funktioniere.
Werbekunden buchen selber
Das Geschäftsmodell sieht derzeit so aus: Die Zeitungen bieten ihre Werbeplätze zu bestimmten Preisen an. Der Werbekunde loggt sich bei Google AdWords ein, sucht sich eine oder mehrere Zeitungen aus, gibt sein Gebot dafür ein und kann seine Werbung direkt hochladen. Die Zeitungen können sich dann je nach verfügbarem Platz aussuchen, welches Gebot sie annehmen.
Große Pakete kaufen und diese dann zu besseren Konditionen an den Kunden weitergeben will Google diesmal nicht.
Als Google vor einiger Zeit ganze Seiten in US-Magazinen kaufte und diesen Preis, der deutlich niedriger ist, als wenn nur eine Achtel- oder Viertelseite gekauft wird, an seine Werbekunden weitergab, gab es naturgemäß einen Aufschrei der US-Verlage.
Redaktionelle Kontrolle bleibt
Google will den Zeitungen auch redaktionelle Kontrolle über die zu schaltenden Anzeigen geben, um nicht etwa Kindermodenwerbung neben einem Artikel über Kindesmissbrauch zu positionieren. Auch sollen die Zeitungen Werbeeinschaltungen generell zurückweisen können.
Im Testlauf verlangt man dafür noch keine Gebühren, danach will aber Google auch hier mitverdienen. Bei Online-Werbung behält Google 20 Prozent ein.
Bisher gibt es noch keine Angaben von Seiten der teilnehmenden US-Zeitungen dazu, der Sprecher von Google Österreich war nicht erreichbar.
Google will teilen
Die "Chicago Tribune", die ebenfalls teilnimmt, berichtet, dass Google die Einnahmen mit den Zeitungen teilen will. Die Zeitung berichtet auch, dass viel Werbegeld brach liege, weil Google im Online-Bereich nicht alle Anfragen befriedigen könne. Daher habe Google diesen Testlauf in Richtung Print vorgeschlagen.
Rein rechnerisch müsste aber zumindest eine Seite an der Preisschraube drehen, da ansonsten das Angebot von Google hinter dem der Zeitungen preislich zurückbleiben würde.
Dagegen könnten die Zeitungen mit Google und der teilweisen Umwälzung der Arbeit auf den Kunden möglicherweise bei den Personalkosten ihrer Anzeigenabteilung sparen und diese Spareffekte wiederum an Google weitergeben.
Für Österreich "nicht brauchbar"
Das System hält "Standard"-Anzeigenleiter Wiegele für den österreichischen Markt allerdings nicht für brauchbar. Es werde zunehmend von den Verlagen auch eine Dienstleistung eingefordert, seien es neue Werbeformen oder einfach Beratung. "Das Anzeigengeschäft heute ist mehr als nur Verkaufen."
50 US-Zeitungen nehmen an Googles dreimonatigem Testlauf teil, bei der 100 ausgesuchte Google-Werbekunden Anzeigen in diesen Zeitungen kaufen können.
US-Zeitungen bleiben misstrauisch
Selbst die teilnehmenden US-Zeitungen sind sich nicht sicher, ob sie dem System trauen sollen oder nicht.
Auf der einen Seite unterläuft Google den direkten Kontakt zwischen Zeitung und Anzeigenkunde, auf der anderen Seite könnten über diesen Umweg auch neue Kunden, die bisher vielleicht nur online geworben haben, für den Print-Bereich gewonnen werden. Gleichzeitig erhält Google aber mehr Macht.
Auch das Auktionssystem ist nicht allen geheuer, manche befürchten auf diesem Weg eine Verschiebung der Preise nach unten. Aber alle hoffen auf mehr Einnahmen durch neue Kunden.
Suche nach Lückenfüller
Jeden Tag werde in der Zeitung ein Teil für Werbung freigehalten, der dann nicht gefüllt werden könne, so Owen Youngman von der "Chicago Tribune" gegenüber der ebenfalls teilnehmenden "New York Times".
"Google sagt, sie bringen uns tausende kleine Werbekunden für diesen Platz, den wir ansonsten mit hauseigenen Anzeigen füllen würde, und wir sagen: großartig."
"Wir gehen da mit zwei offenen Augen hinein", meinte hingegen Mike Lemke, Vizechef für Verkauf und Marketing der "Seattle Times" gegenüber dem "Wall Street Journal" schon etwas skeptischer.
Vor allem die Zeitungen beklagen das rasante Wachstum des Online-Werbemarkt, der viel Geld, das früher in den Print-Bereich investiert wurde, abziehe. Dennoch ist der Werbemarkt im US-Printbereich laut "NYT" immer noch 48 Milliarden US-Dollar schwer.
Google baut Werbeangebot aus
Für Google ist der Schritt in Richtung Zeitung vor allem eine Erweiterung seines Portfolios. Nach Online, Radio, TV und Print-Magazinen kann Google seinen Kunden nun Werbeplätze in der "New York Times" oder "Washington Post" offerieren - und das alles mit einem System.
Der Print-Bereich habe einen Wert, den der Online-Bereich nicht habe, meinte dazu der bei Google für Print zuständige Tom Phillips.
Allerdings scheint zumindest im Magazinbereich dieser Wert den Kunden nicht erklärbar zu sein: Im Juni musste Google zugeben, dass sich die Print-Werbung in diesem Bereich unter den Erwartungen entwickelt hat.
(futurezone | AP | NYT | Reuters | Nadja Igler)