Online-Orientierungshilfe für Filmemacher
Das Internet hat auch die Filmbranche nachhaltig verändert. Die vor kurzem gestartete Online-Beratungsplattform FilmTiki will Filmschaffende bei Marketing und Vertrieb ihrer Werke im Netz unterstützen. Teil 14 der futurezone.ORF.at-Serie "Start-up-Geschichten".
"Es gibt viele Filme, die ein Marktpotenzial haben. Aufgrund mangelnder Ressourcen erreichen sie ihr eigentliches Zielpublikum jedoch nicht", sagt Iris Lamprecht. Mit der von ihr gegründeten Online-Beratungsplattform FilmTiki, die seit Ende Jänner in einer Betaversion online ist, will sie dabei mithelfen, das zu ändern. "Das Netz hat viele neue Kanäle für Filmemacher aufgemacht", meint Lamprecht. "Damit können auch Filmschaffende mit geringen Budgets Nischen erreichen."
Im Rahmen der Serie "Start-up-Geschichten" berichtet futurezone.ORF.at in loser Folge über innovative Web- und IT-Dienste mit Österreich-Bezug.
Über YouTube, Facebook, Twitter, Weblogs und andere Spielarten des Mitmachweb sei es möglich, Trailer so zu platzieren, beschlagworten und bewerben, dass sie auch vom "richtigen Publikum" gefunden werden, erläutert Lamprecht. "Wenn man als Neuseeländer etwa Filme über die Insektenart Weta macht, erreichen diese auch Weta-Liebhaber aus Hawaii", sagt Lamprecht. "Die Zielgruppe lässt sich meist in wenigen Worten definieren."
Diagnose-Tool
Herzstück von FilmTiki ist ein Diagnose-Tool, das auf Basis spezfischer Angaben von Filmemachern passende Marketing- und Vertriebskanäle ausfindig macht. Dabei werden sowohl Online-Kanäle wie Videoplattformen und Social-Networking-Sites als auch Offline-Möglichkeiten wie Festivals und Distributoren berücksichtigt. Die schließen sich mitunter auch gegenseitig aus, wie Lamprecht weiß: "Wer seinen Trailer auf YouTube veröffentlicht, wird bei Filmfestivals, die Wert auf Exklusivität legen, nicht mehr zugelassen."
FilmTiki-Gründerin Iris Lamprecht studierte in Wien Medienwissenschaft und Public Relations und war danach in Neuseeland bei zahlreichen Filmproduktionen beschäftigt, darunter Peter Jacksons "King Kong". Im März 2008 rief sie das Projekt FilmTiki ins Leben. An der Online-Plattform, die von Wien und Wellington (Neuseeland) aus betrieben wird, arbeiten derzeit zehn Leute.
Die Basis der automatisierten Beratung bildet eine Datenbank, die von Experten aus dem zehnköpfigen FilmTiki-Team gefüttert und aktuell gehalten wird. FilmTiki-Nutzern erschließt sich das darin enthaltene Wissen über die Beantwortung eines umfassenden Fragenkatalogs. Nachdem Filmemacher über sich selbst, ihren Film und ihre Ziele Auskunft gegeben haben, schlägt das Tool darauf abgestimmte Vermartkungs- und Vertriebsstrategien vor. "Im Prinzip machen wir Marketing für kleine Filmschaffende erschwinglich", erläutert Lamprecht.
Branchen-Wiki
Das Beratungs-Tool wird durch ein Wiki ergänzt, auf dem sich Filmschaffende über aktuelle Entwicklungen in der Branche auf dem Laufenden halten und auch selbst Fachbeiträge posten können. Das Branchen-Wiki steht registrierten Benutzern der Plattform kostenfrei offen.
Das Diagnose-Tool kann noch bis Ende Febraur kostenlos ausprobiert werden. Für Nutzer, die sich ab März anmelden, fallen jährliche Gebühren von rund 100 Euro an. Daneben soll es spezielle Tarife für Filmschulen und größere Organisationen geben.
Geld verdienen will das Start-up, das aus Mitteln des Wiener Kreativwirtschaftsfonds departure gefördert wird, auch mit der Erarbeitung länder- und genrespezifischer Strategiepapiere. Neben Filmemachern und Vertrieben wollen Lamprecht und ihr Team auch Filmschulen ansprechen. In einer sich veränderten Industrie sei es für Filmschüler wichtig, dieVermarktungsmöglichkeiten im Netz zu kennen, ist Lamprecht überzeugt.
Internationaler Fokus
FilmTiki ist ausschließlich in englischer Sprache verfügbar. "Uns war immer klar, dass das eine internationale Sache ist", meint Lamprecht. Unter den rund 40 Testnutzern, die sich bisher auf der Plattform angemeldet haben, befinden sich Filmemacher aus Österreich und Deutschland ebenso wie aus den USA und Neuseeland. Einen großen Markt für ihr Produkt sieht Lamprecht im europäischen Ausland, vor allem in Großbritannien. Dort seien die Filmemacher bei der Adaption neuer Medien aufgeschlossener als anderswo.
Online-Vertriebsmöglichkeiten noch begrenzt
Während im angloamerikanischen Raum Anbieter wie Apple und Amazon Filme bereits seit längerem auch zum Download anbieten und Portale wie Hulu, für Nutzer aus den USA und Großbritannien professionelle Produktionen streamen, steckt der Online-Vertrieb von Filmen hierzulande noch in den Kinderschuhen. "Das größte Problem ist die internationale Rechtevergabe", meint Lamprecht. Das wird sich nach Meinung der Expertin jedoch bald ändern: "Wenn die Industrie Piraterie vermeiden will, muss sie darauf reagieren."
Um FilmTiki bekanntzumachen, ist Lamprecht viel auf Festivals unterwegs. "Wenn man ein komplexes Produkt wie unseres hat, ist es wichtig, das persönlich vorzustellen", so Lamprecht. Derzeit versucht die Unternehmensgründerin auf der Berlinale, Filmemacher und Vertriebe von ihrer Beratungsplattform zu überzeugen.
Künftig soll die Kompetenz des Beratungsunternehmens um die Themen Finanzierung und Funding erweitert werden. Spannende Möglichkeiten sieht die die FilmTiki-Gründerin auch in kollaborativen Online-Filmprojekten, bei denen sich Internet-Nutzer an der Produktion von Filmen beteiligen. Recherchen dazu sollen demnächst auch in das FilmTiki-Tool integriert werden.
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(futurezone/Patrick Dax)