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Ab durch die Wolke

NETZTEILE
14.02.2009

Im Augenblick hat alles und jedes mit "Cloud-Computing" zu tun. Bevor wir jetzt alle bestehenden Software-CDs unter den Bulldozer legen und unsere guten alten Websites löschen, schauen wir uns doch noch einmal an, was sich in der Wolke tatsächlich so abspielt.

Wolken bestehen aus feuchter, kalter Luft und haben den einen oder anderen Niederschlag zur Folge. Das haben wir in der Grundschule gelernt. Das ist auch in Ordnung. An einer Wolke ist nichts Schlimmes, sie stellt sogar für den einen oder anderen Erzengel einen Sitzplatz bereit. Kommt ganz darauf an, ob man das glaubt. Aber manches, das sich derzeit als "Cloud-Computing" niederschlägt, ist kaum mehr als eine laues Brise.

Es gibt jedoch Einzelne, die treten so energisch der angeblich heißen Luft von "Cloud-Computing" entgegen, dass man sich schon fragt: Vielleicht ist das doch alles so, als würde des Kaisers neuer Computer irgendwo da draußen vermutet, und dabei hat er ihn gar nicht an.

"Cloud-Computing" muss man sich in etwa so vorstellen: Ein langes, dickes Kabel (übertragen gesagt) geht von Bildschirm, Maus und Tastatur weg ins Irgendwo (übertragen gesagt), und dort stehen un-glaub-lich viele Server (das stimmt leider so) und arbeiten für einen das ab, was man sich auf der anderen Seite des Kabels vorstellt. Und die Daten davon bleiben dann wieder irgendwo im Nirwana (übertragen gesagt, und nach einem Datencrash leider auch wahr) und können auch dann von anderen gesehen werden, wenn man das vielleicht gar nicht will. Das in etwa ist das Arbeiten in einer Wolke.

Das erinnert an "Distributed Computing", allerdings darf man darunter nun nicht das verstehen, was man beim Kauf von Festplatten via eBay erzeugen kann. Da schlummern nämlich auf 40 Prozent der herumreisenden Platten noch die Daten der ehemaligen Nutzer darauf. Da will man sich gar nicht vorstellen, wie manche die Engelchen singen hören, wenn irgendein Teufelchen damit Schabernack treibt. Es könnte einem dabei wolkig vor Augen werden.

Mit "Web-Computing" hat es auch nicht zu tun, dass irgendeiner höheren Eingebung folgend irgend so ein Typ angefangen hat, 25 Random things about me von anderen Nutzern auf Facebook einzufordern. Das ist mehr eine Sache der eigenen Verblödung und Eitelkeit, darauf mit wichtigen Erkenntnissen wie "Ich glaube an die IT-Wolke über mir" zu antworten. Übrigens ist das mit der Wolke als Leitfigur seit dem Auszug der Israeliten aus Ägypten im Alten Testament ein wenig ausgelutscht. Und wo wir schon beim Irrealen sind:

Wie sich Mammon im Nichts auflösen kann, sieht man hier recht nett.

So war also Madoff mit seinen kleinen Lügnereien vernetzt und hat eine Finanzwolke erzeugt, die auch irgendwie durch magische Kräfte den Himmel auf Erden versprochen hat. Nun, um noch einmal auf die Bibel zurückzukommen: Moses war auch irgendwie der Dotcom der Propheten, der es geschafft hat, seinen Followern 40 Jahre Wüste anzudrehen und dann rund um Jericho so wenige Parkplätze zu reservieren, dass man mit Pauken und Trompeten dreimal die Stadt umtwittern musste ... ich schweife ab.

"Cloud-Computing" ist schon eher, wenn man die Wolke in seiner eigenen Hosentasche mitnehmen kann. Das iPhone soll jetzt zu einem Web-Server werden, aber vermutlich wird man Google nicht auf dieser Basis in Betrieb nehmen können. Stell dir vor, die Welt will suchen, und dir geht in der Bahn der Akku aus. Da zögen aber Gewitter auf, mein Lieber.

Auf der anderen Seite sollte Google ruhig ein wenig ruhig sein, denn ihr Blog über das Social Web ist so leer wie 60 Prozent aller Festplatten, die man bei eBay kauft. Das ist alles schrecklich, gottverlassener als Moses kurz vor Elat und deshalb beendenswert. Wem das alles trotzdem nicht reicht, der kann sich auf der Lift Conference zum Thema Internet of Things (25. bis 27. Februar) in Genf informieren. Nicht weit davon entfernt konnte man im Jahr 2000 eine künstliche Wolke bewundern. Die bestand übrigens auch aus kalter Luft und viel Wasser. Aber das war ja eh schon klar.

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(Harald Taglinger)