© APA/Guenter R. Artinger, Wissenschaftsminister Johannes Hahn bei der Stimmabgabe

Bundesrechenzentrum wickelt E-Voting ab

DEMOKRATIE
03.12.2008

Der Auftrag für die Abwicklung des E-Votings bei der kommenden Wahl der Österreichischen Hochschülerschaft (ÖH) im Mai 2009 ist vergeben. Das Wissenschaftsministerium hat das Bundesrechenzentrum (BRZ) mit Anpassung und Betrieb der vom spanischen Anbieter Scytl zugekauften Wahlsoftware sowie der Sicherheitsüberprüfung während der Abstimmungen betraut.

Damit ist die Durchführung der ersten Wahl per Internet in Österreich fix - trotz anhaltender Proteste der ÖH-Bundesvertretung. Diese sieht das freie und geheime Wahlrecht gefährdet und befürchtet Manipulation. Für den heutigen Mittwoch hat Wissenschaftsminister Johannes Hahn zu einer E-Voting-Enquete geladen.

Zuletzt hatte es Probleme mit der Ausschreibung des eigentlichen E-Voting-Systems gegeben. Das Wissenschaftsministerium hatte die Ausschreibung nach Protesten von Mitbewerbern zurückgezogen. "Wir wollten rechtliche Auseinandersetzungen und die damit verbundenen Verzögerungen vermeiden", so ein Sprecher des Wissenschaftsministeriums zu ORF.at. Nun habe man zum Instrument der In-House-Vergabe gegriffen. "Das Bundesrechenzentrum ist unser Leading Partner", so der Sprecher.

Nach Auskunft des Bundesrechenzentrums gegenüber ORF.at stammt die eingesetzte Software vom spanischen E-Voting-Anbieter Scytl. Auch ein Konsortium unter Teilnahme von Siemens hatte sich um den wichtigen Auftrag bemüht. "Wir haben uns für Scytl entschieden, weil die Firma auf dem Weltmarkt führend in Sachen E-Voting ist", so der Sprecher des Wissenschaftsministeriums.

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Günther Lauer, der im BRZ für die Abwicklung des E-Votings verantwortlich ist, sieht keine Gefahr, dass Ergebnisse verfälscht werden könnten. "Es wäre ein Riesenaufwand und würde außerdem von uns entdeckt werden." Auch das freie Wahlrecht sei garantiert, da die Stimme sofort nach der Wahl verschlüsselt werde: Sie werde von den persönlichen Daten getrennt und die Stimmen durchmischt, damit der Abgabezeitpunkt keinen Anhaltspunkt liefere.

"Es kann also nicht nachvollzogen werden, wer wie gewählt hat", so Lauer gegenüber der APA. Nur durch die zehnköpfige Wahlkommission könne die Stimme wieder entschlüsselt werden. Eines der zahlreichen Probleme beim E-Voting besteht darin, dass die Anforderungen an Wahlbeobachter signifikant höher sind als bei Papierwahlen.

"Skepsis gegenüber neuen Medien"

Die Kritik am E-Voting führt Lauer auf generelle Skepsis gegenüber neuen Medien zurück. "Da gibt es immer Angst vor Manipulation. Man kann nur das Vertrauen stärken, indem man ein sehr transparentes Verfahren anwendet." Das BRZ ist schon jetzt etwa für die digitale Zertifizierung von E-Card und elektronischem Reisepass verantwortlich.

Im vergangenen Herbst hatte Wissenschaftsminister Johannes Hahn (ÖVP) erstmals seine Pläne für E-Voting bei den ÖH-Wahlen publik gemacht. Als Alternative zur Papierwahl soll in der Woche davor eine elektronische Stimmabgabe möglich sein. Dafür müssen die Studenten allerdings zunächst ihre E-Card zur "Bürgerkarte" aufrüsten, die mittels elektronischer Signatur das Erledigen von Verwaltungswegen über das Internet ermöglicht. Die Verbreitung solcher "Bürgerkarten" ist derzeit allerdings - auch unter Studenten - sehr gering. Im Rahmen der Kampagne haben bisher knapp 1.900 Studenten ihre E-Card erweitern lassen.

Einsatz bei Nationalratswahlen

Die ÖH-Wahlen sind ein wichtiger Testlauf für das österreichische E-Voting-Konzept, das Wahlen mit Bürgerkarten-Identifikation über das Internet vorsieht. Reinhard Posch, CIO der Bundesregierung, erwartet den Einsatz eines solchen E-Voting-Systems bei Nationalratswahlen frühestens 2018.

Sicherheitscode kann mitprotokolliert werden

Deshalb hat das Wissenschaftsministerium im Oktober eine Kampagne zu deren Verbreitung gestartet, bis Ende Jänner können Studenten ihre E-Card kostenlos um die Funktion der elektronischen Signatur erweitern und bekommen dazu ein Chipkarten-Lesegerät. Die Fachschaftslisten (FLÖ) kritisieren allerdings, dass diese Gratislesegeräte der Sicherheitsklasse eins von drei angehören, bei denen der Sicherheitscode über den PC eingegeben wird. "Wenn ein Virus am Rechner ist, kann der PIN mitgelesen werden", warnt FLÖ-Pressesprecher Markus Hauser. Keylogger können Tastatureingaben mitprotokollieren und an Dritte übertragen, ohne dass der Nutzer etwas davon mitbekommt.

(APA/futurezone)