© Fotolia/Peter Kunz, Riesenrad in Wien

Geoinformation und Bürgerbeteiligung

SERIE
08.01.2009

Das aus einem Fachhochschulprojekt hervorgegangene Wiener Start-up YouXcity verschränkt Geoinformationsdaten mit Bürgermeinungen und will seine Nutzer zur aktiven Mitgestaltung des Lebensraums in der Stadt animieren. Teil zwölf der futurezone.ORF.at-Serie "Start-up-Geschichten".

Wie die Rottstraße in Wien-Penzing aussehen könnte, wenn anstatt parkender Autos Bäume den Straßenrand säumen würden, skizziert ein Nutzer mit dem bezeichnenden Namen "gruen" auf dem im vergangenen Jahr gestarteten kollaborativen Stadt-Weblog YouXcity. Eine Allee von Tannenbäumen ziert auf der von ihm veröffentlichten Bildmontage den ansonsten eher tristen Straßenzug. "Gruen" ist einer von derzeit rund 150 Usern, die YouXcity (sprich: you cross the city) dazu nutzen, ihre Meinung über das Leben in Wien kundzutun. Illegales Parken in der Grundsteingasse in Ottakring ist auf der Plattform ebenso Thema wie ein neuer Biosupermarkt in der Lindengasse (Wien-Neubau) oder das tägliche Verkehrschaos in der Berggasse im neunten Bezirk.

Im Rahmen der Serie "Start-up-Geschichten" berichtet futurezone.ORF.at in loser Folge über innovative Web- und IT-Dienste mit Österreich-Bezug.

"Mit YouXcity sollen Nutzer den Lebensraum Wien zur Diskussion stellen und aktiv mitgestalten können", sagt Jürgen Kropax, Mitgründer und Geschäftsführer des jungen Unternehmens. Nutzer des Cityblogs können auf einem interaktiven Stadtplan Punkte (sogenannte YouX) definieren und ihre Meinung dazu in Wort und Bild (bald auch Videos) posten.

Stimmungsbarometer

Daneben lassen sich die auf der Wien-Karte markierten Punkte in zehn Kategorien von Wohnen und Arbeiten bis hin zu Sicherheit und Gesundheit bewerten. Das so entstehende "City-Barometer" gibt lebensnah Auskunft über die Stimmung in der Stadt, und die ist, glaubt man den Einträgen der YouXcity-Nutzer, gar nicht so schlecht.

Der Stadt Wien hänge zwar der Ruf der "Raunzerzone" nach, meint Martin Kaltenböck, kaufmännischer Geschäftsführer von YouXcity, tatsächlich sei der Großteil der Einträge jedoch positiv. Durch die Sichtweise der Anrainer auf die Stadt würden jedoch auch Probleme sichtbar gemacht und diskutiert.

YouXcity-Geschäftsführer Jürgen Kropax ...

... und Martin Kaltenböck: "Geoinformationssysteme ermöglichen ein intuitives Informationsmanagement."

Von der Fachhochschule ins richtige Leben

Die Idee zum geobasierten Cityblog entstand im Rahmen eines Projekts des Studiengangs Wissensmanagement an der Fachhochschule Wien. Aufgabe war, eine Online-Plattform zu entwickeln, auf der mit Hilfe von Geoinformationsdaten mehr Bürgerbeteiligung möglich wird. Das von sechs Studierenden entwickelte Konzept stieß auch beim Wiener Zentrum für Innovation und Technologie (ZIT) auf Interesse, das das Projekt 2007 als förderungswürdig einstufte und die Basisfinanzierung übernahm. Im Juli 2008 ging schließlich die Betaversion der Plattform online. Seit Dezember ist eine überarbeitete Version im Netz.

Die technologische Basis für die Plattform bildet das Software-Framework YouXcity Geosys, das Karten von Google Maps mit einem Content Management System (CMS) und dem Yahoo User Interface (YUI) verschränkt. Entwickelt wurde das Framework vom Wienter IT-Unternehmen punkt.net-Services, mit dem das Start-up auch beim Vertrieb der technologischen Lösung kooperiert.

"In verschiedenen Branchen einsetzbar"

Geld verdienen will YouXcity nämlich nicht mit Werbung, sondern mit dem Verkauf seiner Applikation an Institutionen und Unternehmen. "Geoinformationssysteme sind in diversen Branchen einsetzbar", meint Kaltenböck. Derzeit seien Gespräche mit potenziellen Kunden aus dem Bildungs-, Verwaltungs- und Immobilienbereich im Gange.

"Wir überlegen uns gemeinsam mit unseren Kunden, wie sie unser System für ihre Bedürfnisse verwenden können", erläutert Kaltenböck. YouXcity fungiere dabei als "Herzeigeprojekt" und Prototyp. Vorstellbar sei etwa der Einsatz des Systems im fächerübergreifenden EDV-Unterricht an Österreichs Schulen, als Plattform zur Immobiliensuche und als Wegweiser zu Kulturveranstaltungen.

Anbindung an Facebook, Flickr & Co.

Neben dem Verkauf seiner Applikation arbeitet das sechsköpfige Team an der Weiterentwicklung seiner Vorzeigeplattform. In den nächsten Monaten soll YouXcity besser mit bestehenden Social-Networking- und Mitmach-Web-Plattformen wie Flickr, YouTube und Facebook verzahnt werden. Auch eine mobile Version ist angedacht. Dabei sollen etwa Meinungen zur Stadt vor Ort über das Handy gepostet und abgefragt werden können.

Als Konkurrenz zu Empfehlungsplattformen wie Qype und tupalo sehen die YouXcity-Macher ihre Plattform nicht. Natürlich könnten User auch Lokalempfehlungen und Stadttipps posten, so Kaltenböck. "Im Zentrum steht aber die Meinungsäußerung zum Lebensraum."

Zusammenarbeit mit Bürgerinitiativen

Nicht zuletzt deshalb soll künftig auch die Zusammenarbeit mit Bürgerinitiativen intensiviert werden. Einige Initiativen würden ihre Anliegen bereits über die Plattform kommunizieren, so Kaltenböck: "Die sind extrem aktiv." In einem nächsten Schritt will YouXcity auch gezielt an die Bezirksverwaltungen herantreten. "Bürgerbeteiligung macht nur dann Sinn, wenn die Verantwortlichen auf Vorschläge und Kritik reagieren", meint Kaltenböck.

An eine Ausweitung des Angebots auf andere Städte ist vorerst nicht gedacht. "Wir wollen zunächst den Raum Wien mit unserer Plattform abdecken", so die Gründer. "Da gibt es fast zwei Millionen potenzielle Nutzer."

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(futurezone/Patrick Dax)