© APA/Roland Schlager, Schallplattenkisten

Online-Speicher für Musik

START-UP
28.11.2008

Das Wiener Start-up tunesBag bietet Online-Speicherplatz für Musik-Files und will vor allem international wachsen. Vorerst befindet sich der Dienst noch in der geschlossenen Betaphase und ist nur auf Einladung zugänglich. Dafür sind vor allem rechtliche Fragen verantwortlich - Teil neun der futurezone.ORF.at-Serie "Start-up-Geschichten".

"Wir bieten eine Plattform, auf der man seine Musik überall zur Verfügung hat", sagt tunesBag-Gründer Hansjoerg Posch. Auf tunesBag kann Musik online gespeichert, verwaltet und angehört werden. Neben dem Speichern der Musik setzt tunesBag auch auf die Vernetzung der Nutzer untereinander.

Im Rahmen der Serie "Start-up-Geschichten" berichtet futurezone.ORF.at in loser Folge über innovative Web- und IT-Dienste mit Österreich-Bezug.

Playlists und Musik-Files können mit Freunden geteilt werden, allerdings nur als Stream. Über "Smart Playlists" lassen sich Musikempfehlungen austauschen.

Musik-Files können über ein Web-Interface, Desktop-Clients (für iTunes, Windows Media Player und Winamp), aber auch via E-Mail auf tunesBag transferiert werden. Unterstützt werden derzeit die Formate MP3, Windows Media Audio und Ogg Vorbis. Daneben lassen sich auch im Netz zugängliche Musik-Files in die Online-Musikbibliothek integrieren.

Da die auf die Plattform geladenen Songs von ihren Besitzern auch wieder heruntergeladen werden können, fungiert tunesBag auch als Back-up-Lösung für die Musikbibliothek auf dem PC.

Integration von Facebook & Co.

Daneben ist tunesBag auch um die Einbindung anderer Online-Services bemüht. So können etwa Facebook-Freunde bei tunesBag mithören. TunesBag-Daten können vom Musikempfehlungsdienst last.fm ausgelesen werden.

Auch eine Schnittstelle zum Microblogging-Dienst Twitter und Widgets für die Einbindung eines tunesBag-Players auf den eigenen Blog werden angeboten. Über ein Application Programming Interface (API) sollen künftig auch Drittanbieter Add-ons und Zusatzservices für tunesBag entwickeln können.

Das tunesBag-Team: Gründer Hansjoerg Posch (rechts) ist für die technische Entwicklung zuständig. Mitgründer Gerhard Guenther kümmert sich gemeinsam mit Hannes Harborth (nicht im Bild) um das Marketing und die Geschäftsstrategie.

Vorerst nur auf Einladung zugänglich

Seit März dieses Jahres ist der Musikspeicher im Netz. Zur Nutzung des Dienstes ist vorerst jedoch eine Einladung notwendig, die online angefordert werden kann. Dass sich tunesBag noch in der geschlossenen Betaphase befindet, hat vor allem rechtliche Gründe.

Zwar geht man bei tunesBag davon aus, dass die Nutzung des Dienstes unter Verweis auf das im österreichischen Urheberrechtsgesetz festgeschriebene Recht auf Privatkopie in Österreich rechtlich gedeckt ist. Weil tunesBag aber vor allem international wachsen will, seien Verhandlungen mit Rechteinhabern unabdingbar, meint Gerhard Guenther, der bei tunesBag für Marketing und Geschäftsentwicklung zuständig ist. "Wir sind im Gespräch mit Verwertungsgesellschaften und Labels und streben länderübergreifende Verträge an."

Verhandlungen mit Rechteinhabern

Daran, dass sich in Zusammenarbeit mit Labels und Rechteinhabern Lösungen finden lassen, zweifelt Guenther nicht: "Die Musikindustrie erkennt langsam, dass es neue Geschäftsmodelle beim Vertrieb von Musik gibt." Für die Labels würden sich durch Dienste wie tunesBag nicht zuletzt auch neue Distributionskanäle öffnen. Nutzer würden durch die Playlisten von Freunden neue Songs kennenlernen und einige davon sicherlich auch käuflich erwerben wollen.

Die Idee des Online-Musikspeichers gibt es schon seit geraumer Zeit. Bereits Anfang 2000 versuchte sich der US-Online-Musikpionier Michael Robertson mit seinem damaligen Unternehmen MP3.com mit einem Angebot, das den Zugriff auf die eigene Musiksammlung über das Netz gewährleisten sollte, verwickelte sich jedoch in Rechtsstreitigkeiten mit Labels. 2005 belebte Robertson den Online-Musikspeicher mit mp3tunes neu. Vor kurzem wurde er deshalb vom Musikkonzern EMI geklagt.

Online-Speichermöglichkeiten für Musik bieten aber auch die Web-Jukebox Deezer, Lala.com und das US-Online-Musikservice Grooveshark.

Nutzer-Feedback zur Weiterentwicklung

Die geschlossene Betaphase bietet den tunesBag-Betreibern jedoch auch die Möglichkeit, die Plattform im überschaubaren Rahmen weiterzuentwickeln. Derzeit wird an einem neuen Design und an der Verbesserung der Nutzerführung gebastelt. Dabei fließt auch das Feedback der rund 2.000 Testnutzer mit ein.

Seit etwa einer Woche steht den Betatestern auch eine iPhone-Applikation zur Verfügung, mit der die Streams auch über das Apple-Handy abgerufen werden können. Auch für weitere mobile Plattformen, etwa Googles Android, sind Applikationen geplant.

Auf der Suche nach Investoren

Finanziert wird tunesBag vorerst von den Gründern. Gespräche mit potenziellen Investoren laufen bereits. Der Fokus liegt dabei auf internationalen Kapitalgebern. "Wir suchen Partner, die in dem Bereich schon Investments getätigt haben und Brücken auf internationale Märkte schlagen können", sagt Guenther. Interessant seien vor allem Großbritannien und in weiterer Folge die USA.

Werbung und Premium-Services

Das Geschäftsmodell des Start-ups basiert im Wesentlichen auf Werbefinanzierung. Denkbar seien etwa Werbeeinschaltungen vor und nach den Streams, erläutert Guenther. Werbung werde sicher die Haupteinnahmequelle sein. Aber auch der Verkauf von Merchandising-Artikeln und Konzerttickets sowie Affiliate-Programme mit Online-Musik-Shops seien vorstellbar.

Daneben will tunesBag auch Premium-Services anbieten. "Wir klären gerade ab, wo das Sinn macht", sagt Guenther. So könnte etwa gegen einen Aufpreis zusätzlicher Speicherplatz angeboten werden.

"Offen und legal"

Von Konkurrenzangeboten will man sich durch Offenheit gegenüber anderen Diensten und Rechtssicherheit unterscheiden. "Offen und legal sind zwei Schlagwörter, die uns sehr wichtig sind", sagt Posch.

Auch lokale Sprachversionen des Dienstes sollen angeboten werden, kündigt Posch an: "Um auf verschiedenen Märkten besser präsent zu sein, ist ein natives User-Interface sehr wichtig."

In spätestens einem halben Jahr soll tunesBag auch ohne Einladung zugänglich sein. Bis dahin hofft das tunesBag-Team, die Verhandlungen mit Rechteinhabern abgeschlossen zu haben: "Je schneller, desto besser."

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(futurezone/Patrick Dax)