© Fotolia/Evgeny Rannev , aufgestapelte Medikamente

Software kontrolliert Medikamentenwirkung

GESUNDHEIT
02.02.2009

Die Umsetzung des Arzneimittel-Sicherheitsgurtes in Österreich soll mit Hilfe von Siemens-Software erfolgen. Bis dato ist jedoch nicht klar, ob das Programm für Apotheken verpflichtend sein wird, weshalb das Projekt - nach einem Testlauf in Salzburg - derzeit unterbrochen wurde. Vor allem stellt sich die Frage: Wer zahlt?

Die Pharmazeutische Gehaltskasse hat - nach einem eineinhalbjährigen Pilotprojekt in Salzburg - der Siemens IT Solutions and Services als Bestbieter den Zuschlag für die österreichweite Umsetzung gegeben.

Der Arzneimittel-Sicherheitsgurt ist ein Datenbanksystem, das den teilnehmenden Patienten und ihren Apothekern eventuelle Unverträglichkeiten zwischen den Medikamenten anzeigt, die sie konsumieren. Legt der Patient seine E-Card in der Apotheke vor, werden die benötigten Medikamente mittels der Arzneimittel-Datenbank geprüft und gespeichert - egal, ob diese verschreibungspflichtig sind oder nicht.

Bei doppelt oder mehrfach verschriebenen Medikamenten, oder wenn unerwünschte Wechselwirkungen auftreten können, schlägt das System Alarm. Die Teilnahme am Programm soll seitens der Patienten auf freiwilliger Basis erfolgen.

Das eineinhalbjährige Pilotprojekt im Land Salzburg ergab: Bei 175.000 ausgegebenen Medikamenten wurden über 26.000 Fälle von Wechselwirkungen und Mehrfachverschreibungen angezeigt und verhindert. "Rechnet man die Zahlen von Salzburg auf Österreich hoch, könnte man Kosten in Höhe von 122 Millionen Euro für Medikamente einsparen", argumentiert der Präsident der österreichischen Apothekerkammer, Heinrich Burggasser, in einer Aussendung von Montag.

"Das Projekt Arzneimittel-Sicherheitsgurt wurde derzeit unterbrochen, weil sich die politischen Rahmenbedingungen geändert haben", so Wolfgang Nowatschek, Geschäftsführer der Pharmazeutischen Gehaltskasse, zu ORF.at. Die Pharmazeutische Gehaltskasse betreibt das Rechenzentrum der Apotheken und hat gemeinsam mit der Apothekerkammer den Arzneimittel-Sicherheitsgurt eingerichtet.

Pflicht statt freiwillig

Die Regierung habe im Sommer 2008 Interesse am Programm angemeldet und eine verpflichtende Teilnahme der Apotheken in Erwägung gezogen. Demnach ist der Arzneimittel-Sicherheitsgurt Teil des aktuellen Regierungsprogrammes und soll laut Plan bis Ende 2009 umgesetzt werden. Ursprünglich sei eine freiwillige Beteiligung der Apotheken am Programm geplant gewesen.

"Wir wären bereit gewesen, das System auszurollen und zu zahlen, wenn es für die Apotheken nicht verpflichtend ist", erläutert Nowatschek. "Unsere Bereitschaft zu investieren, ist damit zurückgegangen." So liege die Angelegenheit "auf Eis", und das Gesundheitsministerium wäre am Zug.

Jahrelange Umsetzung

Nowatschek befürchtet, dass die Umsetzung jahrelang dauern könnte. So finde sich im Moment niemand, der die Initiative ergreifen wolle. Seitens des Gesundheitsministeriums hieß es gegenüber ORF.at, dass "der Arzneimittel-Sicherheitsgurt im Sinn der Patientensicherheit wichtig ist und im Regierungsprogramm steht". Konkrete Details wollte Thomas Geiblinger, Pressesprecher von Gesundheitsminister Alois Stöger, nicht nennen.

Die Kosten der österreichweiten Einführung liegen laut Nowatschek bei etwa vier Millionen Euro, für den laufenden Betrieb sei eine weitere Million Euro pro Jahr an Betriebskosten zu kalkulieren. Des Weiteren würde auch noch die Teilnehmerzahl die Kosten beeinflussen. Der Arzneimittel-Sicherheitsgurt kann von den Patienten freiwillig in Anspruch genommen werden. Nowatschek rechnet mit etwa ein bis zwei Millionen Österreichern.

Notwendige Ausstattung

Um das System nutzen zu können, müssten die Apotheken - ebenso wie die Ärzte - mit einem E-Card-Lesegerät, GINA-Boxen und einem GINA-Anschluss ausgestattet werden. GINA steht für Gesundheitsinformation-Netzwerkarchitektur, ein eigenes, geschlossenes Kommunikationsnetz, ein Intranet, mit welchem bereits Österreichs Ärzte zusammengeschlossen wurden. Daneben seien auch noch die Software sowie der Schulungsaufwand zu berücksichtigen.

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(futurezone/Claudia Glechner)