Roaming-Regulierung: Spezialfall Österreich
Im Rahmen der "Mobile Business 09" des europäischen Zentrums für E-Commerce und Internet-Recht (e-center) haben sich zwei Kontrahenten aus der heimischen Mobilfunkbranche zu einer Diskussion zum Thema Roaming getroffen. Während T-Mobile über die Eingriffe der EU in die Unternehmenstätigkeit wettert, kann Hutchison die Regulierung nicht weit genug gehen.
"Das Märchen von der bösen EU und den armen Netzbetreibern": Mit diesen Worten eröffnete Klaus Steinmaurer, Leiter der Rechtsabteilung bei T-Mobile, seinen Vortrag im Rahmen der "Mobile Business 09" am Mittwochabend in Wien. So habe die Europäische Kommission seiner Meinung nach bei der Roaming-Regulierung den Rechtsrahmen verlassen.
Warten auf Positives
Die Folgen der Regulierungseingriffe im Roaming-Bereich würden die Unternehmen in den EU-Mitgliedsstaaten unterschiedlich treffen. "In Österreich ist das Potenzial gegeben, dass entsprechend negative Auswirkungen kommen können, wenn nicht noch positive Nebenentwicklungen kommen", betonte Steinmaurer.
"Was aus unserer Sicht das Vertrauen großer Unternehmen in die EU beeinträchtigt", sagte Steinmaurer. Da überlege ein Unternehmen, das Teil eines großen Konzerns ist, "ob es nicht besser wäre, außerhalb der EU zu investieren als in dem kleinen Österreich", das sich durch seine starke Wettbewerbsintensität auf dem Mobilfunkmarkt auszeichne.
EU setzt politisches Zeichen
Ebenfalls auf dem Podium saß Ewald Lichtenberger, Anwalt für Netzindustrien und Partner in einer österreichisch-deutschen Rechtsanwaltskanzlei. Für ihn sind auch die Provider selbst dafür verantwortlich, dass es zum Eingriff der EU-Kommission gekommen ist.
Diese hätten auf die ersten Regulierungstendenzen im Jahr 1999 der EU-Wettbewerbsbehörde nicht reagiert. 2006 sei die Regulierung nicht mehr aufzuhalten gewesen. "Insbesondere weil die EU ein sehr politisches Zeichen setzen und dem Bürger den Nutzen der EU verständlich machen wollte. In der Roaming-Regulierung hat sie ein wunderbares Mittel dafür gesehen", so Lichtenberger.
Cashcow Roaming
Steinmaurer reagierte mit Einsicht: "Grundsätzlich hat man es zu spät wahrgenommen. Man hätte sicherlich schon 2000 beginnen sollen, darüber nachzudenken, wie man das Roaming anders gestalten könnte." Es sei bekannt, dass hier die Betreiber und die EU zu lange "aneinander vorbeigeredet" hätten.
"Die Mobilfunkbranche ist sehr kostenintensiv, und in der Entwicklung von GSM war die nationale Abdeckung vorrangig", so Steinmaurer, "Roaming ist eine gute Cashcow für die Betreiber gewesen." So seien Gespräch im Ausland zu Beginnzeiten vor allem von Geschäftsleuten genutzt worden, wonach sich auch der höhere Tarif gestaltet habe.
Hutchisons Strategie
Anders bei Hutchison 3G Austria: "Wir haben ausschließlich ein UMTS-Netz aufgebaut und am Anfang nur sehr wenig ausländische Kunden in unserem Netz gehabt", sagte Simone Keglovics, Leiterin der Rechtsabteilung. Österreich habe bei UMTS im europäischen Kontext eine Vorreiterrolle gehabt, weshalb es auch sehr wenige UMTS-Kunden gegeben habe, die das Netz nutzen konnten.
"Für uns war als neuer Betreiber die große Umsatzquelle nie da, wir haben uns von vornherein anders kalkulieren müssen", so Keglovics. Auch habe das Unternehmen von Beginn an Roaming-Verträge mit allen Mitbewerbern abgeschlossen. Das war allein schon deshalb notwendig, da ansonsten kein flächendeckendes Netz bestanden hätte.
Ein Netz statt viele
Auf die Publikumsfrage, warum es in Österreich mehrere Netze gibt, statt eines gemeinsam zu nutzen, antwortete Steinmaurer: "Eine gute Frage, die hätte man vor Jahren stellen müssen." Aus betriebswirtschaftlicher, volkswirtschaftlicher und aus Sicht des Umweltschutzes sei dies eigentlich sinnvoll. Derzeit gebe es vier UMTS-Netze in Österreich, geplant gewesen seien ursprünglich sechs.
Hutchison ist einer der wenigen Anbieter, die sich deutlich für eine Roaming-Regulierung aussprechen. Insbesondere im Datenroaming sieht Keglovics eine Möglichkeit, mit "der Regulierung und damit geringen Preisen ein positives Nutzungsverhalten zu prägen".
Langsame Kundenanpassung
So könne man den Gewöhnungseffekt, wie er bei Telefonaten im Ausland vorherrsche, umgehen. Kunden würden ihr Verhalten nur sehr langsam ändern. So würde es lange dauern, bis man - trotz Roaming-Regulierung - die Angst vor teuren Telefonaten im Ausland verliere.
Für Steinmaurer waren gewisse Roaming-Schritte notwendig. Diese hätten aber auf der Wholesale-Ebene, also der Preisgestaltung zwischen den Betreibern, passieren müssen und nicht bei den Endkundenpreisen. Preisobergrenzen würden den Wettbewerbsanreiz hemmen und bei den Mobilfunkern eher das Gegenteil, eine abwartende Haltung, auslösen.
Englands Mobilfunker wehren sich
Wie sehr sich die Mobilfunker gegen die Roaming-Regulierung wehren, zeigt der Fall der englischen Betreiber: Derzeit ist laut Lichtenberger ein von vier englischen Betreibern, darunter T-Mobile, angestrebtes Verfahren beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) anhängig. Geprüft werden soll, ob es zulässig ist, Roaming-Entgelte mit einer direkten und unmittelbaren Verordnung zu regeln.
Eine Entscheidung dazu stehe noch aus. "Wenn die Betreiber recht bekommen, dann wäre diese Verordnung unzulässig gewesen und es stellt sich die Frage, was mit dem Zeitraum zu geschehen hat, in dem sie gültig war", erläuterte Lichtenberger.
(futurezone/Claudia Glechner)