© AP/Franka Bruns, Zentrale der deutschen Bundesbahn

DB gibt weiteres Mitarbeiter-Screening zu

KONTROLLE
03.02.2009

Die Deutsche Bahn (DB) hat eine weitere Überprüfung von Mitarbeiterdaten in großem Stil eingeräumt. Auch im Jahr 2005 seien die Daten von etwa 173.000 Mitarbeitern überprüft worden, sagte ein DB-Sprecher am Dienstag und bestätigte Berichte der "Süddeutschen Zeitung" und der "Financial Times Deutschland".

Kurz zuvor hatte DB-Chef Hartmut Mehdorn Fehler in der Datenaffäre eingeräumt, die zweite Überprüfung aber verschwiegen.

Der Bahn-Sprecher sagte, bei der zweiten nun bekannt gewordenen Überprüfung seien etwa so viele Mitarbeiter wie bei der zuvor schon bekannten Kontrolle betroffen gewesen - also etwa 173.000 Mitarbeiter. Die beiden Zeitungen hatten vorher unter Berufung auf einen Brief von Bahn-Aufsichtsrat Achim Großmann berichtet, 2005 seien sogar sämtliche Bahn-Mitarbeiter der Bahn überprüft worden. Laut Bahn wurden Mitarbeiter in einer vergleichbaren Größenordnung überprüft.

Brief ging an Presse

Die DB räumte aber ein, dass die zweite Überprüfungsaktion am vergangenen Freitag dem Prüfungsausschuss des Aufsichtsrats mitgeteilt worden sei. In dem Gremium sitzt auch Achim Großmann, Staatssekretär von Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD). Dieser schrieb laut den Zeitungen am Dienstag einen Brief an seine Aufsichtsratskollegen, der dann an die Presse gelangte.

Das Bundesverkehrsministerium bestätigte, dass Großmann einen solchen Brief mit dem zitierten Inhalt an seine Aufsichtsratskollegen geschrieben hat. Ein Sprecher von Verkehrsminister Tiefensee sagte, die neuen Informationen seien ein "Hinweis, dass der vollständige Bericht, den der Minister von Herrn Mehdorn angefordert hat, dringend erforderlich ist". Das müsse vor der für den 11. Februar terminierte Sitzung des Verkehrausschusses zu dem Thema geschehen.

Keine Entschuldigung

Die im Prüfungsausschuss anwesenden DB-Vorstände, darunter auch DB-Chef Mehdorn, hätten bestritten, von der Überprüfung gewusst zu haben, berichteten die Blätter. Es sei unklar, wer die Untersuchung in Auftrag gegeben habe, zitierte die "Financial Times Deutschland" den DB-Aufsichtsrat Großmann.

Erst am Nachmittag hatte Mehdorn Fehler in der Datenaffäre eingeräumt. "Aus heutiger Sicht waren wir übereifrig, und es gab eine falsch verstandene Gründlichkeit", schrieb Mehdorn am Dienstag in einem Brief an die Mitarbeiter. Er bedaure es ausdrücklich, sollte der Eindruck von Misstrauen entstanden sein.

Druck auf Mehdorn wächst

Eine von Arbeitnehmervertretern geforderte Entschuldigung sprach Mehdorn aber nicht aus. Das Staatsunternehmen Deutsche Bahn hatte vor knapp einer Woche zugegeben, dass sie im Kampf gegen Korruption die Daten von 173.000 ihrer rund 240.000 Mitarbeiter mit Daten ihrer Lieferanten abgeglichen hatte. "Für eine grundsätzlich sinnvolle und zulässige Maßnahme zur Korruptionsbekämpfung war es nicht nötig, den Kreis der Mitarbeiter, die in den Datenabgleich einbezogen wurden, so weit zu ziehen", räumte Mehdorn ein.

Auch sei es ein Fehler gewesen, dass das Vorgehen nicht mit Arbeitnehmervertretern besprochen und klar geregelt worden sei, schrieb Mehdorn. "Wenn dadurch der Eindruck entstanden sein sollte, der Vorstand misstraue den Mitarbeitern, dann bedaure ich das ausdrücklich." Der DB-Chef betonte noch einmal, dass niemand "ausspioniert, abgehört oder bespitzelt worden" sei.

Regierung fordert Offenlegung

Der Druck auf Mehdorn war in den vergangenen Tagen ständig gewachsen. Am Montag hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) eine lückenlose Aufklärung des Vorfalls gefordert und sich damit hinter Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) gestellt. Die Bahn-Gewerkschaften Transnet und GDBA hatten eine Entschuldigung verlangt. Aus den Reihen der Opposition waren auch Rücktrittsforderungen laut geworden.

Mehdorn hatte den Datenabgleich zunächst als rechtlich nicht zu beanstanden verteidigt. Am Freitag schaltete die DB dann die Berliner Staatsanwaltschaft ein, um nach den Worten Mehdorns eine "Versachlichung der Debatte" zu erreichen. Die Bahn AG mahnte am Dienstag das Weblog Netzpolitik.org ab und verlangte, dass dieses ein Memorandum zur Datenaffäre aus dem Netz entfernen solle.

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(AFP/futurezone)