Die E-Voting-Parallelaktion
Bei den Koalitionsverhandlungen zwischen SPÖ und ÖVP ist E-Voting offenbar kein Thema mehr. Die elektronische Stimmabgabe soll in einem allfälligen Regierungsübereinkommen nicht aufscheinen. Ein Testlauf für die Abstimmung über das Internet bei der ÖH-Wahl im April 2009 ist dennoch geplant - gegen den Willen der Studentenvertreter.
War im Regierungsübereinkommen der Regierung Gusenbauer noch von einer "Prüfung der elektronischen Stimmabgabe" die Rede, so dürfte E-Voting im Arbeitsprogramm der kommenden Regierung keine Rolle mehr spielen. Sollten sich SPÖ und ÖVP auf ein gemeinsames Arbeitsprogramm einigen, wird darin vermutlich nichts über die elektronische Stimmabgabe zu lesen sein.
"Keine Einigung"
Es gebe keine Einigung zu dem Thema, hieß es am Montag aus dem Büro des SPÖ-Verhandlers für die Wahlrechtsreform, Burgenlands Landeshauptmann Hans Niessl. Nach dem derzeitigen Stand der Dinge werde das Thema auch nicht im Regierungsübereinkommen aufscheinen.
Bei der ÖVP wollte man die Koaltionsverhandlungen nicht kommentieren. Solange verhandelt werde, wolle man in der Öffentlichkeit dazu keinen Kommentar abgeben, sagte ein ÖVP-Sprecher.
Für die FPÖ ist eine Nutzung von E-Voting bei ausreichender Nachfrage in Zukunft "durchaus sinnvoll". Das BZÖ spricht sich für die elektronische Stimmabgabe aus, "wenn die Sicherheit besser gewährleistet ist als derzeit". Für die Grünen birgt die elektronische Stimmabgabe viele Risiken. Sie wollen Erfahrungen von Vorreiterstaaten wie Estland abwarten.
Parteien zur IT-Politik: E-Government
Die SPÖ lehnt die elektronische Stimmabgabe ab. Mit den zurzeit auf dem Markt befindlichen Systemen ließe sich das geheime und persönliche Wahlrecht übers Internet nicht garantieren, hieß es vor der jüngsten Nationalratswahl auf eine Frage von ORF.at zu den Positionen der Parteien zum E-Government. Die ÖVP befürwortet das "Wählen per Mausklick": Es sei ein zusätzliches Service, das die Beteiligung an Wahlen für viele erleichtern und steigern könne, teilte die ÖVP mit.
E-Voting bei ÖH-Wahl auf Schiene
Dass die elektronische Stimmabgabe in Österreich damit gestorben ist, wie es zuletzt in deutschen Online-Medien kolportiert wurde, glaubt jedoch kaum jemand. Es gehe alles weiter wie bisher, sagte eine mit den Vorgängen vertraute Person zu ORF.at. Mit der Einführung der Wahl via Internet bei Nationalratswahlen rechnen Experten ohnehin frühestens in zehn Jahren.
Der bereits seit längerem angekündigte Testlauf für das E-Voting bei der Wahl zur Österreichischen Hochschülerschaft (ÖH) im Frühjahr 2009 soll jedenfalls wie geplant stattfinden.
Die ÖH verwies zwar darauf, dass sie vom Wissenschaftsministerium noch keinerlei Informationen über E-Voting bei der kommenden Hochschülerschaftswahl erhalten habe. Aus dem Ministerium gibt es aber eine klare Aussage: "Es wird E-Voting bei den ÖH-Wahlen geben", erklärte eine Sprecherin des Wissenschaftsministeriums am Montag gegenüber ORF.at.
"Pläne begraben"
Die ÖH ist über die geplanten elektronischen Wahlen alles andere als glücklich. Bereits in der Vergangenheit sprachen sich die Studentenvertreter wiederholt gegen E-Voting aus.
Am Dienstag erteilte die Vorsitzendenkonferenz der Universitätsvertretungen der Stimmabgabe über das Internet neuerlich eine Absage: "Das Bundesministerium solle seine Pläne zur Einführung von E-Voting bei den ÖH-Wahlen 2009 endlich begraben", forderte Florian Ortner, Sprecher der Vorsitzendenkonferenz. Die Sicherstellung des geheimen, persönlichen und freien Wahlrechts seien mit keinem E-Voting-System garantiert.
"Rechtliche Voraussetzungen gegeben"
Nützen dürften die Proteste der Studentenvertreter freilich nichts. Die rechtliche Voraussetzung für E-Voting bei der Hochschülerschaftswahl sei durch die ÖH-Wahlordnung bereits gegeben, hieß es aus dem Ministerium.
Auch an der Verbreitung der Bürgerkartenfunktion, die bei Wahlen via Internet zur Authentifizierung genutzt werden soll, wird bereits gearbeitet. Rechtzeitig zum Start des Wintersemesters wurden im Rahmen der Initiative studi.gv.at 10.000 Kartenlesegeräte kostenlos an Studierende abgegeben.
"Fristgerechte Umsetzung"
Der Zeitplan für das E-Voting bei der ÖH-Wahl war zuletzt ins Wanken geraten, nachdem das Wissenschaftsministerium das Ausschreibungsverfahren für das E-Voting-System Mitte September platzen ließ. Damals wurde die bereits getroffene Zuschlagsentscheidung widerrufen, weil ein unterlegener Konkurrent Rechtsmittel einlegte.
Die Neuausschreibung für das E-Voting-System läuft nach Angaben des Wissenschaftsministeriums bereits: "Wir arbeiten an einer fristgerechten Umsetzung und wollen den Zeitplan einhalten", so die Ministeriumssprecherin.
- E-Voting-Ausschreibung geplatzt
- E-Voting: "Eine Frage des Vertrauens"
(futurezone/Patrick Dax)