ÖVP und SPÖ gegen Flugdatenweitergabe
Im EU-Parlament regt sich Widerstand gegen die Vereinbarungen der EU-Kommission mit US-Behörden, wonach Europas Luftfahrtgesellschaften seit 5. März Daten über ihre Passagiere an die Behörden in Übersee weiterleiten müssen.
Das EU-Parlament dürfte eine sehr kritische Resolution, in der auch eine Klage beim EuGH angedacht wird, morgen annehmen, sagte der ÖVP-Europaabgeordnete Hubert Pirker am Dienstag in Straßburg vor Journalisten.
Kommissionsbeamte haben in Verhandlungen mit US-Behörden zwar die Bestimmungen ein wenig entschärft. Sie haben aber zugestimmt, dass Luftlinien künftig Daten weitergeben und Passagiere der Weitergabe zustimmen müssen. Das geht von der Kreditkartennummer bis zu den bestellten Menüs an Bord.
Wem das nicht passe, der könne ja Sandwiches mitnehmen oder auf die Reise in die USA verzichten, sagte Kommissionssprecher Jonathan Todd vor wenigen Tagen in Brüssel.
Die Forderung der US-Zollbehörden, Vollzugriff auf das europäische Buchungssystem "Amadeus" zu erhalten, war erst der Beginn einer Welle von Begehrlichkeiten. Wie Hamilton Baird von der Amadeus-Geschäftsführung bestätigt, liegen nahezu gleich lautende Anforderungen nach Zugriff auf europäischen Passagierdaten auch seitens der Zollbehörden Großbritanniens, Kanadas und Australiens vor.
Großangriff auf "Amadeus"-DatenbankenBeamte gegen EU-Recht
Es sei völlig unzulässig, dass Beamte Bestimmungen aushandeln, die nicht durch EU-Recht abgedeckt sind, kritisierte Pirker.
Die EU-Kommission habe ihre Vereinbarung mit den USA ohne Rechtsbasis getroffen, deshalb werde in dem vom Ausschuss mit großer Mehrheit angenommen Entschließungsantrag auch eine Klage beim Europäischen Gerichtshof [EuGH] erwogen.
Die EU-Kommission habe seit 15 Monaten gewusst, dass das neue US-Gesetz im Kommen ist, und habe erst jetzt die politische Debatte in Gang gesetzt - aber erst nachdem das Thema in den Medien behandelt wurde.
Die Abmachung der EU-Kommission fordere die Behörden der Mitgliedsstaaten geradezu auf, EU-Recht zu brechen.
Nach US-Vorstellungen hätte die EU-Kommission die EU-Datenschutzdirektive, die Solches explizit verbietet, bis 5. März ändern bzw. am besten abschaffen sollen.
EU auf Kollisionskurs mit den USA"Erpressungsdiktat der US-Behörden"
Für die Luftlinien bleibe das Dilemma, räumt Pirker ein: Leiten sie die Daten weiter, sind sie nicht von EU-Recht gedeckt. Tun sie es nicht, so haben sie Probleme mit den US-Behörden, die bis zur Verweigerung der Landeerlaubnis gehen kann.
Der Konsumenten- und Datenschutzsprecher der SPÖ, Johann Maier, begrüßte am Dienstag in einer Aussendung die Initiative des Europäischen Parlaments. Auch die zuständigen Mitglieder der österreichischen Bundesregierung sollten "umgehend alle Maßnahmen ergreifen, die notwendig sind, um den Datenmissbrauch gegenüber österreichischen BürgerInnen, die transatlantische Flüge vornehmen wollen oder müssen, abzuwehren".
Darüber hinaus verlangt der SPÖ-Abgeordnete eine umgehende Aufklärung der österreichischen Bevölkerung durch die Bundesregierung, welche Flugunternehmen welche Daten ihrer Passagiere amerikanischen Behörden übermitteln bzw. übermittelt haben.
Die heimischen Fluglinien sollten sich nicht "dem Erpressungsdiktat der amerikanischen Behörden" beugen.
Die für gestern kurzfristig anberaumte Sitzung des Innenausschusses in Straßburg stand ganz im Zeichen der Flugdaten-Affäre und hat das Thema wohl endgültig aus der Nische der IT-Medien in die Öffentlichkeit gebracht.
EU-Parlament zur Flugdaten-Affäre