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Zu zahme Kriterien für Stromspar-PCs

ÖKOLABEL
28.01.2009

Im Bürogerätebereich ist der in den USA etablierte Energy Star das wohl bekannteste Zeichen für umweltfreundliche Geräte. Auch in der EU gelten die Anforderungen für den Energy Star. Mit 1. Juli soll die Version 5.0 in Kraft treten. Kritikern sind die neu definierten Anforderungen jedoch immer noch zu gering.

Die Vorgaben des Energy-Star-Labels zielen darauf ab, dass rund 25 Prozent der auf dem Markt befindlichen Geräte die Werte für Energieeffizienz erfüllen und somit das Label tragen sollen. Das bedingt auch eine ständige Anhebung der Kriterien, um dem permanenten Technologiefortschritt gerecht zu werden.

Der Energy Star in der EU

1992 führte die US-Umweltschutzbehörde (EPA) das internationale Kennzeichnungsprogramm für energieeffiziente Geräte erstmals ein. In den USA ist es weit verbreitet und auf unterschiedliche Produktgruppen ausgerichtet. Die EU beteiligt sich seit 2001 am Energy-Star-Programm, allerdings ausschließlich im Bereich Bürogeräte.

EU-Verordnung zum Energy-Star-Programm:

Der zwischen den USA und der EU geschlossene Vertrag zur Kooperation im Energy-Star-Programm wurde erst im Jänner 2008 verlängert (siehe veränderte Verordnung (EG) Nr. 106/2008). Privatanwender sind davon nicht betroffen. Anders jedoch die zentralen Bundesbeschaffungseinrichtungen der EU-Länder: Diese müssen seit 2008 ab einem gewissen Schwellenwert verpflichtend Bürogeräte nach Energy-Star-Kriterien erwerben.

Zu geringe Anforderungen

Das Label soll eigentlich Konsumenten dabei helfen, die energieeffizientesten Produkte auf dem Markt zu erkennen. "Zum Zeitpunkt der Einführung in der EU war das Energy-Star-Programm praktisch wirkungslos", sagte Bernhard Schäppi von der Österreichischen Energieagentur gegenüber ORF.at. Einer 2002 durchgeführten Studie zufolge hatten "je nach Produktgruppe 80 bis beinahe 100 Prozent der Bürogeräte die Energy-Star-Kriterien erfüllt".

Mittlerweile würden die Kriterien in ausreichend kurzen Abständen von der EPA aktualisiert. Heute geht der Experte davon aus, dass nur 25 bis 35 Prozent der Geräte der jeweiligen Produktgruppen das Label in der EU tragen. Die seit Juli 2007 gültige Version 4.0 dürfte einen wesentlichen Beitrag dazu geleistet haben. Mit ihr wurde unter anderem der zwingende Einsatz von "80-Plus"-Netzteilen vorgeschrieben, die bei 20 und 50 Prozent Belastung sowie unter Volllast einen Wirkungsgrad von mindestens 80 Prozent erreichen müssen.

Energy-Star-Programmrichtlinien für Computer:

Kritik an neuer Version 5.0

Die derzeit gültige Version soll ab 1. Juli 2009 durch die Version 5.0 ersetzt werden. Neben der Erweiterung der Produktgruppen um "Thin Clients" sowie der Überarbeitung und Erweiterung der Definitionen für PC-Kategorien wurden die Energieverbrauchskriterien geändert, was Kritiker auf den Plan rief.

In der derzeitigen Version sind für alle Produktgruppen die Leistungsaufnahmekriterien für Stand-by-, Sleep-, Idle- und On-Modus getrennt. In der Version 5.0 wird die "Typical Electricity Consumption" (TEC) als neues Kriterium eingeführt. Dieser "Quasi-Jahresenergieverbrauch" setzt sich aus der Summe der Energieverbräuche in den einzelnen Modi (Stand-by, Sleep und Idle), gewichtet nach den typischen jährlichen Betriebszeiten in den Modi, zusammen. "EU-seitig und auch in Österreich war man mit dem neuen Ansatz nicht besonders glücklich", meint Schäppi.

"Version unbrauchbar"

Die Österreichische Energieagentur ist gemeinsam mit dem Wirtschaftsministerium im Energy-Star-Board der EU (ECESB) vertreten. Zudem ist die Agentur auch in der technischen Arbeitsgruppe der Europäischen Kommission tätig. Zu ihren Aufgaben gehört es, technische Richtlinien zu kommentieren und die Kriterien mitzugestalten.

"Die Annahmen für die Jahresnutzungszeit in den einzelnen Betriebsmodi sind nicht unbedingt allgemein repräsentativ, da sie sich an einem von den USA definierten Nutzungsmuster orientieren", erläutert Schäppi. Zudem wird die Leistungsaufnahme im aktiven On-Modus in der neuen Version überhaupt nicht berücksichtigt.

"Ursprünglich war die Entwicklung eines umfassenden Benchmark vorgesehen", so Schäppi. Da dieser aber von der US-Seite nicht rechtzeitig finalisiert werden konnte, gebe es jetzt diese "Zwischenlösung". Testanwendungen der Österreichischen Energieagentur im Sommer vergangenen Jahres hätten gezeigt, dass die derzeitige Version unbrauchbar sei.

Das von der US-Umweltbehörde (EPA) 1992 etablierte Energy-Star-Label ist ein internationales, freiwilliges Kennzeichnungsprogramm für stromsparende Elektrogeräte. Das Label versteht sich als "Self-Certification Program". Damit unterliegt die Einhaltung der Richtlinien, um das Zertifikat auf seinem Produkt anbringen zu dürfen, dem Hersteller.

