BKA-Gesetz passiert Vermittlungsausschuss

DEUTSCHLAND
17.12.2008

SPD und Union haben sich im Vermittlungsausschuss von Bundesrat und Bundestag auf Änderungen am BKA-Gesetz geeinigt. Die Opposition sieht das Gesetz als tiefen Einschnitt in die Bürgerrechte. Auch eine Klage vor dem deutschen Bundesverfassungsgericht gegen das Gesetz wurde bereits angekündigt.

Der Vermittlungsausschuss von deutschem Bundestag und Bundesrat billigte am Mittwoch einen bereits zuvor von der Großen Koalition gefundenen Kompromiss zum umstrittenen BKA-Gesetz. Dieses erlaubt unter anderem die verdeckte Online-Durchsuchung von Computern Verdächtiger und schafft bei Gefahrenabwehr das Zeugnisverweigerungsrecht für Ärzte, Journalisten und nicht in den untersuchten Fall involvierte Strafverteidiger ab.

Zitterpartie im Bundesrat

Die Vermittlungsergebnisse sollen noch bis Ende der Woche von Bundestag und Bundesrat gebilligt werden. Beim BKA-Gesetz bleiben FDP, Grüne und Linke bei ihrer Ablehnung. Die von ihnen mitregierten Länder werden sich deshalb am Freitag im Bundesrat enthalten. Stimmen alle SPD-Landespolitiker mit, gibt es eine knappe Mehrheit für das Gesetz. Es soll am 1. Jänner in Kraft treten.

Bei den umstrittenen neuen Möglichkeiten des Bundeskriminalamtes (BKA) zur Bekämpfung von Terrorismus wurde zuvor schon der von der Großen Koalition ausgehandelte Kompromiss bestätigt. Danach ist für Online-Durchsuchungen von Computern auch in Eilfällen die Erlaubnis eines Richters nötig. Außerdem werden die Kompetenzen von Bund und Ländern klarer abgegrenzt.

Kritik der Opposition

Die Opposition kritisierte auch die neuen Regeln zur Online-Durchsuchung als völlig ungenügend. Die FDP blieb bei ihrer Ansicht, dass auch der neue Entwurf nicht verfassungsgemäß sei. "Das Vermittlungsergebnis macht aus einem sehr schlechten Gesetz ein schlechtes Gesetz", sagte FDP-Innenexpertin Gisela Piltz. Die Änderungen bei der Online-Durchsuchung seien "marginal", beim Kernbereichsschutz "lächerlich".

Der Vermittlungsausschuss beschloss als Reaktion auf den Widerspruch der Länderkammer von Ende November, dass bei der heimlichen Online-Durchsuchung immer ein Richter die Genehmigung erteilen muss. Die Möglichkeit für das BKA, in Eilfällen bei "Gefahr im Verzug" diese Durchsuchung zu starten und die richterliche Genehmigung erst im Nachhinein einzuholen, wurde gestrichen.

Geändert wurde auch die Regelung, wonach die Feststellung, ob gesammelte Daten den Kernbereich des Privatlebens betreffen und dann nicht verwendet werden dürfen, nur im Streitfall einem Richter überlassen wird. Jetzt steht die Auswertung durch zwei BKA-Beamte und einen BKA-Datenschützer unter der "Sachleitung" eines Richters. Bei der Aufgabenteilung zwischen Bund und Ländern wurde darüber hinaus eine Formulierung geändert.

"Angriff auf die Bürgerrechte"

Die Linke nannte den Kompromiss von Union und SPD beim BKA-Gesetz "eine Blamage für die SPD". Innenexpertin Ulla Jelpke sagte: "Die SPD-Vertreter aus den Ländern haben vor einigen Wochen die Backen aufgeblasen - herausgekommen ist jetzt nur heiße Luft." Die Präzisierung der Kompetenzverteilung sei "eine Farce". Auch die Änderungen bei der Online-Durchsuchung nannte sie ungenügend. Darüber hinaus kritisierte sie ebenso wie FDP und Grüne vehement, dass es bei den geplanten Einschränkungen des Zeugnisverweigerungsrechts für Journalisten, Juristen und Ärzte bleibe. Das Gesetz sei "ein Angriff auf die Bürgerrechte".

Auch die Grünen übten scharfe Kritik. Ihre Innenexperten im Bundestag, Volker Beck und Wolfgang Wieland, sprachen vom "Bürgerrechtskiller BKA-Gesetz". Die "Sachleitung" durch einen Richter bei der Datenauswertung sei "Augenwischerei". Die "Parallelkompetenzen" von Bund und Ländern bei der Terrorbekämpfung würden bleiben. Und es bleibe auch dabei, dass das BKA zum "deutschen FBI" werde und nur auf vage Vermutungen hin aktiv werde.

Klage angekündigt

Der frühere Bundesinnenminister Gerhart Baum (FDP) kündigte eine Klage gegen das BKA-Gesetz vor dem Bundesverfassungsgerichtshof an. Vor allem der Schutz der privaten Lebensgestaltung sowie das Zeugnisverweigerungsrecht für Ärzte und Journalisten blieben mangelhaft. "Wir werden die Beschwerde Anfang Januar einreichen", kündigte der FDP-Politiker an. Seinen Angaben zufolge werden weitere Personen die Klage unterstützen.

Polizeigewerkschaft kritisiert Einschnitte

Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) forderte hingegen eine rasche Verabschiedung des Gesetzes. Die Änderungen an dem Gesetz begrüßte ihr Vorsitzender Rainer Wendt. Auch er übte aber Kritik an der Einschränkung des Zeugnisverweigerungsrechts für Journalisten.

Die Justizsenatorin von Berlin, Gisela von der Aue (SPD), hatte Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) kurz vor der Sitzung des Vermittlungsausschusses scharf angegriffen. Von der Aue sagte Sueddeutsche.de, Schäuble erwecke den Eindruck, er wolle so etwas wie eine "Bundessuperpolizei". Eine solche Polizei sei aber "weder erforderlich noch sinnvoll". Mit dem BKA-Gesetz werde es für "viele Berufsgruppen deutlich schwieriger, ein Vertrauensverhältnis zu Mandanten oder Informanten aufzubauen". Journalisten und Anwälte hätten künftig damit zu rechnen, "abgehört zu werden oder Informationen preisgeben zu müssen".

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(dpa/AFP/futurezone)