Datenschützer gegen Anti-Terror-Datei
Deutsche Datenschützer und Bürgerrechtler kritisieren die geplante Erweiterung der Anti-Terror-Gesetze und den Aufbau einer Anti-Terror-Datei als rechtstaatlich bedenklich.
Der deutsche Datenschutzbeauftragte Peter Schaar forderte bei einer Anhörung des Bundestags-Innenausschusses, die Gesetzentwürfe gründlich zu überarbeiten. In dem Entwurf sieht er schwerwiegende verfassungs- und datenschutzrechtliche Risiken.
Über die Anti-Terror-Datei würden die IT-Systeme von Polizei und Nachrichtendiensten technisch miteinander verknüpft. Es stehe zu befürchten, dass diese Infrastruktur zu einem Vollverbund ausgebaut werde, so Schaar, und damit nicht mehr dem Trennungsgebot entspreche.
Trennung von Polizei und Geheimdienst
Nach Ansicht der Humanistischen Union widerspricht die planmäßige Zusammenführung von vorhandenen Informationen in der Anti-Terror-Datei dem Grundgedanken des Trennungsgebots von Polizei und Nachrichtendiensten.
Der stellvertretende Vorsitzende der Bürgerrechtsorganisation sprach von einem Quantensprung weg von der bisherigen Rechtslage. Ähnlich argumentierte der Vorsitzende der Deutschen Vereinigung für Datenschutz.
Die beim BKA geplante Anti-Terror-Datei will die bei Polizei und Geheimdiensten vorhandenen Informationen vernetzen und allen Sicherheitsdiensten zugänglich machen.
Das Terrorismusbekämpfungs-Ergänzungsgesetz will die nach den Anschlägen vom 11. September 2001 erlassenen Anti-Terror-Gesetze nochmals befristet verlängern und erweitern. Die Geheimdienste sollen mehr Befugnisse erhalten, Auskünfte über Flugdaten und Telefonverbindungen erleichtert werden.
Zustimmung vom BKA
Die Präsidenten des deutschen Amtes für Verfassungsschutz und des Bundeskriminalamts [BKA] begrüßten die Gesetzesvorhaben. Auch mehrere Verfassungsrechtler hatten im Grundsatz keine Bedenken, äußerten aber Einwände im Detail.
Der ehemalige Justiz-Staatssekretär Hansjörg Geiger, vormals Präsident des BKA und des Verfassungsschutzes, meinte, das Trennungsgebot sei ein wichtiger Bestandteil der Rechtspraxis. Er vermisst im Entwurf dafür oftmals Normenklarheit und hält die Zahl der Zugriffsberechtigten für zu groß.
Nach Einschätzung des Jura-Professors Ralf Poscher unterläuft die angestrebte gemeinsame Datei hingegen die organisatorischen Trennung von Geheimdiensten und Polizei.
Andere Experten teilen diese Ansicht nicht. Für den Rechtswissenschaftler Peter Badura kann der deutschen Verfassung kein Trennungsgebot entnommen werden. Die Frage des Informationsflusses sei nicht nach diesem vermeintlichen Gebot zu beurteilen, sondern nach den Anforderungen des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung. Das Gebot der Verhältnismäßigkeit schließe die Möglichkeit der Einschränkung von Grundrechten ein.
Bedenken gegen "Kontaktperson"
Auf Bedenken stößt bei Experten zudem der Begriff der "Kontaktperson", die die Nachrichtendienste in der Anti-Terror-Datei angeben können.
Viele befürchten, dass damit auch viele unbescholtene Bürger Einzug in die Datei halten könnten, da die Speicherverpflichtung auch ungesicherte Daten umfasst.
Laut Poscher wäre es dem Entwurf nach möglich, die Daten des Schriftstellers Peter Handke wegen dessen Äußerungen zu Serbien zu speichern - und auch jene seiner Kontaktpersonen.
(dpa)