Baldige Sperre von Kinderporno-Sites
Die deutsche Familienministerin Ursula von der Leyen hat angekündigt, dass die erste Kinderporno-Site "in einigen Monaten" blockiert werden soll. Bedenken wies sie zurück. Experten bezweifeln allerdings die rechtliche und technische Machbarkeit der geplanten Zugangssperren.
Der Zugriff auf Internet-Seiten mit kinderpornografischen Inhalten wird nach den Worten der deutschen Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) bald verweigert werden. "Die erste Seite geblockt werden könnte in einigen Monaten", sagte von der Leyen am Donnerstag in Berlin. Eine verbindliche Vereinbarung mit allen großen deutschen Internet-Providern solle in den nächsten vier Wochen geschlossen werden.
Parallel dazu würden offene gesetzliche Fragen geklärt. Hierbei bestehe "hoher Zeitdruck", sagte von der Leyen mit Blick auf das baldige Ende der Legislaturperiode. Sie kämpfe aber dafür, die geplante Änderung des Telemediengesetzes zügig voranzubringen.
"Zornig" gegen Bedenken
Von der Leyen wies Bedenken zurück, mit der Blockade kinderpornografischer Seiten werde die Kommunikationsfreiheit gefährdet. Die Diskussion darüber mache sie "zornig", da es um ein Thema gehe, bei dem "die Menschenwürde mit Füßen getreten" werde. Die Vergehen würden immer brutaler, die Opfer immer jünger, sagte die Ministerin.
Einer Studie zufolge seien 43 Prozent der dargestellten Opfer jünger als sechs Jahre, zehn Prozent sogar jünger als zwei Jahre. Kinderpornografische Inhalte seien "ganz klar" von anderen Themen abgrenzbar, hob von der Leyen hervor. Es handle sich nicht "um den Anfang der Ausweitung solcher Sperren".
Widerstand bei Internet-Anbietern
Zugleich wies sie Berichte zurück, wonach es Widerstand bei den Internet-Anbietern gegen das Vorhaben gebe. Sie dankte den acht großen Anbietern, die 95 Prozent des Marktes repräsentierten, für ihre Mitarbeit. Es gebe inzwischen auch in der Internet-Wirtschaft eine hohe Sensibilität dafür, dass bei diesen schweren Verbrechen nicht weggeschaut werden dürfe.
Von der Leyen verwies darauf, dass zum Beispiel Norwegen pro Tag rund 18.000 Zugriffe blockiere. In Deutschland könne daher hochgerechnet auf die Einwohnerzahl von etwa 300.000 Klicks auf kinderpornografische Seiten ausgegangen werden.
Zweifel an technischer Machbarkeit
Internetadressen von Seiten mit kinderpornografischen Inhalten sollen, wie in Skandinavien bereits umgesetzt, automatisch zu einem großen roten Stoppschild führen, so der Vorschlag des Familienministeriums.
"Diese Maßnahme schadet nicht, nützt aber auch nichts", sagten Internetexperten in einer Bundestagsanhörung am Donnerstag. "Alle, die Kinderpornografie konsumieren wollen, werden die Inhalte trotzdem sehen." Statt der Internetadresse könne man einfach die IP-Adresse, eine Zahlenkombination, eingeben und ungehindert auf die Porno-Seiten gelangen.
Außerdem spiele sich ein großer Teil der Kinderpornografie nicht auf Webseiten ab, sondern in Tauschbörsen und Chaträumen, erklärte Oliver Süme vom Verband der deutschen Internetwirtschaft (eco). Solche Netzwerke könne man technisch nicht sperren.
Eingriff in Fernmeldegeheimnis
Rechtsanwalt Dieter Frey hat die Sperren im Auftrag des Bundesverbands Digitale Wirtschaft geprüft. Seiner Meinung nach greifen die Sperren in das Fernmeldegeheimnis ein. Internetanbieter dürften demnach keine Kenntnis von Inhalten nehmen. In anderen europäischen Ländern ermöglichen die rechtlichen Grundlagen rigoroses Durchgreifen.
Daher fordern die Experten in Deutschland eine saubere rechtliche Grundlage. Erst wenn die durch ein neues Gesetz besteht, wollen viele Anbieter der freiwilligen Vereinbarung zustimmen. Das aber geht von der Leyen im Wahljahr zu langsam. Zwar arbeiteten Familien-, Innen- und Wirtschaftsministerium an einer Gesetzesänderung. Das Stoppschild aber soll schon vorher kommen.
(AFP/dpa)