D: Netzfilter-Gutachten veröffentlicht
Privatisierung der Netzzensur
Das deutsche Bürgerrechtsweblog Netzpolitik.org hat am Montag einen aktuellen Bericht des wissenschaftlichen Dienstes des deutschen Bundestags zu Netzfiltersystemen veröffentlicht. Das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" und die Fachwebsite Heise.de haben bereits auf Grundlage des Berichts Artikel publiziert.
In Deutschland läuft derzeit eine von Bundeskriminalamt und Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) getriebene Debatte über die Installation eines zentralen Internet-Sperrmechanismus, der den Zugriff auf Websites verhindern soll, deren Inhalt die deutschen Behörden als illegal erachten. Auch in Österreich hat Justizministerin Claudia Bandion-Ortner (parteilos) nach entsprechender Orientierung auf einem informellen Treffen der EU-Justizminister in Prag im Jänner angekündigt, etwas gegen Kinderpornografie im Netz unternehmen zu wollen, dabei allerdings keine Details bekanntgegeben.
Beispiel Volksrepublik China
Der wissenschaftliche Dienst des Bundestags hält den Einsatz von Sperrmechanismen (via Proxys und DNS) demnach für wirtschaftlich schädlich und demokratiepolitisch hochproblematisch. Auf die Provider kämen hohe Kosten zu, und sie würden damit zu "einer Art Zensurstelle, die darüber entscheidet, welche Informationen zu den Bürgern gelangen können und welche nicht, ohne dass die gleichen rechtsstaatlichen Vorkehrungen gegen einen Missbrauch dieser Macht bestehen würden wie gegenüber staatlichen Einschränkungen der Kommunikationsfreiheit" (S. 24).
Als Beispiel für ein zentralistisch betriebenes Internet-Sperrsystem zieht der Bericht bezeichnenderweise das Zensursystem der Volksrepublik China heran. Dieses System sei zwar wirkungsvoll, allerdings müsse bei einer Implementierung dieser Filtersysteme der dezentrale Charakter des Internet aufgegeben werden.