© Bongfish, Screenshot aus dem Snowboard-Spiel 'Stoked'

Gaming-Know-how aus Graz

SPIELE
27.11.2008

Beim Grazer Spieleentwickler Bongfish wird gerade an der Fertigstellung des Snowboard-Spiels "Stoked" für die Xbox 360 gearbeitet, das zu Weihnachten auf den US-Markt kommen soll. ORF.at hat mit Firmenmitgründer Michael Putz über die Anfänge des Unternehmens an der TU Graz, den Technologiestandort Steiermark und Spieleentwicklung an sich gesprochen.

Konsolenspiele gibt es viele, in Österreich entwickelte sind allerdings noch rar. Zu Weihnachten soll nun mit "Stoked" ein realistisches Snowboard-Spiel auf den Markt kommen, das vollständig in Graz entwickelt wurde, wobei Teile des 3-D-Modellings auch nach China und in die Ukraine ausgelagert wurden.

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Laut Hersteller Bongfish soll sich "Stoked" vor allem durch große und realistische Bergwelten, dynamische Tageszeiten und Wetterabläufe sowie seine prozeduralen (mit mathematischen Mitteln automatisch berechnete) Spielewelten von der Konkurrenz abheben. Stolz ist man auch auf die Unterstützung durch 30 der einflussreichsten Marken der Snowboard-Welt und acht der besten Pro-Rider.

Ausgangspunkt TU Graz

Angefangen hat Bongfish wie so manche erfolgreiche Grazer Firma an der Technischen Universität Graz, wo sich Putz und sein Kompagnon Klaus Hufnagl-Abraham im Laufe ihres Studiums kennengelernt haben. Mit Multimedia-Projekten finanzierten sich die beiden ihr Studium, um schließlich 2003 ein eigenes Snowboard-Spiel zu konzipieren.

Nun stehen sie vor der Fertigstellung ihres ersten großen Konsolentitels, der kommende Weihnachten vom US-Publisher Destineer auf den US-Markt gebracht werden und 2009 auch auf den europäischen Markt kommen soll.

ORF.at: Wie weit sind Sie mit der Fertigstellung des Spiels?

Putz: Derzeit arbeiten wir am letzten Feinschliff, der Publisher hat uns noch einen Extramonat Zeit gegeben, um das Spiel aufzupolieren. Am 5. Dezember wollen wir fertig sein, dann kommt das Spiel zu Microsoft, um sich die Zertifizierung für die Xbox 360 abzuholen und geht dann in die Produktion.

ORF.at: Wie sind Sie zur Spieleentwicklung gekommen?

Putz: Klaus Hufnagl-Abraham und ich haben beide an der TU Graz studiert und uns ab 1995 mit gemeinsamen Projekten, zum Beispiel der Produktion von Multimedia-CDs, das Studium finanziert. 1999 haben wir für Flow, Hersteller von Snowboard-Bindungen und -Schuhen, ein Werbespiel konzipiert, das als Zugabe bei Schuhen und Bindungen ausgeliefert wurde, aber auch als Download verfügbar war und einige Hundertausend Male heruntergeladen wurde. Das haben wir später auch als Freeware veröffentlicht. 2003 haben wir dann mit dem Konzept für ein größeres Snowboard-Spiel begonnen, das unter dem Titel "Stoked Rider" im April 2006 auf den Markt kam. Zwei Wochen später ist unsere Hauptfigur Tommy Brunner bei einem Lawinenabgang ums Leben gekommen, und wir haben das Spiel dann umgebrandet und mit einem Alien als Hauptfigur im Herbst nochmal auf den Markt gebracht. Durch das Spiel wurde Apple auf uns aufmerksam und hat uns nach Cupertino eingeladen, wo wir auf der Macworld ausgestellt haben. Zu dem Zeitpunkt wollten wir unsere Spiele noch im Direktvertrieb vertreiben, sind dann aber draufgekommen, dass ein größerer Publisher doch sinnvoller wäre und mit Destineer haben wir auch einen gefunden. 2007 haben wir schließlich mit der Entwicklung des aktuellen Titels begonnen. Weihnachten 2007 kam mit "Drop Point Alaska" eine Art Preview unseres aktuellen Titels exklusiv für Mac auf den Markt.

