"Dunkelgrüne Energie" mit Cisco
Zum Auftakt des Großevents Cisco World in Barcelona hat CEO John Chambers das Energiesparsystem EnergyWise vorgestellt. Bei der Gelegenheit gab der Netzwerk-Primus bekannt, das kalifornische Unternehmen Richards-Zeta gekauft zu haben, das auf die Entwicklung von Technologien für "intelligente" Bürogebäude spezialisiert ist.
"Das oberste Gebot für den CEO ist es, realistisch zu sein", sagte Chambers von Cisco, dem Weltmarktführer in den Bereichen Routing und Switching, Dienstagfrüh.
Doch davon war zum Auftakt des jährlichen Cisco-Großevents im Internationalen Kongresszentrum der katalonischen Metropole Barcelona weniger die Rede als von altbekannten analogen Dingen, etwa Gebäuden und Flugzeugen. Wenn es nach Chambers geht, so kommen auf die gebeutelte Luftfahrtindustrie schwere Zeiten zu, wenigstens was die Sitzplätze in der Businessclass betrifft.
Virtuelle Geschäfte
Meetings der Führungskräfte rund um den Globus fänden bereits seit einiger Zeit fast ausschließlich auf virtueller Ebene statt. "Telepräsenz" habe eine Reduktion der Reisekosten von Cisco-Führungskräften um mehr als 50 Prozent gebracht, war von einer Sprecherin des Unternehmens zu erfahren.
Am Dienstag hat Cisco bekanntgegeben, den Kauf des kalifornischen Unternehmens Richards-Zeta Building Intelligence abgeschlossen zu haben. Richards-Zeta ist auf die Entwicklung von Produkten für "intelligente Häuser" spezialisiert. Vernetzte Elektro- und Elektronikkomponenten sollen beim Energiesparen helfen, indem sie sich übers Netzwerk fernsteuern lassen.
"Dunkelgrüne Energie"
Im Zentrum der Präsentation, die Chambers rastlos durch das bis auf den letzten Platz gefüllte Auditorium wandernd absolvierte, standen Gebäude und deren Energieverbrauch. Die britische Großstadt Birmingham etwa unterhalte derzeit allein 40.000 Geräte, die über Ethernet Strom beziehen. Das verwendete Vokabular war gleichfalls ungewöhnlich.
Das neueste Cisco-Produkt sei eine Software, die auf existierenden Switches des Unternehmens laufe, es werde also erst einmal nicht versucht, dem Kunden neue Hardware zu verkaufen.
Energiesparplan für Bürogebäude
EnergyWise ist Teil des Cisco-Betriebssystems und soll in Zukunft alle vernetzten Geräte steuern können. Allein die intelligente Steuerung von VoIP-Telefonen und Access Points für WLAN brächte Unternehmen, die große Stückzahlen von derartigem Gerät betreiben, Einsparungen in fünfstelligen Zahlen, sagte Chambers.
In der ersten Phase, die sofort anlaufe, sei es möglich, alle Geräte zu steuern, die ihren Strom über Ethernet beziehen. Bis Sommer 2009 sollen auch PCs, Drucker, Laptops und anderes Gerät via EnergyWise gesteuert werden können.
Das voll vernetzte Gebäude
Ein Jahr darauf sollen nach dem Willen von Cisco die wirklich großen Stromfessser an die Reihe kommen, nämlich Heizungen und Klimaanlagen sowie Zutrittssysteme für Angestelle. Alles soll ins Netzwerk einbezogen werden.
Wie das System funktionieren soll, demonstrierte Chambers auf der Bühne, indem er seine Zutrittskarte an ein Lesegerät hielt, worauf in einem Modellbüro am anderer Bühnenende das Licht anging und ein Computer startete.
Standardisierte Schnittstelle
Auf die Frage von ORF.at in der anschließenden Pressekonferenz, ob es denn möglich sei, auch am Netzwerk befindliches Gerät von Cisco-Mitbewerbern über EnergyWise zu steuern, bejahte die Vorsitzende des "Öko-Boards" von Cisco, Laura Ipsen. Wer immer sich an die Spezifikationen der Schnittstelle für EnergyWise halte, dessen Gerät werde steuerbar, so Ipsen.
"Vernetzte Nachhaltigkeit" und "dunkelgrüne Energiebilanzen", wobei "grün" überhaupt der am häufigsten von allen Rednern gebrauchte Begriff war - das war schon etwas ungewöhnlich für eine Konferenz des Weltmarktführers im Routing- und Switching-Bereich.
Schnelle Erholung von der Krise
Was den zum Auftakt beschworenen Realismus angeht, so ist der dem Cisco-Chef nicht abzusprechen. Wie sich bei den Wirtschaftskrisen der jüngeren Vergangenheit gezeigt hat, waren IT und Netzwerker bei keinem dieser Abschwünge so stark betroffen wie andere Industrien.
Auch die Erholung ging weit schneller als in den übrigen Segmenten der Wirtschaft, zumal die Firmen während der Krise verstärkt in Rationalisierung investierten - und dazu braucht es nun einmal Netzwerktechnik.
(futurezone/Erich Moechel)