Deutsche Bahn verteidigt Bespitzelungen

DATENSCHUTZ
30.01.2009

Der Chef der Deutschen Bahn, Hartmut Mehdorn, verteidigt die Massenüberwachung seiner Mitarbeiter und schließt eine Wiederholung nicht aus. Mittlerweile ermittelt die Staatsanwaltschaft.

Der Vorfall sei ein normales Regelverfahren, sagte Mehdorn am Freitag in Berlin: "Wir werden das auch wieder machen, wenn's darauf ankommt." Er selbst sei nicht über den Datenabgleich von über 170.000 Mitarbeitern mit denen von Zulieferern informiert gewesen. "Ich persönlich wusste das nicht. Das ist ein Routineabgleich."

Wegen des Datenabgleichs hätten keine anderen Gremien eingeschaltet werden müssen, so Mehdorn: "Was da im Einzelnen läuft, ist weder im Aufsichtsrat noch im Vorstand bekannt, beschlossen oder in irgendeiner Form vorgebracht worden." Der Vorstand kümmere sich ja auch nicht um die Bestellung von Briefumschlägen oder Briefmarken.

"Soll es doch der Staatsanwalt machen"

Mitteilung der Deutschen Bahnblickpunkt/compliance.html)

Zwar sehe das Unternehmen weiter keine Straftaten von Mitarbeitern, sagte Mehdorn. Er fügte aber hinzu: "Da uns keiner mehr zuhört, haben wir gesagt, dann soll es doch der Staatsanwalt machen. Dem hören sie dann hoffentlich zu."

Der Bahnchef verwahrte sich weiters gegen eine Einmischung von Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee und damit der Bundesregierung. "Er hat damit nichts zu tun und braucht sich da auch nicht einzubringen."

Merkel fordert Aufklärung

Die deutsche Bundekanzlerin Angela Merkel ließ über ihren Sprecher erklären: "Es gibt ein öffentliches Interesse, dass diese Fragen geklärt werden, es gibt ein elementares Interesse der Beschäftigten und die klare Erwartung, dass Herr Mehdorn und die Verantwortlichen bei der Bahn diese Fragen beantworten." Danach würden die notwendigen Schlüsse gezogen. Der Sprecher wich der Frage aus, ob Mehdorn noch das volle Vertrauen Merkels besitze.

Tiefensee: "Inakzeptabel"

Tiefensee kündigte an, der Prüfungsausschuss des Bahn-Aufsichtsrats werde sich mindestens noch einmal im Februar mit den Vorgängen befassen. "Ich fordere Herrn Mehdorn weiter auf, alle Karten auf den Tisch zu legen", erklärte der Minister nach einer Sitzung des Gremiums.

Er begrüßte, dass das Vorgehen der Bahn nun extern geprüft werde. "Auf der anderen Seite erschließt sich mir nicht, was diese Vorgänge mit guter Unternehmenskultur zu tun haben." Als "inakzeptabel" bezeichnete er den Vergleich Mehdorns zwischen der Überprüfung Tausender Mitarbeiter und der Bestellung von Briefmarken.

"Haben Vertrauen nicht verloren"

Mehdorn sagte, er sehe auch das Verhältnis zu den Arbeitnehmern der Deutschen Bahn nicht gestört: "Wir haben das Vertrauen der Mitarbeiter nicht verloren." Die Belegschaft unterstütze den Kampf gegen die Korruption. "Wenn einer klaut, den muss man jagen." Deshalb gebe es auch keinen Grund für Entschuldigungen.

Betriebsratschef Günter Kirchheim hatte in einem Brief an Mehdorn eine "Rehabilitation zu Unrecht verdächtigter Mitarbeiter" sowie eine Information über die Untersuchungen gefordert. Der Chef der Bahngewerkschaft GDBA, Klaus-Dieter Hommel, beklagte, er sei getäuscht worden.

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(Reuters)