Um das Label für ein Produkt verwenden zu dürfen, muss das Unternehmen die Einhaltung der Vorgaben mittels eines Laborberichts nachweisen und diesen bei der EPA einreichen. Eine Liste der zertifizierten Produkte findet sich auf der Homepage:

Wer kontrolliert?

Eine rege Diskussion gebe es auch bezüglich des Marktmonitorings und des Testens. In Österreich gibt es laut Schäppi zu wenige Ressourcen, um Tests durchzuführen, "auch auf EU-Ebene sollte es mehr Stichproben geben". Ansonsten verlasse man sich ausschließlich auf die Angaben der Hersteller.

Wer beim Kauf von PC oder Notebook auf den Energieverbrauch achten will, sollte vor allem auf die Leistungsaufnahmen von Prozessor und Netzteil schauen. "Wer ein Gerät zu stark ausrüstet, braucht mehr Energie als notwendig", so Andreas Schiffleitner, Leiter für Technologie und Forschung beim Wiener KERP Kompetenzzentrum. Für den einfachen Konsumenten - im Gegensatz zum fortgeschrittenen User - sind die technischen Details oft schwierig bis gar nicht feststellbar. Ihnen kann das Energy-Star-Label sicher eine Hilfe bei der Kaufentscheidung sein.

Dual-Core statt Single-Core

Dual-Core-Prozessoren, die die Rechenleistung auf zwei Prozessoren aufteilen, die jeweils mit einer niedrigeren Frequenz arbeiten, seien in der Regel effizienter als ein Single-Core-Prozessor mit höherer Rechenleistung, meint Schiffleitner. Letzterer erzeugt bei mehr Rechenschritten mehr Wärme und sorgt somit für mehr Energieverlust.

Selbiges gilt für Netzteile. Auch hier geht die Umwandlung der Spannung für die einzelnen Rechnerkomponenten wie Prozessor, Grafikkarte usw. nicht verlustfrei vor sich. Normalerweise sind die Netzteile auf eine Belastung von etwa 70 bis 90 Prozent Wirkungsgrad optimiert, das heißt, es entstehen Verluste von bis zu 30 Prozent durch die Umwandlung, was nicht wenig ist.

Eigenes Label für Server ab Frühjahr 2009

Ein heikles Thema ist der neue Energy-Star-Entwurf für Server und Rechenzentren. Wirklich interessant wird die Energieeffizienz bei Hochleistungsrechnern, wo nicht nur prozentuell, sondern wirklich viel eingespart werden kann. Das neue Energy-Star-Label für Volume-Server, das heißt Server mit bis zu vier CPU-Steckplätzen, sollte ursprünglich am 1. Februar in Kraft treten. An den Gesprächen zum neuen Label sind auch die Hersteller beteiligt.

"Hier sträubt sich die Industrie gegen die neuen Vorgaben und versucht, Zeit zu gewinnen", erklärt Schäppi. Das neue Label 1.0 für Server, bei dem die energiesparende Leistungsaufnahme von Servernetzteilen und der Verbrauch im Idle-Modus im Vordergrund stehen, dürfte sich aufgrund von Diskrepanzen voraussichtlich um zwei bis drei Monate verzögern.

Studie: Unbekanntes Label

Den Haken bei freiwilligen Labels sieht Schiffleitner darin, "dass den Kunden oft nicht klar ist, was das Energy-Star-Label bedeutet". Deshalb bringe die Kennzeichnung auch nicht die Wirkung, die man sich erhoffe.

2005 führte das KERP eine Umfrage zum Bekanntheitsgrad von ökologischen Gütesiegeln in Österreich durch. Der Energy Star fand sich mit einem Bekanntheitsgrad von mageren 14 Prozent auf dem vierten Platz wieder. Noch schlechter schnitt das EU-Eco-Label mit 11,43 Prozent auf Platz sechs ab. "Für die Industrie bedeutet das Label einen zusätzlichen Kostenaufwand, der sich nicht rechnet, wenn Kunden das Zertifikat nicht bekannt ist", erklärt Schiffleitner.

Eigenes EU-Label

"Parallel zur Ökodesignrichtlinie wird an einem umfassenden Labelsystem für Europa (ECO-Flower) gearbeitet, voraussichtlich auch einem für den Bereich IT", erläutert Schäppi. Die produktspezifische Richtlinie für Computer ist schon in Vorbereitung. Die Vorstudie wurde bereits abgeschlossen und befindet sich gerade in Diskussion. Die EU baue jedoch vorläufig auf das US-Label, bei den Bürogeräten gebe es "momentan noch ein strategisches Abwarten", erklärt Schäppi.

Ein Kriterienvergleich der verschiedenen Energiesparlabels in der EU-Vorstudie zu PCs und Monitoren ergab, dass der Energy Star mit Abstand am häufigsten aufgeklebt wird und auch die strengsten Vorgaben bezüglich Leistungsaufnahmen vorlegt. Jedoch konzentriert er sich rein auf die Energieeffizienz und lässt - im Gegensatz zur Konkurrenz - Komponenten wie Umweltrisiken (Hardware) und Recyclingoptionen völlig außer Acht.

Wie es sein sollte

"Das Eco-Flower-Label der EU war in der Vergangenheit sehr zahnlos, da müssen sie sich angstrengen", kritisiert Schäppi. Am liebsten wäre dem Energy-Star-Austria-Mitarbeiter ein verpflichtendes Label für Hersteller. "Aber je komplexer die Labels sind, umso schwerfälliger werden sie."

Als einfache Methode, um bei der Computernutzung die Umwelt nicht aus dem Auge zu lassen, bleibt wohl nur eine: Gerät abschalten, wenn es nicht gebraucht wird.

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(futurezone/Claudia Glechner)