Microsofts erbitterter Kampf gegen Google

11.11.2006

Nicht nur im Stammgeschäft hat Softwarehersteller Microsoft derzeit zu kämpfen, sondern auch im bisher sträflich missachteten Online-Bereich. Microsoft gibt öffentlich zu, zu spät bei der Internet-Suche erschienen zu sein. "Das war ein Fehler", sagt Gründer Bill Gates.

Eine steife Brise bläst dem Softwaregiganten Microsoft derzeit aus allen Richtungen entgegen.

Während auf der einen Seite der Launch des neuen Betriebssystems Windows Vista und einer neuen Office-Version eigentlich die volle Aufmerksamkeit des Konzerns in Anspruch nimmt, kommen aus dem Netz immer neue Herausforderungen auf Microsoft zu.

"Wir sind zu spät, wir geben es zu"

Vor allem Google und seine webbasierten Applikationen, aber auch die scheinbar uneinholbare Internet-Suche graben Sorgenfalten in das Gesicht von Microsoft-Chef Steve Ballmer.

"Wir sind zu spät, wir geben es zu", war jüngst in einer Werbekampagne zu lesen, die sowohl in US-Zeitungen als auch online geschaltet wird. Werben soll die Kampagne für Microsofts neu entwickelte Suchmaschine Live Search, die in naher Zukunft die bisherige MSN-Suche ersetzen wird.

"Potenzial unterschätzt"

Auch Microsoft-Gründer Bill Gates ärgert sich darüber, dass seine Firma das Such-Geschäft so lange ignoriert hat: "Wir haben das Potenzial von anzeigenfinanzierter Suche wirklich unterschätzt. Das war ein Fehler. Ich wünschte, ich oder die Firma hätten das früher erkannt", so Gates im "Focus".

Man möchte nach dem Lesen der Anzeige Ballmer am liebsten eine Tasse Kakao spenden, schreibt dazu "Forbes".

650 Mio. für Eigenwerbung

Seit zwei Jahren investiert Microsoft viel Geld in seine Online-Aktivitäten, doch geholfen hat es bisher nicht. Google hat in den letzten zwölf Monaten laut "Forbes" 61 Prozent aller Suchabfragen abgewickelt, während Microsofts Suche von elf auf neun Prozent Marktanteil fiel.

Die Investitionen reißen nicht ab: Rund 650 Millionen US-Dollar soll Microsoft sich im nächsten Jahr die Werbung für die neue Online-Suche und sein Angebot für Online-Werbung kosten lassen - mehr als doppelt so viel, wie das Roll-out von Windows Vista kostet, so "Forbes".

Googles Angriff auf Office

Doch während Microsoft die Aufholjagd antreibt, versucht Google, an Microsofts Kerngeschäft zu rütteln. Unter "Google Apps For Your Domain" bietet Google seit kurzem Firmenkunden und Organisationen ein ganzes Paket von Web-Anwendungen an, die unter den eigenen Domains laufen können - bisher kostenlos, dafür mit Werbung.

Ende des Jahres soll auch eine werbefreie und kostenpflichtige Version mit mehr Speicherplatz und Support verfügbar sein.

Office als Umsatzbringer

"Wir versuchen, alte Probleme auf neuen Wegen zu lösen", so der zuständige Google-Manager gegenüber "Forbes". Microsofts Office-Suite koste die Unternehmen pro Mitarbeiter einige hundert Dollar im Jahr, die Google-Lösung "ein paar Latte" [Macchiato, Anm].

Office bringt Microsoft rund zwölf Milliarden Dollar Umsatz pro Jahr und ist wie Windows fast flächendeckend installiert.

Kostenlos, aber mit Werbung

Basis ist der bereits verfügbare personalisierte Webmail-Dienst "Google Mail For Your Domain". Neben Gmail mit zwei GB Speicherplatz sind bei "Apps For Your Domain" auch Calendar, Talk und der Page Creator enthalten.

Office auch als Online-Version?

In der "Financial Times Deutschland" hat Microsoft-Gründer Bill Gates nun erneut bestätigt, dass der Softwarekonzern überlegt, Office zumindest in Teilen online anzubieten. Das werde aber nur einen kleinen Teil des Marktes ausmachen, gab sich Gates überzeugt.

Gleichzeitig wies er Befürchtungen zurück, Googles Angebote könnten kurzfristig Microsofts Kerngeschäft schaden. Er verglich sie vielmehr mit Works, einer mit Office vergleichbaren Software-Suite mit deutlich reduzierten Funktionen.

"Sie sind phantastisch - wir auch"

Im nächsten "Focus" relativiert Gates die Bedeutung Googles: "Es gibt eine Tendenz zu glauben, dass eine junge Firma, die die Antwort auf eine Frage hat, auch über Antworten zu allen Problemen verfügt. Das ist natürlich Unsinn."

Dennoch: "Google ist natürlich ein sehr bedeutender Wettbewerber. Die sind phantastisch, wir sind aber auch phantastisch", so Gates.

Office Live demnächst online

Mit Office Live hat Microsoft bereits einen ersten Schritt getan: Damit können kleine Firmen ab 15. November eigene Websites erstellen und E-Mail-Accounts verwalten.

Microsoft investiert zudem in eine Reihe von Anwendungen, die auch Google bereits anbietet, wie etwa Virtual Earth, das Gegenstück zu Google Earth. 150.000 Dollar pro Stadt hat die jüngste Investition gekostet: 3-D-Bilder von 15 US-Städten. In dieser 3-D-Welt will Microsoft Werbeflächen verkaufen.

(Forbes | FTD | futurezone)