DT-Spitzelaffäre weitet sich aus
Die Deutsche Telekom (DT) soll auch Gewerkschaftschef Frank Bsirske bespitzelt haben. Die Staatsanwaltschaft geht von insgesamt 55 Personen aus, deren Verbindungsdaten von dem Konzern ausspioniert wurden.
Auch Bsirske, Chef der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, wurde nach Angaben seiner Gewerkschaft von der Deutschen Telekom bespitzelt. Inzwischen gebe es gesicherte Informationen, dass auch Verbindungsdaten von Bsirske und Vorstandsmitglied Rolf Büttner ausspioniert worden seien, sagte Lothar Schröder, selbst im ver.di-Vorstand, am Donnerstag in Berlin.
Nach bisherigen Erkenntnissen der Bonner Staatsanwaltschaft bespitzelte die Deutsche Telekom insgesamt 55 Personen, darunter auch sieben Journalisten.
Die Telekom hatte 2005 und 2006 Verbindungsdaten überprüfen lassen, um undichte Stellen im Konzern zur Weitergabe von vertraulichen Informationen zu schließen. Die Bonner Staatsanwaltschaft ermittelt unter anderem gegen den früheren Aufsichtsratsvorsitzenden Klaus Zumwinkel und den ehemaligen Vorstandsvorsitzenden Kai-Uwe Ricke. Die Affäre war im April durch Presseberichte bekanntgeworden.
Zu dem Personenkreis gehören laut Staatsanwaltschaft Mitglieder der Aufsichtsräte der Deutschen Telekom und deren Tochterfirma T-Mobile, ein Vorstandsmitglied der DT sowie Betriebsräte und dem Konzernbereich nicht zuzuordnende Dritte. Die Betroffenen seien aufgefordert worden, einen Strafantrag zu stellen.
Betriebsräte im großen Stil bespitzelt
Insgesamt seien zwölf Betriebsräte in dem Konzern und zehn ihrer Mitarbeiter ausspioniert worden, sagte ver.di-Vorstandsmitglied Schröder. Bsirske und Büttner sind nicht Mitglieder des DT-Aufsichtsrats. Büttner war zum Zeitpunkt der Beobachtung stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der Post AG. Auch der Chef des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB), Michael Sommer, ist nach eigenen Angaben ausgespäht worden.
Schröder, stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der DT und ebenfalls Opfer der Bespitzelung, sagte seinerseits, nach einer groben Schätzung seien von der Deutschen Telekom die Verbindungsdaten von 60 bis 70 Personen aus den Reihen der Gewerkschaften, der Betriebsräte und deren Mitarbeitern gespeichert worden sowie von einem Arbeitsdirektor. Die Staatsanwaltschaft müsse inzwischen Daten in einem Umfang von 160.000 Aktenordnern auswerten. Nach ihren Angaben könnten sich Zeiträume und Personenkreis noch ausweiten, sagte Schröder.
"Verletzung von Grundrechten"
Die Argumentation der Telekom, man habe Geheimhaltungslücken im Aufsichtsrat stopfen wollen, greife nicht mehr, sagte Schröder. Er selbst sei bereits vor seinem Aufsichtsratsmandat ausspioniert worden. Mit Bsirske und Büttner seien weitere Personen ausgespäht worden, die keinen Zugang zu Informationen des Kontrollgremiums gehabt hätten. Es handle sich hier also nicht nur um ein "ruppiges Vorgehen" des Arbeitgebers, sondern um eine "Verletzung von Grundrechten" und aus der DT heraus um ein kriminelles Verhalten, sagte Schröder.
Die Entschuldigungen des Vorstands in den vergangenen Tagen und die Zusicherung von mehr Transparenz seien zwar zu begrüßen, reichten aber nicht aus, sagte Schröder. Die Staatsanwaltschaft müsse entschieden gegen die Machenschaften vorgehen.
(dpa)