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EU startet Online-Bibliothek "Europeana"

DIGITALISIERUNG
20.11.2008

Die EU-Kommission hat am Donnerstag den Startschuss für ihre Online-Bibliothek "Europeana" gegeben, die Europas gesamtes kulturelles Erbe über das Internet zugänglich machen soll - nicht nur Bücher und Dokumente, sondern auch Musik, Fotos, Karten, Gemälde und Filme. Das Portal brach unter dem enormen Nutzeransturm zusammen.

Insgesamt drei Millionen Dateien stehen zum Start zur Verfügung, bis 2010 sollen zehn Millionen Objekte abrufbar sein. Die Sammlung solle die kulturelle Vielfalt der Gemeinschaft widerspiegeln, erklärte die EU-Kommission in Brüssel. Mehr als 1.000 Archive, Museen und Bibliotheken hätten bereits digitalisiertes Material geliefert.

Enormer Ansturm

Der enorme Ansturm ließ die Europeana am Donnerstag nach kurzer Zeit zusammenbrechen. Die Website musste nach den Worten eines Sprechers zeitweise vom Netz genommen werden, nachdem zehn Millionen Nutzer pro Stunde versucht hatten, sich einzuklicken. Die Computerkapazität der Europeana sei daraufhin verdoppelt worden.

Für den Unterhalt des Portals zahlt die Kommission pro Jahr zwei Millionen Euro, die Länder schießen insgesamt noch einmal 500.000 Euro zu. Bisher sind nur etwa ein Prozent aller europäischen Kulturgüter digitalisiert. Um die Zahl von zehn Millionen Werken bis 2010 zu erreichen, müssen die Staaten nach Schätzung der Kommission zusammen weitere 350 Millionen Euro in die Hand nehmen.

Hälfte der Werke aus Frankreich

Gut die Hälfte aller eingescannten Werke stammt derzeit aus Frankreich. Deutschlands Beitrag macht nach aktuellsten Angaben erst rund ein Prozent der virtuellen Kollektion aus. Länder wie Malta, Dänemark und Bulgarien liegen deutlich darunter.

In Österreich wurde laut einer Website bereits 2006/07 mit dem Aufbau eines "Serviceportals zum Harmonisieren und Aggregieren von Daten aus lokalen und regionalen Wissenschafts- und Kultureinrichtungen" begonnen, die in Europeana einfließen sollen.

"Wir können und dürfen den Ländern nicht bei der Digitalisierung helfen, das ist ein ureigener kulturpolitischer Bereich", sagte Kommissionssprecher Martin Selmayr. Die EU will in den kommenden zwei Jahren aber weitere 119 Millionen Euro bereitstellen, um die Erforschung und Entwicklung von Technologien zur Digitalisierung voranzubringen. Die Slowakei habe mit dem Geld zum Beispiel einen früheren Militärkomplex mit drei Robotern ausgestattet, die Buchseiten automatisch einscannen.

Kein schwarzes Loch im 20. Jahrhundert

Die digitalisierten Objekte werden von einem Team aus Archivaren, Bibliothekaren und IT-Spezialisten in der Königlichen Bibliothek im niederländischen Den Haag geordnet, vernetzt und auf Europeana bereitgestellt. Was auf die Plattform gelangt, entscheiden die Museen selbst. Sie stehen auch dafür gerade, dass das Urheberrecht beachtet wird.

"Wir müssen einen entscheidenden Schritt unternehmen, um ein schwarzes Loch im 20. Jahrhundert zu vermeiden", sagte die Direktorin von Europeana, Jill Cousin. Es müssten Lösungen gefunden werden, damit etwa auch Filme aus den 30er Jahren auf Europeana abgespielt werden können.

Auf der Europeana-Website kann man unter anderem per Zeitstrahl durch die Vergangenheit "browsen" und seine Entdeckungen mit anderen Nutzern teilen.

Europeana

Die EU sieht ihr Projekt aber keineswegs als Konkurrenz zu Googles Bücherdigitalisiserung. "Europeana ist keine europäische Antwort auf ein kommerzielles Projekt", sagte Selmayr, "genau wie ein Buchgeschäft und eine Bibliothek nicht in Konkurrenz stehen." Google biete eine fortgeschrittene Suchmaschine für Bücher, Europeana sei hingegen ein multimediales Museum.

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(APA/dpa/AFP)