Warnung vor Kahlschlag im Forschungsbudget
Führende österreichische Wissenschaftler schlagen Alarm. Im aktuellen Plan seien bereits zugesagte Mittel im Forschungsbudget über die kommenden fünf Jahre mehr als halbiert worden, so Quantenphysiker Anton Zeilinger zu ORF.at. Wissenschaftsminister Johannes Hahn gibt sich in Hinblick auf die Verhandlungen optimistisch.
Am Freitag wiesen führende österreichische Naturwissenschaftler in einer Aussendung darauf hin, dass die Bundesregierung im aktuellen Budgetplan Zusagen der vorherigen Regierung für Forschungsmittel in Höhe von 2,3 Mrd. Euro auf derzeit 930 Mio. reduziert habe.
Die Mittel sollten über die kommenden fünf Jahre verteilt Foschungsprojekten zufließen. Laut Budgetvoranschlag 2008 umfassen die Jahresausgaben des Staats rund 69,8 Mrd. Euro; für Forschung und Wissenschaft waren rund vier Mrd. Euro vorgesehen.
FWF und Akademie ausgetrocknet
"Der Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF) hat zum ersten Mal in seiner Geschichte eine ganze Vergaberunde absagen müssen", so Zeilinger zu ORF.at, "deshalb gibt es keine neuen Projekte." Das habe verheerende Auswirkungen auf die heimische Forschungslandschaft, da qualifiziertes Personal abwandern werde. "Für viele Leute ist dies eine Katastrophe, da sie ihren Job verlieren", sagt Zeilinger, "die Akademie der Wissenschaften ist um etwa ein Drittel reduziert."
"Bleibt es bei den derzeitigen Zahlen, stehen wir vor einem Finanzierungsloch in Höhe von rund 70 Mio. Euro", so FWF-Sprecher Stefan Bernhard zu ORF.at, "Zum Vergleich: 2008 standen uns insgesamt 170 Mio. Euro für die Forschungsförderung zur Verfügung." Der FWF fördere die produktivsten zehn Prozent der heimischen Wissenschaftler. Gerade die Grundlagenforschung sei von den Kürzungsplänen stark betroffen, da Projektmitarbeiter nicht weiter beschäftigt werden könnten. "Wir mussten zum ersten Mal in unserer Geschichte im Jänner eine Vergabesitzung absagen", so Bernhard, "Auch die Sitzung im März ist gefährdet." FWF-Präsident Christoph Kratky hat sich bereits mit einem Offenen Brief zu den anstehenden "drastischen Maßnahmen" an die Öffentlichkeit gewandt.
Ministerium in Verhandlungen
Wissenschaftsminister Johannes Hahn (ÖVP) äußert auf Nachfrage von ORF.at Verständnis für die Probleme der Wissenschaftler, mit denen man im regelmäßigen Kontakt stehe. Wissenschaft und Bildung seien Schwerpunkte der Arbeit der Bundesregierung, was sich auch in Zahlen ausdrücken werde. In der derzeitigen Finanzlage sei jedes Plus bei Budgetmitteln aber hart erarbeitet und ein Erfolg, so ein Sprecher des Ministeriums.
Man habe aus dem Finanzministerium Signale zur "deutlichen Aufstückung der im Regierungsprogramm ursprünglich vorgesehenen Mittel für Forschung und Entwicklung" erhalten. Genauere Zahlen werde Vizekanzler und Finanzminister Josef Pröll (ÖVP) voraussichtlich Anfang März vorlegen.
Online-Petition gestartet
Die Quantenphysiker und Biowissenschaftler Rainer Blatt, Josef Penninger, Giulio Superti-Furga und Zeilinger haben eine Online-Petition unter dem Titel "Forschung ist Zukunft" gestartet, in der sie um Unterstützung werben. Im Vergleich zu den derzeit diskutierten Konjunkturpaketen seien nur kleine Summen erforderlich, um das Niveau der österreichischen Wissenschaft zu halten und damit langfristig Arbeitsplätze zu sichern.
Laut EU-Strategie sollen wenigstens drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts in Forschung und Entwicklung fließen. Zeilinger: "Die 2,3 Milliarden sind notwendig, um dieses Ziel zu erreichen."