Großangriff auf "Amadeus"-Datenbanken
Die Forderung der US-Zollbehörden, Vollzugriff auf das europäische Buchungssystem "Amadeus" zu erhalten - die fuZo berichtete - war erst der Beginn einer Welle von Begehrlichkeiten.
Wie Hamilton Baird von der Amadeus-Geschäftsführung bestätigt, liegen nahezu gleich lautende Anforderungen nach Zugriff auf europäischen Passagierdaten auch seitens der Zollbehörden Großbritanniens, Kanadas und Australiens vor.
Diese vier Staaten - gewöhnlich ist auch noch Neuseeland dabei - sind die Hauptbetreiber des so genannten ECHELON-Systems.
Datengroßhandel
Dieser Verbund von geheimdienstlichen Datenbanksystemen
"reinigt", gleicht ab, lagert und "veredelt" - wie es im Jargon des
Datengroßhandels heißt - Daten von Zoll, Finanz, FBI und anderen
US-Behörden. Dazu kommen große Mengen an Verbindungsdaten aus allen
US-Telefonnetzen und eben die Datenbanken der Fluglinien.
Amadeus wohnt in Erding
Amadeus ist das einzige der drei international maßgeblichen Buchungs- und Abrechnungssysteme für Airlines, das nicht auf US-Territorium liegt. Es ist davon auszugehen, dass für die National Security Agency [NSA] spätestens seit dem 11. September 2001 routinemäßiger Vollzugriff auf die anderen beiden Datawarehouses Galileo und Sabre besteht.
"Wir von Amadeus sind von den Anfragen nicht direkt betroffen, da wir ein Rechenzentrum und keine Airline sind und daher die USA auch nicht anfliegen", betont man bei der in München-Erding angesiedelten Amadeus Data Processing GmbH. Man sei den einzelnen Fluglinien nur dabei behilflich, die Anforderungen der Behörden abzuwickeln.
"Spitze eines Eisbergs"
Und die würden sich in letzter Zeit häufen, sagt Baird. Die von
den US-Behörden begonnene Kampagne sei nur die Spitze eines
Eisbergs. Die im Moment praktizierte Lösung, staatlichen Behörden
jeweils Teilzugriff auf die Datensätze einzelner Airlines manuell
einzurichten, sei auf die Dauer nicht praktikabel. Man strebe daher
eine "Push"-Variante an, bei der die Datensätze übertragen würden
statt abgerufen, sagte Baird zur futureZone.
Wie die AUA vorgeht
Die Austrian Airlines [AUA] geben den US-Behörden seit vergangenem Mittwoch Zugriff auf limitierte Passagierdaten. Dabei sind der gebuchte Flug, das Datum und der Name des Fluggasts über Amadeus abrufbar. Zusätzliche Informationen erhalte die US-Behörde nur im Falle eines konkreten Terrorismusverdachts gegen einen einzelnen Passagier.
Das gilt als Übergangsregelung. Bis zum EU-Gipfel im Juni soll unter Einbindung des EU-Parlaments eine dauerhafte Regelung gefunden werden.
Die 1992 in Vollbetrieb gegangenen IBM-Mainframes des Amadeus-Systems bedienen mehr als 130 Fluglinien weltweit mit insgesamt 80.000 Terminals. 59,92 Prozent der Firma halten die drei Gründer, nämlich Air France [23,36 Prozent], Iberia und Lufthansa [je 18,2]. Der Rest befindet sich über die Börse im Streubesitz.
Der neueste Quartalsbericht von Amadeus