Chip-Reisepass für Kinder ab zwölf
Das EU-Parlament hat einer Verordnung zugestimmt, nach der auch Kinder ab zwölf Jahren bei Auslandsreisen einen eigenen Reisepass mit eingebautem Chip bei sich tragen müssen. Dabei werden auch zwei Fingerabdrücke der Zwölfjährigen erfasst. Auch die Erfassung der Fingerabdrücke in einer zentralen Datenbank der EU ist bereits geplant.
Seit 2004 arbeitet die EU an einer Änderung der Verordnung 2252/2004 des Ministerrates über Normen für Sicherheitsmerkmale und biometrische Daten in Pässen und anderen Reisedokumenten.
Bei seiner Sitzung am Mittwoch in Straßburg hat nun das EU-Parlament mit 594 Ja-Stimmen, 51 Gegenstimmen und 37 Enthaltungen in erster Lesung seine Zustimmung zu dem Kompromiss erteilt. In der Debatte am Dienstag hatten sich Vertreter sowohl der Europäischen Volkspartei als auch der Sozialdemokraten für den Kompromiss ausgesprochen.
Bei den Verhandlungen im Vorfeld hatte das Parlament durchgesetzt, dass erst Kinder ab zwölf Jahren eigene Pässe besitzen und ihre Fingerabdrücke abgeben müssen. Die Kommission wollte den Kindern schon ab sechs Jahren die Fingerabdrücke abnehmen lassen.
Die Daten werden nach den Empfehlungen der Internationalen Luftfahrtorganisation (ICAO) erfasst, die um zusätzliche Sicherheitsmerkmale ergänzt wurden. Die Person, die den Pass beantragt, muss zwei Finger flach auf einen speziellen Scanner legen. Für behinderte Personen, denen keine Fingerabdrücke abgenommen werden können, gibt es Ausnahmeregeln.
Innenausschuss stimmt Passgesetz zu
Der Innenausschuss des Nationalrats hat am Mittwoch mit den Stimmen der Regierungskoalition sowie der FPÖ und des BZÖ der Novelle des Passgesetzes zugestimmt, das die Integration von Fingerabdrücken in Reisepässen gemäß EU-Verordnung erlaubt. Die Fingerabdrücke müssen auch bei der Passbehörde gespeichert werden, um sie bei weiteren Antragstellung "für Vergleichszwecke" zur Verfügung zu haben, so die Parlamentskorrespondenz. Diese Daten sollen nach zwei Monaten ab Antragstellung gelöscht werden.
Weiters sollen Jugendliche unter 16 Jahren Personalausweise erhalten, die farblich nach Altersstufen codiert sind.
Zentrale Datenbank
Die Daten auf den Pass-Chips werden an Kontrollpunkten vorerst nur lokal abgeglichen, es wird mit Lesegeräten geprüft, ob die Fingerabdrücke des Passinhabers mit jenen übereinstimmen, die auf dem Chip gespeichert sind. In den Kommentaren des Berichterstatters des EU-Parlaments, des portugiesischen Christdemokraten Paulo Coelho, ist bereits davon die Rede, dass die Fingerabdruckdaten der Kinder "in einer europäischen Datenbank" zentral gespeichert werden sollen. Coelho kritisierte in seinem Bericht auch, dass die Kommission es versäumt habe, den Europäischen Datenschutzbeauftragten zu konsultieren.
Möglich wäre eine Integration in das Schengen-Informationssystem SIS II, das Fingerabdruckdaten verarbeiten kann. Nebeneffekt: Im Lauf der Zeit entsteht eine Datenbank, in der die Fingerabdrücke aller EU-Bürger gespeichert sind.
Ohne eine solche zentrale Datenbank würde auch die offizielle Begründung der EU-Stellen für die Einführung der Chip-Pässe für Kinder wenig Sinn ergeben. Die EU will, dass damit Kindesentführungen und Kinderhandel eingedämmt werden sollen. Die Mitgliedsstaaten müssen die Verordnung in Bezug auf das Gesichtsbild spätestens 18 Monate und in Bezug auf die Fingerabdrücke 36 Monate nach deren Inkrafttreten umgesetzt haben. Entsprechende Termine für die Umsetzung in Österreich gibt es noch nicht.
Umsetzung in Österreich
Der wichtigste Grundsatz der neuen Verordnung lautet "eine Person - ein Pass". Damit wird es ab 2012 nicht mehr möglich sein, wie bisher Kinder unter zwölf Jahren in die Pässe der Eltern eintragen zu lassen. Damit kommen bei Ausstellung von Reisedokumenten auch höhere Kosten auf Eltern zu.
Ein Kind nachträglich in den Reisepass eintragen zu lassen kostet derzeit 26,30 Euro, ein Kinderpass ohne Chip - bisher in Österreich nicht vorgeschrieben - kostet 26,30 Euro. Ein Kinderpass mit Chip schlägt mit 69,90 Euro zu Buche. Bei Ausstellung eines neuen Reisepasses für einen Elternteil war die Aufnahme von Kindern unter zwölf Jahren bisher kostenlos.
In Österreich müssen Antragsteller für die Produktion neuer Reisepässe im 2. Quartal 2009 ihre Fingerabdrücke abgeben. Die bisher ausgestellten Pässe für Erwachsene und Kinder bleiben bis Ablauf gültig.
Kritik an Sicherheitsmerkmalen
Bürgerrechtsorganisationen wie der deutsche Chaos Computer Club haben wiederholt die Integration von Fingerabdrucksdaten in die Reisepässe als teures Sicherheits-Placebo kritisiert. CCC-Hacker Starbug hat wiederholt demonstriert, wie die Fingerabdruckscanner mit einfachen Haushaltsmitteln ausgetrickst werden können. Dazu nimmt er einen beliebigen Fingerabdruck von einer glatten Fläche ab und reproduziert ihn mit Hilfe von Haushaltskleber. Die fertige Attrappe wird über den Finger gelegt und ist kaum sichtbar.
(futurezone/Günter Hack)