© Fotolia/Daniel Gilbey, Buch auf einem Laptop

Österreichs Rechteinhaber gegen Google

LITERATUR
19.01.2009

Rechteverwertungsgesellschaften, Autoren und Verleger aus dem deutschsprachigen Raum versuchen derzeit, ihre Rechte gegenüber dem Programm Google Book Search in den USA geltend zu machen. Auch die Möglichkeit, einen Einspruch gegen den mühsam erzielten jüngsten Vergleich zwischen US-Rechteinhabern und Google zu erwirken, steht dabei im Raum.

Die Literar-Mechana, die IG Autorinnen Autoren und der Hauptverband des österreichischen Buchhandels versuchen die Rechte von Urhebern und Verlegern gegenüber der Internet-Plattform Google zu wahren. Gleichzeitig führe man intensive Gespräche "mit deutschen, Schweizer und sonstigen europäischen Partnern, um ein koordiniertes europäisches Vorgehen in den USA zu ermöglichen", hieß es am Montag in einer Aussendung. Dazu habe man auch ein Rechtsgutachten bei einer amerikanisch-deutschen Anwaltskanzlei in Auftrag gegeben.

Komplexer Vergleich

Google hatte 2004 unter dem Titel "Google Library Project" begonnen, die Bestände amerikanischer Bibliotheken zu digitalisieren, und verzichtete auf vorherige Genehmigungen durch die Rechteinhaber, indem sich das Unternehmen auf "freie Werknutzung" berief. Bisher hat Google sechs Millionen Bücher erfasst.

Die Bücher können in Google Book Search USA zwar im Volltext durchsucht werden, die Anzeige ist aber bei antiquarischen Büchern auf 20 Prozent der Seiten beschränkt. Österreichische Bibliotheken nehmen derzeit nicht am Google Library Project teil. Google hatte den Rechteinhabern auch die Möglichkeit gegeben, ihre Werke von der Erfassung auszunehmen, aber den Autoren und Verlegern war diese Opt-out-Option zu wenig. Sie klagten und kamen im Oktober 2008 vor einem New Yorker Gericht zu einem Vergleichsvorschlag, den dieses aber noch genehmigen muss.

Google als Antiquariat

Wird der vorliegende Vergleichsvorschlag vom New Yorker Gericht akzeptiert, wird Google zum Online-Antiquariat, das den Zugriff auf vergriffene digitale Bücher verkauft. Die Rechteinhaber können dabei entweder einen Preis fixieren oder diesen von einem von Google geschriebenen Algorithmus festlegen lassen. Generell sollen die Digitalisate zu Festpreisen von 1,99 bis 29,99 US-Dollar erhältlich sein.

Festgelegt werden die Preise von Google und dem noch zu schaffenden Rechteverwaltungsregister. Für Institutionen wie Bibliotheken, Firmen und Universitäten soll es Mitarbeiter-Subskriptionsmodelle geben. Ob der Zugriff auf die Bücher international freigegeben wird, bleibt dabei den Inhabern der Urheberrechte überlassen. Google führt 70 Prozent der Nettoverkaufssumme an das Register ab, das diese dann wiederum an die Rechteinhaber ausschüttet.

125 Millionen US-Dollar

Diesem Vorschlag zufolge wird Google 125 Millionen Dollar zahlen, davon sollen 34,5 Millionen in die Einrichtung eines gemeinnützigen Registers investiert werden, bei dem Rechteinhaber ihre Ansprüche geltend machen können. Der Rest geht an Verleger und Autoren der bisher gescannten Bücher.

Mittels Inseraten versucht Google derzeit auch in österreichischen Medien über diesen Vergleich zu informieren, da das eine Voraussetzung für die Genehmigung des Vergleichs darstellt. Diese Vereinbarung betrifft auch Bücher, deren Rechte bei österreichischen Inhabern liegen.

Ansprüche und Recherche

"Die Art, wie die Digitalisierung vor sich gegangen ist, also ohne vorher die Rechteinhaber zu fragen, läuft diametral der europäischen Rechtsauffassung entgegen", so Sandra Csillag, Sprecherin der Literar-Mechana, gegenüber ORF.at. Man bemühe sich, gemeinsam mit den Autoren- und Verlegerverbänden und den Verwertungsgesellschaften in Deutschland und der Schweiz ein Dienstleistungsmodell zu schaffen, über das die Rechteinhaber ihre Ansprüche an Geldern aus dem Vergleich und zukünftigen Digitalisierungsinitiativen von Google in den USA stellen können. Details dazu konnte Csillag noch nicht nennen.

Auch die Summe, um die es für die österreichischen Rechteinhaber geht, sei nur schwer zu ermitteln, so Csillag, denn Google biete erst seit dem 5. Jänner 2009 die Möglichkeit, bereits erfasste Bücher abfragen zu können - allerdings nur einzeln, was den Rechteinhabern wiederum die Recherche erschwere.

Ansprüche online prüfen

Google hat eine eigene Website eingerichtet, auf der Rechteinhaber abfragen können, ob Werke von ihnen digitalisiert worden sind. Die Website ist auch in deutscher Sprache verfügbar.

Vergriffen und digitalisiert

Google darf bis zum 5. Mai 2009 weiterdigitalisieren. Auch danach will der Konzern vergriffene Bücher einlesen, zur Durchsuchung zur Verfügung stellen und den Zugriff darauf verkaufen, wobei auch die Rechteinhaber beteiligt werden sollen. Aber auch hier gibt es noch Probleme. Csillag: "Im Vergleich ist vorgesehen, dass Google bei seinen Digitalisierungsbestrebungen auch selbst bestimmen kann, ob ein Werk in den USA vergriffen ist oder nicht."

Die Rechteinhaber müssten sich folglich selbst um Kompensation bemühen. Ihnen stehen laut Vergleichsvorschlag 63 Prozent an den Einnahmen mit antiquarischen Digitalisaten in Googles US-Angebot zu.

Rechteinhaber bündeln die Kräfte

"Die Ansprüche auf Kompensation für die bisher digitalisierten Bücher müssen bis zum 5. Jänner 2010 gestellt werden", so die Sprecherin der Literar-Mechana, "Einwände zum Vergleich bis zum 5. Mai 2009." Es sei vorstellbar, dass speziell die deutschen Vertreter diesen Weg beschreiten könnten. Eine Klage in den USA käme die heimischen Verwerter zu teuer. Auch der Börsenverein des deutschen Buchhandels hatte sich Ende Oktober 2008 kritisch zum Vergleich zwischen US-Verlegern und Google geäußert und diesen als "trojanisches Pferd" bezeichnet.

"Wir wollen erreichen, dass kein deutscher Autor und Verlag Rechte verliert", kündigte der Geschäftsführer der deutschen Verwertungsgesellschaft (VG) Wort, Robert Staats, am Montag in Berlin an. Neben der VG Wort wollen der Verband deutscher Schriftsteller in der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, der Börsenverein des Deutschen Buchhandels sowie der Schweizer Buchhändler- und Verleger-Verband die Rechte ihrer Mitglieder gegenüber Google in den USA geltend machen.

"Auch für das Internet muss gelten, dass ohne Zustimmung und ohne Entgelt für die Urheber und Rechteinhaber eine Veröffentlichung nicht möglich ist", betonte der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, Olaf Zimmermann. Es sei sehr positiv, dass Autoren und Verlage jetzt gemeinsam agierten und in einer Allianz den Verlust von Rechten an Google verhindern wollten.

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(APA/futurezone/Günter Hack/dpa)