Datenschutzaffäre bei DB weitet sich aus

SICHERHEIT
28.01.2009

173.000 Mitarbeiter auf Korruptionsverdacht überprüft

Die Datenschutzaffäre bei der Deutschen Bahn (DB) hat weit größere Ausmaße als bisher bekannt. Der Konzern hat in den Jahren 2002 und 2003 heimlich 173.000 der damals gut 240.000 Mitarbeiter auf Korruptionsverdacht überprüft. Das sagte der Anti-Korruptionsbeauftragte der Bahn, Wolfgang Schaupensteiner, nach Angaben von Teilnehmern am Mittwoch im Verkehrsausschuss des Bundestags in Berlin.

Damit waren fast drei Viertel der Beschäftigten betroffen. Daten wie Wohnadressen, Telefonnummern und Bankverbindungen seien mit jenen von 80.000 Firmen abgeglichen worden, zu denen die Bahn Geschäftsbeziehungen hatte.

Geldbußen drohen

Der Berliner Datenschutzbeauftragte Alexander Dix sagte Teilnehmern zufolge im Ausschuss, die Bahn müsse wegen Verstößen gegen Datenschutzbestimmungen in mindestens zwei Fällen mit Geldbußen von 250.000 Euro rechnen. Die Mitarbeiter seien ohne konkreten Verdacht überprüft und auch im Nachhinein nicht informiert worden. Die Überprüfungen hatten nach Dix' Worten den Charakter einer Rasterfahndung.

Bei den 173.000 Überprüfungen seien laut Schaupensteiner 300 Auffälligkeiten entdeckt worden, hieß es aus dem Verkehrsausschuss. In etwa 100 Fällen hätten sich tatsächlich Hinweise auf Korruption ergeben. Von den Führungskräften seien 774 kontrolliert worden sowie etwa 500 Ehepartner. Dabei habe es zwölf Treffer gegeben, also Verdachtsmomente auf Korruption.

Politiker bestürzt: "Rasterfahndung"

SPD, FDP und Grüne zeigten sich bestürzt über die Dimension des Aktionen. Die Bahn habe ihre Mitarbeiter unter einen Generalverdacht gestellt, kritisierten Abgeordnete von SPD und Grünen. Der SPD-Verkehrsexperte Uwe Beckmeyer sagte der Nachrichtenagentur dpa, die genannte Zahl an Überprüfungen sei unglaublich. Offensichtlich sei jeder Inlandsmitarbeiter in den Datenabgleich einbezogen worden.

Für die Grünen stellten die Verkehrsexperten Winfried Hermann und Anton Hofreiter fest: "Mit dieser heimlichen Ausspähung in großem Stile stellt die Bahn AG alle Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen unter Generalverdacht und verstößt massiv gegen deren schutzwürdige Interessen."

Der FDP-Abgeordnete Horst Friedrich wies darauf hin, dass es keine Betriebsvereinbarung oder Ähnliches gegeben habe, die als Rechtsgrundlage für eine "solche Rasterfahndung" hätte dienen können. "Die Überprüfung fast der gesamten Konzernbelegschaft mit Korruptionsbekämpfung zu begründen ist absurd. Der Großteil aller Bahnbeschäftigen hat mit Einkäufen und Auftragsvergaben überhaupt nichts zu tun", sagte Friedrich.

Der Verkehrsausschuss des Parlaments will seine Befragung am 11. Februar fortsetzen und dazu auch die Leiter der Konzernrevision und der Konzernsicherheit einladen.

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(APA)