© Fotolia/Ilja Mašík, Silhouette einer Frau, die vor dem Computer sitzt.

Kununu: Anonyme Noten für den Chef

START-UP
23.12.2008

"Die Jobs, die wir lieben", lautet das Motto des Wiener Start-ups Kununu. User können sich auf der Internet-Plattform ein Bild von ihren potenziellen künftigen Arbeitgebern machen. Die Bewertungen und Informationen liefern primär Arbeitnehmer, und das anonym - Teil elf der futurezone.ORF.at-Serie "Start-up-Geschichten".

"Das Wort 'Kununu' stammt aus dem Suaheli und bedeutet so viel wie 'unbeschriebenes Blatt'", erklärt Martin Poreda, der gemeinsam mit Bruder Mark die Plattform im Juni 2007 startete. In diesem Sinne sei auch "ein Unternehmen für einen Bewerber ein unbeschriebenes Blatt, das er nicht kennt und über das er mehr wissen will", so Poreda im Gespräch mit ORF.at.

Kununu bietet Arbeitnehmern in Österreich, Deutschland und der Schweiz die Möglichkeit, die Situation am Arbeitsplatz anonym zu bewerten. Der Beurteilung unterliegen Privatunternehmen ebenso wie Vereine und Behörden. Die User-Informationen werden zum Teil durch jene der Arbeitgeber ergänzt. "Damit liefert Kununu auf positive Art und Weise Aufschluss über Arbeitsverhältnisse in Firmen", heißt es in der hauseigenen Broschüre.

Mark (li.) und Martin Poreda: Martin bringt mit seinem Personalmanagement-Studium das Wissen über Arbeitnehmer ein. Bruder Mark kümmert sich um das Technische, er programmierte die Plattform.

3.500 Bewertungen für Österreich

Kununu sieht sich als größte Arbeitgeber-Bewertungsplattform im deutschsprachigen Raum. Derzeit sind es etwa 450.000 User monatlich, die auf die Firmenbenotungen durch aktive oder ehemalige Mitarbeiter zurückgreifen. Bis dato zählt die Plattform über 21.000 Bewertungen, knapp 3.500 kommen aus Österreich.

Primär sind es die anonymen Angaben der Arbeitnehmer, die den Content der Site ausmachen. Dafür stehen drei Fragebögen zur Auswahl: das Express- (für die eiligen User) und das Standard-Formular (die Langversion) für Arbeitsplatzsituation, Personal und eventuelle Lohnnebenleistungen sowie der Bewerbungsbogen, mit dem das Vorstellungsgespräch bewertet werden kann.

Zensur bei Hetze

Wichtig ist den Betreibern der Website, dass die Benotung objektiv erfolgt, keine Hetze betrieben wird und vor allem keine Namen von Personen genannt werden. "Diese Kommentare bringen nichts, weil zum Beispiel der Geschäftsführer morgen schon wieder ein anderer sein kann", so Mark Poreda. Deshalb sind die Angaben auf den Fragebögen auch im Nachhinein änderbar.

Die Bewertungen durchlaufen zum Schluss zwei Filter. Der technische Filter erkennt ungültige Angaben wie etwa falsche E-Mail-Adressen, und der manuelle Filter sorgt dafür, dass "subtile Verstöße gefiltert werden", so Martin Poreda. Etwa fünf Prozent der täglich abgegebenen Bewertungen werden aus diesen Gründen vom Team inaktiv gesetzt.

Strategien gegen Manipulation

"Manipulation passiert sicher, bei Angaben zu kleinen Firmen auf alle Fälle", sagt Mark Poreda. Um etwa Mehrfachbewertungen zu verhindern, kann unter einer E-Mail-Adresse nur eine Bewertung abgegeben werden. Darüber hinaus gibt es noch andere Kontrollmechanismen, die der Programmierer jedoch nicht bekanntgeben wollte.

Arbeitnehmer bewerten ihren Arbeitsplatz:

Durchschnittlich sind es 100 Bewertungen, die täglich einlangen, davon sind rund 70 Prozent neu und 30 Prozent Änderungen von bereits abgegebenen Benotungen. Der Traffic der Site bewegt sich derzeit zwischen 15.000 und 20.000 Usern am Tag, "30 Prozent davon machen Leser aus Österreich aus", erläutert Martin Poreda.

Einfluss der Arbeitgeber

Auch für die Anliegen der Arbeitgeber bietet die Plattform Platz. Diese reagieren zum Teil auf die Bewertungen in Form von Stellungnahmen. Diese offiziellen Reaktionen seitens der Unternehmen werden von Kununu geprüft, indem eine Authentifizierung verlangt wird. Erst danach gibt es für diese einen eigenen User-Account, der mit dem Firmenlogo gekennzeichnet ist.

Finanziert wird Kununu von den Arbeitgebern: Neben Online-Werbung kann auch Platz für das eigene Firmenprofil und ein Präsentationsvideo vom Unternehmen gebucht werden. Die vierte Einnahmequelle ist die Jobbörse. "Für die Personalverantwortlichen von Unternehmen dient die Bewertungsplattform auch als Recruiting-Pool", so Martin Poreda. Gegen ein Entgelt werden täglich die Stellenmarktangebote auf den Websites der Unternehmen gecrawlt und bei Kununu eingegliedert.

Pläne für die Zukunft

Für die Zukunft haben sich die Brüder weitere Services überlegt. Fix sei bereits die Kooperation mit dem elektronischen Telefon- und Branchenbuch Herold, die noch 2008 passieren soll. Neben der Telefonnummer eines Unternehmens werden künftig auch die Bewertungsinformationen von Kununu zu sehen sein.

Demnächst umgesetzt werden soll die anonyme Kommunikationsmöglichkeit auf der Plattform. Stellt ein User eine Frage zu einem Unternehmen, "dann wird diese an alle, die dieses Unternehmen bereits bewertet haben, anonym weitergeleitet", erklärt Mark Poreda. Eventuelle Reaktionen darauf sollen ebenfalls anonym zugestellt werden.

Im Rahmen der Serie "Start-up-Geschichten" berichtet futurezone.ORF.at in loser Folge über innovative Web- und IT-Dienste mit Österreich-Bezug.

Infos zu Diversity-Management

Geplant sei auch, die Suchfunktionen zu erweitern, insbesondere die Suche von Unternehmen über deren Lohnnebenleistungen wie etwa, ob Hunde am Arbeitsplatz erlaubt sind. "Es gab auch schon mehrere Anfragen von Homosexuellen, ob es Informationen zum Diversity-Management von Unternehmen gibt", erklärt Martin Poreda. Die Brüder überlegen, diese Auskunft in Zukunft auch in das Formular zu integrieren.

Langfristig spekulieren die Poredas über ein eventuelles Printprodukt. "Eine Mischung aus redaktionellem Teil, kombiniert mit den Bewertungsdaten von der Plattform", so Martin Poreda. Viel konkreter dafür ist die Angabe zum Break-even: "Den wollen wir 2009 schaffen."

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(futurezone/Claudia Glechner)