ORF.at: Inwieweit hatte Ihre Ausbildung an der TU Graz mit Ihrer Spezialisierung auf Computergrafik Einfluss auf Ihre berufliche Entwicklung?

Vexcel

Vexcel ist wie Bongfish ein Spin-off der Technischen Universität Graz und arbeitet seit 1985 im Bereich Kartografie, mit Fokus auf Hardware und Algorithmen, seit 2006 unter dem Namen Microsoft Photogrammetry.

Hermann Maurer

Hermann Maurer wurde 1978 zum ersten ordentlichen Professor für Informatik an der Technischen Universität Graz berufen und ist heute Vorstand des Instituts für Informationssysteme und Computer-Medien.

Die in der Öffentlichkeit bekanntesten Projekte mit Maurers Beteiligung sind der österreichische Bildschirmtext-Computer Mupid und das Wissensmanagement-System Hyperwave.

Putz: Sicher einen großen. Hermann Maurer und Vexcel-Gründer Franz Leberl haben zum Beispiel unsere Diplomarbeiten betreut. Vexcel wurde ja 2006 von Microsoft aufgekauft und liefert nun Bilder für Microsofts Virtual Earth. Es hat aber auch etwas mit dem Umfeld zu tun: So waren wir etwa Teil des Science Parks Graz, der Akademikern beim Schritt in die Selbstständigkeit hilft.

ORF.at: Und heute? Inwieweit ist Graz als Standort heute für Sie als Firma noch wichtig?

Putz: Die Spieleentwicklung ist mittlerweile global, es ist eigentlich egal, wo man sitzt. Wichtig ist, dass man gute Leute bekommt und von der TU Graz und der Fachhochschule Joanneum kommen regelmäßig super ausgebildete Leute, denen wir in Graz eine hohe Lebensqualität bieten können. auch die Lebenshaltungskosten sind in Graz deutlich niedriger als etwa in Wien. Selbst die jungen Leute legen auf Lebensqualität bereits Wert, und die Alternativen, wie für Electronic Arts in Los Angeles oder mit 5.000 Menschen für Ubisoft in Montreal zu arbeiten, sind da im Vergleich eher erschreckend. Übrigens leben und profitieren auch der Autozulieferer Magna und der Motorenspezialist AVL von den Absolventen der TU Graz.

ORF.at: Birgt eine starke Annäherung zwischen Forschung und Wirtschaft nicht auch Gefahren? Gerade in Europa wird ein Universitätsstudium nicht unbedingt als Berufsausbildung verstanden und die starke Annäherung der US-Universitäten an die Wirtschaft oft kritisiert.

Putz: Ich denke, es gibt Platz für beides. Einerseits ist es wichtig, dass Forschung auch abseits finanzieller Interessen betrieben wird, andererseits braucht die Wirtschaft qualifizierte und gut ausgebildete Arbeitskräfte. Wir sind mit den Ausbildungsstätten in Graz sehr zufrieden, alleine zwei Drittel unserer Artists kommen von der Fachhochschule Joanneum. Wir bilden unsere Leute dann aber auch selbst weiter aus.

ORF.at: Können Sie nur rein von der Spieleentwicklung leben oder müssen Sie Ihre 25 Mitarbeiter auch mit anderen Projekten durchfüttern? Was kommt nach "Stoked"?

Putz: Wir entwickeln nur Spiele und haben mit unserem Publisher einen guten finanziellen Background. Wir werden sicher auf dem von uns eingeschlagenen Weg weitermachen und uns dabei auf Konsolenspiele im High-End-Bereich konzentrieren. Über neue Projekte wollen wir noch nicht reden. Im Moment konzentrieren wir uns ganz auf "Stoked".

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(futurezone/Nadja Igler)